07 - Asche zu Asche
Teppichfliesen und bildete eine helle Bahn, die zum Wrack eines Modellschiffs führte, eines historischen Klippers, der mit drei gebrochenen Masten und einem fußgroßen Loch im Rumpf auf der Seite lag.
»Was ist denn da passiert?« Sie bückte sich. Es war die aus Balsaholz gebastelte und selbst bemalte Nachbildung der Cutty Sark, Jimmys ganzer Stolz. Stunden und Tage hatten Vater und Sohn in der Küche am Tisch gesessen und Entwürfe gemacht, gesägt und geschnitten, gemalt und geklebt, und waren ungeheuer stolz gewesen, als sie das Werk nach monatelanger Arbeit schließlich vollendet hatten.
»Ach, wie schade!« rief sie unterdrückt. »Ach, Jimmy, das tut mir aber leid. Hat Stan -«
Jimmy kicherte. Sie sah auf. Der brennende Tabak glühte flüchtig auf. Sie hörte, wie er den Rauch durch die Nase blies.
»Das war nicht Stan«, sagte er. »Die Dinger sind doch Babykram. Wer braucht die noch?«
Jean sah zum Bücherregal unter dem Fenster. Auf dem Boden lagen die zerschmetterten Reste der Golden Hind und der Gipsy Moth IV. Etwas entfernt lagen die Trümmer der Victory, eines Wikingerschiffs und einer römischen Galeere.
»Aber du und Dad«, begann Jean hilflos. »Jimmy, du und Dad ...«
»Ja, Mam. Ich und Dad was?«
Wie seltsam, daß diese Holzteile, diese abgerissenen Fäden und Stoffetzen sie zum Weinen bringen konnten. Kens Tod hatte es nicht vermocht. Auch nicht der Anblick seines nackten Leichnams. Und auch die Blitzlichter und Fragen der Journalisten hatten es nicht geschafft. Sie war völlig emotionslos gewesen, als sie Stan und Sharon gesagt hatte, daß ihr Vater tot war. Aber jetzt, beim Anblick der Schiffswracks, fühlte sie sich vernichtet.
»Das ist doch etwas, was du von ihm hattest«, sagte sie. »Die Schiffe. Ihr beide steckt da drin. Du und Dad. In den Schiffen.«
»Er ist tot. Wozu soll ich den ganzen alten Krempel noch aufheben? Du solltest auch mal anfangen auszumisten, Mam. Bilder, Kleider, Bücher. Die alten Schläger. Sein Fahrrad. Wirf den Scheiß doch raus. Den braucht doch keiner mehr.«
»Hör auf, so zu reden.«
»Glaubst du vielleicht, der hat Andenken an uns gesammelt?«
Jimmy beugte sich vor, ins Mondlicht. Er umschlang seine knochigen Knie mit beiden Armen und schnippte Asche auf die Bettdecke. »Der wollte doch bestimmt nicht gerade im kritischen Moment an seine Frau und die lieben Kleinen erinnert werden. Andenken waren ihm höchstens im Weg gewesen. Oder glaubst du vielleicht, der hatte Bilder von uns auf dem Nachttisch? Das hätte sein Liebesleben ganz schön gestört. Oder vielleicht 'ne Brosche mit den Löckchen seiner Kinder an seinem Trikot? Da hätte er wahrscheinlich keinen einzigen Ball getroffen, der Arme. Eine von Sharons Vogelzeichnungen. Oder einen von Stans Teddybären.« Der glühende Punkt der Zigarette zitterte wie ein Leuchtkäfer. »Oder vielleicht ein Stück von deinem holländischen Kitsch, über den er sich immer lustig gemacht hat? Dieses blöde Milchkännchen, das aussieht wie 'ne Kuh, die kotzt, wenn man die Milch einschenkt. Die hätte er dann jeden Morgen benutzen können, wenn er seine Cornflakes gegessen hat, was?« Er stützte sich auf einen Ellbogen und drückte die Zigarette an der Nachbildung eines Totenschädels aus, der in der Dunkelheit leuchtete. »Der hätte sein neues Leben nicht mit dem alten vermischt. Bestimmt nicht. Unser Dad nicht.«
Selbst auf der anderen Seite des Zimmers konnte Jean ihn riechen. Sie fragte sich, wann er sich das letztemal gewaschen hatte. Sie konnte sogar seinen Atem riechen, ekelhaft vom Rauch der vielen Zigaretten.
»Er hatte Bilder von euch Kindern«, sagte sie. »Du weißt doch noch, wie er kam und sie geholt hat, oder nicht? Er hat sie in Rahmen gesteckt, aber die Rahmen haben nicht richtig gepaßt. Sie waren entweder zu groß oder zu klein. Die meisten waren zu groß. Shar hat Papierrahmen zugeschnitten, um die leeren Stellen zu verdecken. Du hast geholfen. Du hast die Fotos von dir ausgesucht, die du ihm schenken wolltest.«
»Ach ja? Na, damals war ich eben noch ein blöder kleiner Hosenkacker. Da hab ich mir noch eingebildet, Dad würde zurückkommen, wenn ich nur immer schön brav bin. So ein Witz. Dieses Schwein! Ich bin froh -«
»Das glaube ich dir nicht, Jim.«
»Warum nicht? Was interessiert dich das überhaupt, Mam?«
Sein Ton war angespannt. Er wiederholte die Frage und fügte hinzu. »Tut's dir vielleicht leid, daß er tot ist?«
»Er war in einer schwierigen Lage. Er hat versucht,
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