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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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aufgefüllt werden. Er suchte in seiner Schublade vergeblich nach dieser Spritze. Dann erinnerte er sich, daß Guelder so ein Ding aus Glas und Gummi besitze und ging in dessen Zimmer.
    Der Holländer hatte die Rolljalousie seines Schreibtischs offengelassen. Julian suchte auf der Tischplatte, doch dort lag der Füller nicht. Dann öffnete er eine Schublade nach der anderen und fand in der untersten . Ursula Frenshams Gesicht blickte zu ihm auf. Es war ein Bild, das er vor langer Zeit einmal gesehen hatte. Doch jetzt hatte es jemand mit einem Rand von Amoretten und Herzen geschmückt. Die Zeichnungen waren ausgezeichnet. Zuerst hielt Reef den Rand für gedruckt. Doch dann sah er in der linken Ecke die Initialen des Künstlers.
    Guelder! Unglaublich! War das ein schlechter Scherz des Holländers?
    Er nahm die Fotografie heraus; darunter fand er noch eine, ohne Zeichnung, dafür aber mit einem Gedicht beschrieben. Doch da es holländisch war, konnte er es nicht lesen.
    Er drehte das Bild um und fand auf der Rückseite entweder eine Übersetzung des Gedichts oder einen anderen poetischen Erguß des Holländers auf englisch.
›Geliebte Augen, die mir lächeln,
und Lippen, die mir Düfte fächeln ...‹
    Er war perplex. Guelder? Es war nicht zu glauben! Und doch, er kannte den Ruf dieses Mannes und hatte über ihn sehr kompromittierende Gerüchte vernommen.
    Er vergaß den Anlaß seines Suchens, nahm, von Wut gepackt, die Bilder, zerriß sie in Fetzen und schleuderte sie in den Papierkorb. Er war über seine Entdeckung außer sich. Der Gedanke, daß dieser Mensch seine Wünsche zu Ursula zu erheben wagte, empörte ihn.
    Als Guelder am nächsten Morgen heiter und ahnungslos mit einem Lächeln und einem gnädigen Winken seiner dicken Hand vor seinem Chef erschien, fuhr Julian ihn an:
    »Ich habe heute nacht deinen Schreibtisch durchsucht. Du Schuft, ich habe in deinem Schub Fotografien von Ursula Frensham gefunden. Jemand hat die Unverschämtheit besessen, sie mit Herzen und Kupidos zu beschmieren!«
    Rex Guelders Gesicht errötete, die Augen sanken in ihre Höhlen.
    »Ich bin der Jemand«, stieß er grob hervor. »Es geht keinen etwas an, was ich in meinem Schreibtisch habe!«
    »So? Vielleicht geht's mich doch etwas an!« wetterte Reef. »Es wird dich interessieren, daß ich die Bilder zerrissen und in den Papierkorb geschmissen habe!«
    Er sah den Holländer erbleichen. Seine Lider zuckten, seine dicken Lippen bebten, aber er beherrschte sich.
    »Das war töricht von dir, mein Freund«, sagte er heiser. »Sie taten keinem was zuleide, und mir brachten sie Freude. Die junge Dame ist herrlich - ich bin Kenner. Wahrscheinlich wäre es dir lieber, wenn ich diese Bilder an Mr. Braid geschickt hätte?«
    »Von mir aus kannst du sie dem Satan schicken«, wütete Julian. »Braid ist wenigstens ein Gentleman, du aber bist ein gemeines Schwein! Ich nehme vor dir kein Blatt vor den Mund, ich kenne deinen Ruf. Ich weiß, warum du Amsterdam so eilig verlassen hast, und habe so einiges davon läuten hören, was in Niederländisch-Indien passiert ist. Du bist mir nützlich - das heißt, vorläufig bist du ein sehr kostspieliger Luxus. Wenn wir auch gemeinsame Geschäfte haben - privat haben wir nichts miteinander gemein, nicht das geringste. Verstanden?«
    Guelder atmete schwer. Sein Gesicht hatte einen bösen, grausamen Ausdruck.
    »So, so?« flüsterte er. »Ich bin ein Schwein, wie? Gut genug für deine schmutzigen Geschäfte, aber nicht für deine feinen Freundinnen, nicht wahr? Ich soll dir Millionen schaffen, aber im übrigen bin ich dein Knecht — so, so!«
    »Bisher hast du mir noch sehr wenige Millionen verschafft, hast mich nur ein Vermögen gekostet«, schalt Reef.
    Guelder lehnte sich über den Tisch hinüber und stieß seinen dicken Zeigefinger Reef fast ins Gesicht.
    »Aha! Du meinst, ich darf zu Lady Frensham nicht meine Gedanken erheben, weil ich zu niedrig stehe, weil ich — wie war doch dein schönes Wort? — gemein bin. Jetzt will ich dir einmal etwas sagen. Es war an dem Abend, an dem Frensham sich erschoß — er erschoß sich doch, wie? Ich habe viel Zeit, gehe in der Stadt umher und sehe mir die hübschen Mädels an. Und wie ich so gehe, wen sehe ich? Meinen Freund Reef. Ich bin von Natur aus neugierig. Ich denke mir: nanu, wohin geht mein Freund, der erhabene Mr. Julian Reef? Ich folge ihm. Er merkt es nicht. Ich beobachte dich so von acht bis neun. Du bist ahnungslos. Ich immer hinter dir her. Wir gehen

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