0696 - Im Bann des Verfluchten
Treppe zu und weg.
Das war es!
Und Bernd überlegte nicht mehr lange, er startete, kam auch gut weg, ohne dass er auf den Bohlen ausrutschte, schaffte die Hälfte, sah die Luke schon vor sich, erst dann bewegte sich der Maler, und er brauchte nur sein Bein vorzustellen.
Wäre es hell gewesen, hätte Bernd Assow die Falle vielleicht rechtzeitig genug entdeckt, so aber stolperte er über das Hindernis, bekam noch einen zusätzlichen Schwung und fiel.
Hart prallte er auf.
Er stieß sich sein Kinn, Sterne zuckten vor seinen Augen auf, aber er wollte sich nicht kampflos ergeben.
Auf der Stelle rollte er sich herum.
Der Tritt erwischte ihn wie ein brutaler Hammerhieb. Er hatte das Gefühl, als würde sein Kopf in tausend Fetzen auseinander fliegen. Schmerzwellen rasten durch seinen Schädel, sie verwandelten sich in Flammen, die bis in jeden Winkel seines Körpers hineinreichten.
Er merkte nicht einmal, dass er sich um sich selbst drehte und dicht vor der Luke liegen blieb.
Die Umwelt war für ihn verschwommen. Eine dunkle, schwammige Masse hatte sie aufgesaugt und dafür gesorgt, dass er fast nichts mehr von ihr mitbekam. Er war völlig groggy, selbst einen Gedanken schaffte er nicht mehr. Aber er hörte etwas.
Jeder Schritt, den der Maler auf ihn zumachte, klang wie ein brüllendes Echo in seinen Ohren wider, als wäre ein Monster dabei, dumpfe Schreie auszustoßen.
Dann hatte ihn das Monster erreicht.
Es bückte sich.
Kräftige Hände packten zu, wühlten sich in seine Kleidung und zerrten ihn zur Seite.
Assow öffnete die Augen. Über ihm tanzte das bleiche Gesicht wie eine Laterne, die einen Mond darstellen sollte. Er sah Augen, er sah eine Nase, einen Mund, und er sah Zähne.
Zähne?
Nein, das waren schon Hauer, die aus dem Oberkiefer stachen. Lang und vorn angespitzt.
Mein Gott, das war…
Er schaffte es nicht, den Gedanken zu beenden, denn der Maler riss ihn mit einer heftigen Bewegung in die Höhe, sodass der Schmerz abermals in Bernds Schädel explodierte.
Für ihn wurde die Welt zu einem Kreisel. Er war in eine Zentrifuge hineingeraten, alles drehte sich, Kräfte zerrten an ihm, die ihn wegreißen wollten, um ihn dann hineinzuschleudern in eine Unendlichkeit, aus der es kein Zurück mehr gab.
Er schlug um sich, er versuchte, seinen tödlichen Feind von dem schrecklichen Vorsatz abzuhalten, was ihm aber nicht gelang, denn die Kräfte seines Feindes waren unermesslich.
Er stemmte den Deutschen hoch.
Da schrie Bernd Assow.
Niemand hörte ihn, die steinernen Turmwände schluckten seinen Schrei, durch die Luke drang kaum etwas.
Er schrie, und er schwebte über der Luke, dicht neben dem Glockenseil, Platz war genug vorhanden.
Platz, um seinen Körper hindurchzulassen.
Bernd schrie, als der Maler ihn losließ. Er hatte ihn nicht gebissen, obwohl sein Blut lockte, er hatte es sich verkniffen, es gab andere Beute.
Bernd Assow fiel.
Sein Schrei zitterte als schauriges Echo durch den Glockenturm und wurde von einem dumpfen Geräusch erstickt, das entstand, als der Körper in der Tiefe aufschlug.
Dann war es still.
Und Rafugil war zufrieden…
***
In einer Tasse dampfte Kaffee, gekocht von Glenda Perkins, in einer anderen gab Tee seinen intensiven Geruch ab, und in einem dritten Gefäß befand sich ein stilles Wasser, also eines, das keine Kohlensäure hatte.
Stammleser wissen längst, wer hier zusammensaß.
Vor dem Wasserglas Sir James Powell, vor der Teetasse Inspektor Suko und der Kaffee blieb für mich.
Und zwischen uns, auf der Platte des Schreibtisches, den ich von Akten gesäubert hatte, lag die Nachricht.
Sir James, Suko und auch ich hatten lange überlegt, ohne zu einem Ergebnis gekommen zu sein.
Uns war nur klar, dass die Nachricht von einem Deutschen geschrieben worden war, allerdings einer Person, die uns unbekannt war.
Was also tun?
Sir James hatte seine Verbindungen spielen lassen und mit Germany telefoniert. Dort würden die Computer ihre Pflicht tun und möglicherweise mehr über einen Mann namens Bernd Assow ausspucken.
So weit war es noch nicht.
Wir saßen in meinem Büro zusammen und warteten. Am liebsten hätte ich die Bude verlassen, denn draußen war ein Wetter zum Sündigen. Ein wunderschöner blauer Himmel, wie ich ihn mir schon nicht mehr vorstellen konnte nach den trüben, grauen Tagen, die uns der Mai beschert hatte.
Aber jetzt, als er sich dem Ende zuneigte, hatte er noch einmal alles gut machen wollen. Also blieben die Winterklamotten im Schrank, und ich
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