0695 - Hexentod
sein Herz frei schwebend in der Luft; jenes Herz, mit dem er stets zu jonglieren pflegte, als er sich noch frei in der Welt außerhalb Frankreichs bewegen durfte.
Würde jemand zwei halbkreisförmige Linien vom Lachenden Tod aus zu Merlin einerseits und zu Nicole andererseits ziehen, und dann Nicole und Merlin durch eine waagerechte Linie miteinander verbinden, so würde diese Zeichnung einen Halbmond zeigen.
Zwei Wesen gab es, deren Positionen nicht absolut fixiert waren und die sich frei bewegen konnten: Baba Yaga und Professor Zamorra.
Und der glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen…
***
Asmodis schritt durch die niedergebrannten Reste des Zauberwalds. Er hatte damals verdammt gute Arbeit geleistet, wie er sich jetzt zähneknirschend eingestehen musste. Fast zu gut…
Das alles wieder zu restaurieren, würde ihn eine Menge Zeit und Kraft kosten. Viel mehr, als er im ersten Moment angenommen hatte, und das war seiner Schätzung nach schon mehr als genug gewesen, trotz aller unvermeidlichen Unzulänglichkeit des Wiederaufbaus.
Abermals überlegte er, suchte wieder und wieder nach einer Möglichkeit, sich dem Auftrag zu entziehen. Aber irgendwie wollte es ihm nicht gelingen; seine Gedanken begannen zu verschwimmen und undeutlich zu werden, sobald er sich darauf zu konzentrieren versuchte.
Verdammte Hexen!
Zwischendurch hatte er auch immer wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Er konnte den Beobachter nicht identifizieren, aber er nahm an, dass es die Thessalischen Hexen waren, die zu überwachen versuchten, was er tat. Er machte den Versuch, sich gegen diese Beobachtung abzuschirmen, aber das gelang ihm ebenso wenig wie sich dem Auftrag zu entziehen. Jedes Mal, wenn er es probierte, verschwamm alles um ihn herum, wurden die Bilder unscharf, schien seine Umgebung sich aufzulösen.
Zähneknirschend begann er damit, bestimmte Bereich des Areals zu markieren und abzuzirkeln. Er konnte nur stückweise arbeiten, Schritt für Schritt, er musste immer wieder kontrollieren, dass sich nichts von der vorhandenen Substanz seinem steuernden Willen entzog und vielleicht in eine unerwünschte Richtung fortentwickelte. Die Magie, die den Zauberwald einst erfüllt hatte, war ihm teilweise fremd. Sie war auf Merlin fokussiert, der sich eine kleine Ewigkeit lang von Asmodis fort entwickelt hatte. Dessen eigene Magie war wesentlich düsterer.
»So wird wohl auch der Zauberwald künftig wesentlich düsterer sein als einst«, murmelte Asmodis. Nun, Yaga konnte nicht alles haben, was sie wollte. Geschehenes ließ sich nicht rückgängig machen, und der Weg nach vorn unterschied sich stets in Kleinigkeiten von dem zurück.
Er iniitierte eine Art ›Phönix-Prozess‹, indem er begann, aus der Asche neue Strukturen zu schaffen, die den alten weitgehend gleichen sollten. Ganz allmählich begann etwas zu wachsen, argwöhnisch beobachtet von Asmodis, der verhindern wollte und musste, dass diese Strukturen mutierten und unkon- trolliert zu wuchern begannen.
Er musste äußerst vorsichtig sein - schon aus Selbstschutz. Er wollte vermeiden, dass er selbst plötzlich Bestandteil des Waldes wurde, umwuchert von Pflanzen, die ihn niemals wieder gehen lassen wollten.
Einen Moment lang fragte er sich, ob es nicht vielleicht das war, was Yaga anstrebte - dass es ihr weniger um den Zauberwald selbst ging, sondern darum, Asmodis in ihm zu binden für alle Zeiten.
Aber er schüttelte den Kopf. Das passte nicht zu ihr. Er hätte vielleicht so einen Plan gefaßt, als Meister der Intrigen. Aber Yaga war zu geradlinig.
Was allerdings auch nicht ganz zu ihr passte, war ihr Interesse ausgerechnet für Merlins Zauberwald.
Was versprach sie sich von dem Wiederaufbau? Wem würde der Wald nützen? Asmodis war sicher, dass sie Merlin töten wollte. War er tot, wer brauchte dann noch Broceliande?
Gut, vielleicht ging es ihr um den Brunnen. Vielleicht wollte sie noch einmal eine Chance, sich eines Tages erneut verjüngen zu können. Nun, da würde sie eine recht unangenehme Überraschung erleben. »Eine Überraschung«, spöttelte Asmodis im Selbstgespräch. Denn den Brunnen konnte er nicht wiederherstellen, dazu fehlte ihm die Macht.
Ihm kam ein anderer Gedanke.
Versuchte sie möglicherweise, indem sie ihn zur Arbeit an diesem Wald zwang, zu verhindern, dass er seinem Bruder Merlin half?
Immerhin hatte er mit dem Gedanken gespielt, später einzugreifen, nachdem er Merlin vorher nicht hatte schützen können. Vielleicht wollte Baba Yaga
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