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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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westlich. Wie ein Wilder schlug er um sich und drehte sich dabei unaufhörlich wie ein Stück Treibgut. Als Lynley ihm entgegenschwamm, ging er wieder unter.
    Lynley tauchte und betete, daß er durchhalten würde. Diesmal war die Strömung auf seiner Seite. Er stieß mit dem Jungen zusammen und bekam ihn bei den Haaren zu fassen. Er schwamm zur Oberfläche. Jimmy wehrte sich gegen ihn, schlug um sich wie ein Fisch im Netz. Als sie es geschafft hatten und wieder Luft bekamen, begann der Junge zu treten und zu strampeln. »Nein, nein, nein!« schrie er und versuchte, sich von Lynley zu befreien.
    Lynley ließ Jimmys Haare los und packte ihn statt dessen beim Hemd. Er schob einen Arm unter dem Jungen durch und legte ihn um dessen Brust. Er hatte kaum Luft, um zu sprechen, aber er schaffte es zu keuchen: »Ertrinken oder überleben. Was willst du?«
    Der Junge strampelte wie ein Rasender.
    Lynley faßte ihn fester. Mit Beinbewegungen und kurzen Ruderbewegungen seines freien Arms hielt er sich und den Jungen über Wasser. »Wenn du dich gegen mich wehrst, gehen wir unter. Wenn du mir beim Schwimmen hilfst, schaffen wir es vielleicht. Also, willst du?« Er schüttelte den Jungen. »Entschließ dich.«
    »Nein!« Doch Jimmys Protest klang schwach, und als Lynley ihn mit sich zum Nordufer des Flusses schleppte, hatte er nicht mehr die Kraft, sich zur Wehr zu setzen.
    »Beweg deine Beine«, bat Lynley. »Ich schaff das nicht allein.«
    »Ich kann nicht«, stieß Jimmy hervor.
    »Doch, du kannst. Hilf mir.«
    Aber Jimmy war tatsächlich am Ende seiner Kräfte. Lynley fühlte die Erschöpfung des Jungen. Er lag wie ein totes Gewicht in seinen Armen. Sein Kopf hing schlaff nach hinten. Lynley schob ihm den linken Arm unter das Kinn. Mit dem letzten Quentchen Kraft, das ihm selbst noch geblieben war, drehte er sich und den Jungen herum und begann, gegen die Strömung zu schwimmen, um das Nordufer des Flusses zu erreichen.
    Er hörte Rufe, aber er hatte nicht die Energie, sich darum zu kümmern, woher sie kamen. Er hörte irgendwo in der Nähe das tiefe Dröhnen eines Nebelhorns, aber er konnte es nicht riskieren, auch nur einen Moment innezuhalten und sich umzusehen. Er wußte, ihre einzige Chance, sich zu retten, bestand darin, sich ganz auf die Schwimmbewegungen zu konzentrieren. Und darum schwamm er, Zug um Zug, atmete ein und atmete aus, zog seinen einen Arm und seine beiden Beine durch das Wasser, der Erschöpfung und dem Verlangen zum Trotz, sich einfach fallen zu lassen und es hinter sich zu haben.
    Wie durch einen Schleier sah er vor sich ein Stück kiesigen Strand, von wo Boote zu Wasser gelassen werden konnten. Darauf hielt er zu. Er merkte, daß er immer schwächer wurde. Es fiel ihm immer schwerer, den Jungen festzuhalten. Als er die Grenze seiner Kraft und Ausdauer erreichte, machte er noch einen letzten verzweifelten Zug, und da stießen seine Füße auf Grund. Zuerst Sand, dann Kies, dann größere Steine. Er fand einen Halt, holte schluchzend Luft und zog den Jungen aus dem tieferen Wasser hinter sich. Im seichten Wasser fielen sie dann beide zu Boden.
    Danach folgten lautes Wasserplanschen und Geschrei. Dicht an seiner Seite weinte jemand. Er hörte Barbara Havers gotteslästerlich fluchen. Arme umschlossen ihn, und er wurde aus dem Wasser gezogen und auf dem Kiesstrand niedergelegt, den er angepeilt hatte.
    Er hustete. Er spürte, wie sich ihm der Magen umdrehte, wälzte sich auf die Seite, richtete sich auf seine Knie auf und übergab sich auf Barbara Havers' Schuhe.
    Sie griff ihm mit einer Hand ins Haar. Die andere drückte sie ihm fest gegen die Stirn.
    Er wischte sich mit der Hand über den Mund. Der Geschmack war widerlich. »Tut mir leid«, murmelte er.
    »Ist schon in Ordnung«, entgegnete Barbara. »Ihr Gesicht kriegt schon wieder Farbe.«
    »Was ist mit dem Jungen?«
    »Seine Mutter ist bei ihm.«
    Jean kniete im Wasser und hielt ihren Sohn umschlungen. Sie weinte, den Kopf zum Himmel erhoben.
    Lynley rappelte sich hoch. »Mein Gott. Er ist doch nicht -«
    Barbara faßte ihn beim Arm. »Er ist in Ordnung. Sie haben ihn gerettet. Es geht ihm gut.«
    Lynley ließ sich wieder zu Boden sinken. Langsam, einer nach dem anderen, begannen seine Sinne zu erwachen. Er nahm den Abfallhaufen wahr, in dem er saß. Er hörte Stimmengewirr hinter sich und drehte sich um, sah, daß die Polizeibeamten vom zuständigen Revier endlich eingetroffen waren und jetzt eine Gruppe Gaffer zurückhielten, unter denen sich auch

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