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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gegangen«, sagte er wahrscheinlich zu ihr. »Kannst du mir nicht ein paar Wochen Zeit geben, damit ich über mich selbst nachdenken kann? Über meine Gefühle?«
    »Für wen?« fragte sie. »Für mich? Die Kinder? Was soll der Quatsch, Kenny?«
    »Es geht nicht um dich. Und nicht um die Kinder. Es geht um mich. Ich bin irgendwie aus dem Tritt.«
    »Ach, wie bequem. Blödsinn, Kenny. Nichts als Blödsinn. Möchtest du dich scheiden lassen? Ist das der springende Punkt? Bist du zu feige, um es geradeheraus zu sagen?«
    »Hör auf, Schatz. Du bist ja verrückt. Hab ich was von Scheidung gesagt?«
    »Wer steckt dahinter? Los, sag's mir, Kenny. Hast du eine andere? Und hast jetzt nicht mal den Mut, es mir zu sagen?«
    »Was redest du für einen Unsinn! Lieber Gott! Nein, ich hab keine andere.«
    »Aber warum dann? Warum? Verdammt noch mal, Kenny Fleming!«
    »Zwei Monate, Schatz. Mehr verlange ich nicht.«
    »Ich hab ja gar keine Wahl. Tu also gefälligst nicht so, als bätest du mich um zwei Monate.«
    »Wein doch nicht. Das brauchst du nicht. Das erschreckt nur die Kinder.«
    »Ach, und das hier erschreckt sie vielleicht nicht? Wenn sie auf einmal ihren Vater nicht mehr sehen? Nicht wissen, ob wir überhaupt noch eine Familie sind? Das erschreckt die Kinder nicht?«
    »Es ist egoistisch von mir. Ich weiß.«
    »Da hast du verdammt recht.«
    »Aber ich brauche es.«
    Sie konnte nur zustimmen. Sie würden einander nur selten sehen, solange er in diesem Klärungsprozeß steckte. Die zwei Monate, um die er gebeten hatte, dehnten sich zu vier, die vier zu sechs, die sechs zu zehn, die zehn zu zwölf. Ein Jahr ging in ein zweites über. Sicher war er einen Moment unschlüssig und überlegte, ob er nicht nach Hause zurückkehren sollte, als er sich mit den leitenden Herren des Cricket-Clubs in Kent überwarf und zu Middlesex ging, aber an dem Tag, an dem Kenneth Fleming seinen Traum verwirklicht sah, an dem Tag, an dem der Auswahlausschuß für die Nationalmannschaft den neuen Schlagmann von Middlesex in die englische Mannschaft berief, bestand seine Ehe nur noch auf dem Papier.
    Aus Gründen, die mir unklar sind, dachte er nicht an eine Scheidung. Und auch sie nicht. Warum? fragen Sie. Wegen der Kinder? Aus Sicherheitsbedürfnis? Um den Schein zu wahren? Ich weiß nur eines: Als er nach London zurückkehrte, um dem Cricketplatz von Middlesex gleich beim Regent's Park näher zu sein, kehrte er nicht auf die Isle of Dogs zurück. Statt dessen zog er in das Haus meiner Mutter in Kensington.
    Es lag natürlich geradezu ideal. Die Ladbroke Grove hinauf, quer durch Maida Vale, ein kurzes Stück auf der St. John's Wood Road, und schon war man am Lord's Cricket Ground, wo Middlesex spielt.
    Es ergab sich fast von selbst. Mutter irrte durch das große Haus an der Staffordshire Terrace und wußte nicht, was sie mit den vielen leeren Räumen anfangen sollte. Kenneth brauchte eine Unterkunft, die nicht zu teuer war, damit er auch weiterhin seiner Frau etwas zum Unterhalt zuschießen konnte.
    Das Band zwischen Kenneth und meiner Mutter war bereits fest geknüpft. Sie war ihm ein Drittel Maskottchen, ein Drittel Inspiration und ein Drittel Kraftquelle. Als er mit ihr über die Schwierigkeiten seiner Entscheidung sprach, bei Kent aufzuhören und zu Middlesex zu gehen, wird sie auch von seinem Widerstreben gehört haben, zu seinem alten Leben zurückzukehren. Und auf dieses Widerstreben wird sie mit aller Ernsthaftigkeit eingegangen sein und gesagt haben: »Weiß Jean das, Ken?«
    »Nein, ich habe es ihr noch nicht gesagt«, wird er geantwortet haben.
    Worauf Mutter vorsichtig empfohlen haben wird: »Vielleicht müssen Sie beide die Dinge sich allmählich entwickeln lassen. Wie wäre es - das mag recht impulsiv klingen, aber wie wäre es, wenn Sie eine Weile in mein Haus ziehen würden? Bis Sie klarer sehen, welche Richtung Ihr Leben nimmt ...«
    Weil es näher bei Lord's war, weil er vorläufig nicht genug verdienen würde, um einen Umzug der Familie zu finanzieren, weil, weil, weil. »Wäre Ihnen das eine Hilfe, mein Junge?«
    Sie lieferte ihm die Worte. Und zweifellos verwendete er sie. Er zog also zu meiner Mutter.
    Und während sie sich Kenneth Flemings Wohlergehen widmete, arbeitete ich im Zoo in Regent's Park.
    Ich erinnere mich, wie ich nach jenem Morgen in meinem Zimmer dachte: Du verlangst Wahrheit, Chris? Na schön, ich werde dir Wahrheit geben. Ich dachte: Er bildet sich ein, mich zu kennen, dieser Idiot. Dabei hat er überhaupt

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