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0690 - Die Flucht des Körperlosen

Titel: 0690 - Die Flucht des Körperlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Spekulation, nämlich das fremde Bewußtsein, überlassen. Allerdings wirst du einige Schwierigkeiten haben, es aufzusammeln."
    „Aufzusammeln ...?" fragte der Lare verwirrt.
    „Es ist nicht mehr ganz", antwortete der Sprecher. „Es entspricht der Natur der Gemeinschaft der Denker, daß ein fremdes Bewußtsein sich nicht in einem individuellen Körper ansiedeln kann. Der Eindringling muß sich der gesamten Gemeinschaft mitteilen."
    Hotrenor-Taak fühlte, wie sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten.
    „Bedeutet das, daß das Bewußtsein des Fremden nur noch in Stücken existiert?" fragte er mit bebender Stimme.
    „Was ist ein Stück?"
    „Ein Stück ist der Teil eines Ganzen. Alle Stücke zusammen ergeben das Ganze."
    „Die Gemeinschaft der Denker akzeptiert und versteht den Begriff .Stück. Er bedarf der Qualifizierung. Es gibt Systeme, in denen die Summe der Energiegehalte der Stücke höher ist als der Energiegehalt des Ganzen, und auch solche, in denen sie geringer ist. Je nach dem muß von endo- oder exo-energetischen Stücken gesprochen werden. Bezieht sich deine Frage auf die ersteren oder die letzteren?"
    Hotrenor-Taak wahrte mit Mühe seine Selbstbeherrschung.
    Um Laafnetor-Brecks gelbe Lippen spielte ein spöttisches Lächeln, als er die Nöte seines Vorgesetzten erkannte.
    „Diese Frage kann ich nicht beantworten", mußte der Verkünder bekennen. „Ich verstehe nicht genug von der Physik der Bewußtseine."
    Ganz überraschend kam die Reaktion des Hypton-Sprechers: „Es handelt sich um endo-energetische Stücke", erklärte er.
    „Wenn ihr das wißt, warum habt ihr mich dann gefragt?" konnte sich Hotrenor-Taak nicht enthalten zu fragen.
    „Um die Einzelheiten der Modellandschaft des Frage-und-Antwort-Systems zu bestimmen."
    Der Verkünder der Hetosonen zerbiß eine unflätige Bemerkung zwischen den Zähnen.
    „Deine Frage", begann der Sprecher von neuem, „kann nach dieser Klarstellung in primitiver Weise so beantwortet werden: Es ist richtig, festzustellen, daß das fremde Bewußtsein nur noch in Stücken existiert ..."
     
    *
     
    Ein gänzlich fremdartiges Empfinden ... hell oder dunkel, warm oder kalt, wohltuend oder schmerzhaft? Ich kann mir die Frage nicht beantworten. Ich bin irgendwie gefangen - auf eine Art und Weise, wie ich noch nie zuvor gefangen war. Irgendwo lastet ein dumpfer Druck, aber ich empfinde keinen Schmerz. Irgendwo lauert das Empfinden bitterer Kälte, aber ich friere nicht.
    Irgendwo brennt das Feuer der Hölle, aber ich empfinde keine Hitze.
    Meine Gedanken gehorchen mir nicht mehr. Ich schicke sie auf den Weg, aber sie kehren rasch zurück, ohne den Weg gegangen zu sein, als wären sie nach wenigen Schritten gegen eine Wand gelaufen. Ich kann nur noch kleine Gedanken denken, ganz winzige Gedanken, die fast keine Substanz haben und sich wie Schatten durch das Helldunkel ringsum bewegen.
    Und wer bin ich überhaupt? Es gibt Hunderte von Punkten in diesem Nichts, von denen jeder behauptet, er sei ich. Was ist mir mir geschehen? Ich habe keine Erinnerung mehr. Oder doch - es gibt eine Erinnerung, aber ich kann nicht an sie heran. Sie existiert, aber sie ist mir verschlossen.
    Bin ich gestorben? Das muß es sein! Was ich empfinde, ist die Existenz nach dem Tode. Ich habe die Identität verloren. Nicht einmal die primitivste aller Erinnerungen ist mehr vorhanden: die Erinnerung an meinen Namen. Ich bin ein Niemand, der nirgendwoher kam und nirgendwohin geht.
    Ich bin ein Nichts, und was es auch immer gewesen sein mag, das ich war, bevor ich ein Nichts wurde, ist der Vergangenheit anheimgefallen.
     
    *
     
    In der jüngsten Vergangenheit hatte Laafnetor-Breck immer öfter Anlaß empfunden, über das Verhalten seines Vorgesetzten, des Verkünders der Hetosonen, nachzudenken. Daran konnte niemand etwas auszusetzen haben: es war seine Aufgabe, über das Verhalten des Verkünders nachzudenken.
    Kein Zug, kein Gedanke, keine Überlegung war in der larischen Politik tiefer verwurzelt als die Furcht vor dem Alleingänger, der es infolge der Unachtsamkeit der andern fertigbrachte, alle Macht an sich zu reißen. Dieser Furcht entstammte die Regelung, daß jeder auch nur halbwegs wichtige Posten doppelt besetzt sein müsse: von dem, der den Posten verwaltete, und von seinem Stellvertreter. Dabei war die Funktion des Stellvertreters keineswegs darauf beschränkt, den eigentlichen Inhaber des Posten zu vertreten, wenn dieser abwesend, krank oder sonst irgendwie verhindert

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