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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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binden, sorgte aber anderweit dafür, daß die Flucht nicht gelingen konnte.
    Die beste Art und Weise, etwas, was andere tun wollen, zu verhindern oder unschädlich zu machen, ist die, es selbst herbeizuführen; dann hat man es in der Gewalt und kann zur rechten Zeit seine Gegenmaßregeln treffen. Also mußte ich, um des jungen Häuptlings sicher zu sein, ihm an irgendeinem Augenblick die Flucht so leicht wie möglich machen. Ging er auf diese Finte ein, so konnte ich ihn schnell fassen, grad so, wie die Katze die Maus, mit der sie spielt.
    Als wir aufgebrochen waren, ritt ich zunächst allein hinterher, um, ohne daß der Häuptling es bemerkte, meinen Lasso so in fertigen Rollen um die Schulter zu legen, daß es nur eines schnellen Griffs bedurfte, ihn wurfgerecht in die Hand zu bekommen. Dann ritt ich als Führer voran und rief ihn an meine Seite. Ich unterhielt mich in der Weise mit ihm, als ob ich ihn gar nicht beaufsichtigte, und blieb dann, als es zu dunkeln begann, mit ihm weiter und weiter zurück, bis wir uns anstatt an der Spitze des Zugs schließlich am Ende desselben befanden. Die Dämmerung verdichtete sich schnell zum vollständigen Abenddunkel. Schiba-bigk ritt mir zur rechten Seite. Ich tat so, als ob mir am Sattelzeug etwas in Unordnung geraten sei, hielt das Pferd an und beugte mich, ohne abzusteigen, an der linken Seite nieder. Wir waren die letzten im Zug; ich drehte ihm den Rücken zu: Wenn er jetzt nicht floh, so hatte er überhaupt die Absicht gar nicht, uns zu entwischen. Ich griff gespannt mit der rechten Hand nach dem Lasso. Richtig! Ein Knirschen des Sandes, wie unter den Hufen eines Pferds, welches auf den Hinterbeinen herumgeworfen wird – schnell erhob ich mich wieder im Sattel und drehte mich um: Dahinten flog er in Karriere auf dem Weg zurück, den wir gekommen waren, doch in demselben Augenblick hatte ich mein Pferd gewendet und flog hinter ihm her. Mein Rappe hatte nicht ohne Grund den Namen Hatatitla, was soviel wie ‚Blitz‘ bedeutet. Er war dem Pferd Schiba-bigks überhaupt und ganz besonders auch in Beziehung auf die Schnelligkeit weit überlegen. Es war noch nicht eine einzige Minute vergangen, so war ich dem Flüchtling so nah, daß mein Lasso ihn erreichen mußte.
    „Halt an!“ rief ich ihm zu.
    „Uff, uff!“ antwortete er in schrillem Ton, was so viel bedeuten sollte, nein, das fällt mir gar nicht ein.
    Da flog mein Lasso nach vorn; die Schlinge senkte sich auf ihn nieder und faßte ihn bei den beiden Armen, die sie ihm an den Leib zog. Ich hielt meinen Rappen an, und der Ruck, den der Lasso dadurch erhielt, riß den Indianer vom Pferd. Ich sprang ab und kniete bei ihm nieder. Er lag bewegungslos.
    „Ist mein junger Bruder noch am Leben?“ fragte ich, denn es war leicht möglich, daß er den Hals gebrochen hatte. Solche Unfälle kommen bei dem Fangen mit dem Lasso häufig vor.
    Er antwortete nicht.
    „Wenn Schiba-bigk nicht redet, werde ich ihn wie eine Leiche auf das Pferd schnallen. Wenn ihm dann die Glieder schmerzen, hat er es sich selbst zuzuschreiben“, warnte ich.
    „Ich lebe“, antwortete er jetzt.
    „Hast du Schaden genommen?“
    „Nein.“
    „So ruf dein Pferd herbei!“
    Es war, als er aus dem Sattel gerissen wurde, noch eine Strecke weit fortgelaufen. Er stieß einen scharfen Pfiff aus, und es kam.
    „Jetzt werde ich meinem jungen Bruder die Hände binden; er selbst ist schuld daran, daß ich das tun muß.“
    Er lag noch am Boden. Die Schlinge des Lassos hielt ihm die Arme am Leib fest. Ich half ihm beim Aufstehen, band ihm die Hände zusammen und befahl ihm aufzusteigen. Als er das getan hatte, zog ich ihm unter dem Bauch des Pferds einen Riemen von einem Fuß zum andern und band dann seine Zügel mit den meinigen zusammen. Dadurch bekam ich sein Pferd in meine Gewalt, und er konnte nicht herunter. Nachdem ich mir den zusammengeschlungenen Lasso wieder über die Schulter gehängt hatte, stieg ich auf und ritt mit dem Gefangenen im Galopp zurück, unserer Truppe nach.
    Diese war halten geblieben, weil man bemerkt hatte, daß wir fehlten. Old Surehand, Wabble, Parker, Hawley und Entschar-Ko kamen uns entgegen.
    „Gott sei Dank, da seid Ihr ja!“ rief der alte ‚König der Cowboys‘ aus. „Wo habt Ihr denn gesteckt, Mr. Shatterhand?“
    „Wir haben einen kleinen Aus- oder Rückflug unternommen“, antwortete ich.
    „Der Rote wollte wohl echappieren?“
    „Ja.“
    „Da habt Ihr es! Sage ich nicht, daß diese Kerls alle nichts taugen?

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