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0696 - Im Bann des Verfluchten

0696 - Im Bann des Verfluchten

Titel: 0696 - Im Bann des Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zurückkehrte, denn für ihn ging es ums Ganze.
    Sie stand auf und reckte dabei ihre alten Knochen. Mit einer Handbewegung scheuchte sie die Fliegen zur Seite und ging an der Schmalseite des Tisches vorbei auf einen Hängeschrank zu, wo sie ihre Flasche mit Pernod untergebracht hatte.
    Sie füllte das Glas zu einem Drittel, ließ Wasser hinzulaufen und rührte mit dem Mittelfinger um, den sie anschließend ableckte. Dann setzte sie sich wieder auf ihren Platz und trank den ersten Schluck. Er tat ihr sehr gut, der Zweite ebenfalls. Und nach dem dritten Schluck war das Glas bis auf einen kleinen Rest leer.
    So musste es sein, so und nicht anders. Manchmal ließ sich dieses Leben nur durch den Genuss von Alkohol ertragen.
    Sie schaute auf die Küchentür, die so weit offen stand, dass sie einen rechten Winkel zur Wand bildete. Dahinter lag ein schmaler Flur, von dem die Tür zum Keller abging, die ebenfalls nicht geschlossen war, sodass sie ihren Chef hören würde, wenn er die alte, ausgetretene Steintreppe hoch kam.
    Draußen hatte der Wind seine Richtung geändert. Das geschah häufig, er wirkte so, als könnte er sich nie entscheiden. Jetzt blies er gegen das Küchenfenster, er wirbelte Staub vom Boden hoch, als wäre er es satt, immer nur unsichtbar zu sein. Er wollte beweisen, welche Kraft er hatte, und schleuderte die Partikel von außen her gegen die Scheibe. Es hörte sich an, als würden Hagelkörner auf ein Blechdach prallen.
    Die Bö wanderte weiter, die Welt jenseits der Mauer beruhigte sich wieder, und Edna gönnte sich ein zweites Glas Pernod.
    Sie zögerte den ersten Schluck hinaus, denn sie hatte Schritte gehört. Das Echo klang durch die offene Tür, wehte in die Küche hinein und ließ Edna aufmerksam werden.
    Wer kam da?
    Noch saß sie unbeweglich, lauschte und war einen Moment später beruhigt. Gleichzeitig ärgerte sie sich über ihre eigene Dusseligkeit, denn außer ihr lebte nur noch Rafugil im Haus, und der war es, der die Kellertreppe hochstapfte.
    Sie war lange genug bei ihm, um seine Schritte zu kennen. Sie wusste, wie er ging, wie er sich bewegte. Diese Geräusche, die sie nun hörte, kamen ihr jedoch eigenartig vor, denn es war ausgeschlossen, dass der Mann normal die Stufen hochschritt.
    So ging er sonst nie.
    So schlurfend und dann wieder hart, als wäre wieder ein Ruck durch seine Gestalt gegangen.
    Wie war das möglich?
    Edna stand auf. Sie traute sich allerdings nicht, die Küche zu verlassen und nachzuschauen. Hätte er sie gerufen, dann wäre sie gegangen, so aber blieb sie vor dem Tisch stehen.
    Außerdem konnte er nicht mehr weit von der Tür entfernt sein, denn die Schritte waren bereits jenseits der Treppe und im schmalen Flur zu hören.
    Sie vernahm ein scharfes, fremdes Geräusch, das irgendwie klang wie das Grunzen eines Tieres.
    Danach wieder die Schritte. Etwas schleifte dabei über den Steinboden, dann erschien er selbst.
    Er trat durch die Tür, und Edna hatte den Eindruck, als wäre die Küche sofort ausgefüllt.
    Es gibt Menschen, deren Erscheinen stets einem gewissen Auftritt gleicht, und so wirkte auch der Maler.
    Er war groß, dunkelhaarig, trug ebenfalls dunkle Kleidung - diesmal war es ein schwarzer Kittel -, die ebenso glänzte wie sein dichtes, kurzes, schwarzes Haar. Aus den Löchern der kräftigen, nach unten breiter werdenden Nase wuchsen die Härchen wie kleine Büschel bis auf die breite Oberlippe.
    Seine Augen waren dunkel, und wer länger in sie hineinschaute, senkte unweigerlich den Blick, weil er sich von ihm eingefangen und wie hypnotisiert fühlte. Es waren schwarze Augen, deren Pupillen an Teerflecken erinnerten und die eine düstere Drohung ausstrahlten und den anderen Menschen somit erklärten, wer hier das Sagen und die Macht hatte.
    Immer nur er.
    Er war aus dem Keller gekommen, und er hatte etwas mitgebracht. Seinen rechten Arm hatte er nach hinten gedrückt, die Hand befand sich ungefähr in Höhe der Hüfte und ihre Finger umklammerten den oberen Rand eines Jutesackes, seiner Beute aus dem Keller.
    Dass der Sack gefüllt war, sah Edna einen Moment später, als er ihn über die Türschwelle in die Küche schleifte und ihn vor sich liegen ließ.
    Sie sagte nichts.
    Auch er sprach nicht und schaute sie nur an.
    Edna senkte den Blick. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, obwohl sie schon lange für ihn arbeitete.
    »Sieh mich an, Edna!«
    Die Frau schrak zusammen, weil sie seine Stimme gehört hatte. Sie hatte ein bestimmtes Timbre, dem sie sich

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