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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dominiert wurde. Er donnerte mit seinem Maul gegen das Gitter eines Käfigs, in dem gestikulierend ein Taucher schwebte, der das Tier fotografierte. Der Ton war heruntergedreht. Niemand schien sich die Sendung anzusehen. Während sie schweigend auf das Bild starrten, hörten sie eine helle Kinderstimme. »Das ist wie in dem Film Der weiße Hai. Den hab ich bei meinem Freund zu Hause mal auf Video gesehen.«
    Lynley sah, daß das Kind ein Junge war, der in der Küche saß und kaute. Er hatte seinen Stuhl so weit vom gedeckten Tisch weggezogen, daß er ins Wohnzimmer hineinsehen konnte.
    »Sind Sie ein Detektiv?« fragte er. »Wie Spender? Den hab ich mir früher immer im Fernsehen angeschaut.«
    »Ja«, antwortete Lynley. »So ähnlich wie Spender. Bist du Stan?«
    Der Junge riß die Augen auf, als hätte Lynley übernatürliche Kräfte gezeigt. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe ein Foto von dir gesehen. Im Zimmer deines Vaters.«
    »Bei Mrs. Whitelaw? Oh, da war ich oft. Sie läßt mich immer ihre Uhren aufziehen. Nur die eine in dem kleinen Zimmer mit dem Sekretär, die wird nicht aufgezogen. Nie. Sie hat mir erzählt, ihr Großvater hat sie in der Nacht angehalten, als die Königin Viktoria gestorben ist.«
    »Magst du Uhren?«
    »Nicht besonders. Aber sie hat so viel Zeug in ihrem Haus. Alles mögliche. Überall. Wenn ich komme, darf ich -«
    »Das reicht, Stan.« Eine Frau stand auf der Treppe. Barbara sagte: »Mrs. Cooper, das ist Inspector -« »Ich brauche seinen Namen nicht.« Sie kam ins Wohnzimmer und sagte, ohne ihren Sohn anzusehen: »Stan, geh mit deinem Tee in dein Zimmer.«
    »Aber ich will lieber hierbleiben«, widersprach er. »Tu, was ich gesagt habe. Sofort. Und mach die Tür zu.« Er rutschte von seinem Stuhl, füllte sich die Hände mit Brötchen und Keksen und rannte die Treppe hinauf. Oben fiel irgendwo eine Tür ins Schloß.
    Jean Cooper ging durch das Zimmer und schaltete den Fernsehapparat aus. Sie nahm eine Packung Embassy, die auf dem Gerät lag, und zündete sich eine Zigarette an.
    Dann drehte sie sich zu Lynley und Barbara um.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte sie.
    »Wir möchten mit Ihrem Sohn sprechen.«
    »Das haben Sie doch eben getan.«
    »Mit Ihrem älteren Sohn, Mrs. Cooper.«
    »Und wenn er nicht zu Hause ist?«
    »Wir wissen, daß er hier ist.«
    »Ich kenne meine Rechte. Ich muß Ihnen nicht erlauben, mit ihm zu sprechen. Ich kann jederzeit einen Anwalt anrufen, wenn ich das will.«
    »Dagegen haben wir nichts einzuwenden.«
    Sie nickte mit kurzer Bewegung zu Barbara hin. »Ich hab Ihnen doch schon alles erzählt, oder vielleicht nicht?«
    »Aber Jimmy war gestern nicht zu Hause«, entgegnete Barbara. »Es ist nur eine Formalität, Mrs. Cooper.«
    »Nach Stan und Shar haben Sie nicht gefragt. Warum wollen Sie ausgerechnet mit Jimmy sprechen?«
    »Er sollte eigentlich mit seinem Vater in Urlaub fahren«, erklärte Lynley. »Er sollte Mittwoch abend mit seinem Vater abfliegen. Wenn die Reise abgesagt oder verschoben wurde, hat er wahrscheinlich mit seinem Vater gesprochen. Darüber möchte ich mit ihm reden.« Sie drehte nervös ihre Zigarette zwischen den Fingern, ehe sie wieder daran zog. »Wie Sergeant Havers sagte«, fügte er hinzu. »Es ist nur eine Formalität. Wir sprechen mit jedem, der möglicherweise etwas über die letzten Stunden Ihres Mannes weiß.«
    Jean Cooper zuckte bei diesen letzten Worten zusammen. »Es ist mehr als eine Formalität«, versetzte sie.
    »Sie können dabeibleiben, während wir mit ihm sprechen«, bot Barbara an. »Oder Sie können einen Anwalt anrufen. Sie haben zu beidem das Recht, da er noch minderjährig ist.«
    »Vergessen Sie das nur nicht«, entgegnete sie. »Er ist sechzehn Jahre alt. Sechzehn. Er ist noch ein Junge.«
    »Das wissen wir«, erwiderte Lynley. »Würden Sie ihn jetzt bitte holen?«
    Etwas lauter als vorher sagte sie: »Jimmy! Es ist besser, du redest mit ihnen, Schatz. Dann hast du's hinter dir.«
    Der Junge hatte offensichtlich auf der Treppe gestanden und gelauscht. Jetzt kam er langsam herein, in schlaffer Haltung, die Schultern hängend, den Kopf zur Seite geneigt. Er sah niemanden an. Er trottete zum Sofa und ließ sich dort fallen. Sein Kinn berührte die Brust. Er streckte die Beine vor sich aus. Das bot Lynley die Gelegenheit, sich seine Füße anzusehen: Er trug Stiefel, und das Profil der Sohlen stimmte mit dem der Gipsmodelle überein, die Inspector Ardery ihnen gezeigt hatte. Selbst die verformte

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