07 - Old Surehand I
Solche Kerls darf man nicht mit Handschuhen anfassen, wie das so Eure Mode ist. Hoffentlich ist er nun gebunden?“
„Ganz nach Eurem Wunsch, Mr. Cutter.“
„Warum sagt Ihr das so ironisch, Sir?“
„Weil er schon vorher gefesselt war.“
„Das ist mir neu. Habe nichts davon gesehen.“
„Ob mit Riemen gefesselt oder durch meine Augen bewacht, das ist ganz dasselbe.“
„So? Na, wenn Eure Augen Riemen sind, so laßt sie nicht zu lang herunterhängen; die Pferde könnten sie Euch wegtreten; th'is clear!“
Ich hätte ruhig hinterherreiten können, denn eine Wiederholung des Fluchtversuchs war nun vollständig ausgeschlossen; dennoch begab ich mich wieder an die Spitze, denn ohne meine Führung hätten die andern den Weg verfehlt. Auch Schiba-bigk hätte, selbst wenn er nicht in unsere Hände geraten wäre, die Oase nicht überfallen können, weil es ihm unmöglich gewesen wäre, den neuen Durchgang durch den Kaktus zu finden. Er kannte nur den alten, und der war, wie schon erwähnt, von Bloody-Fox zugepflanzt worden.
Es war nach sechs Uhr dunkel geworden. Ungefähr anderthalb Stunden später kamen wir im Lager der Apachen an, bei denen sich der ‚Fuchs‘ befand. Er war natürlich sehr begierig zu erfahren, welchen Erfolg wir gehabt hätten, fügte aber der Frage, welche er daraufhin aussprach, gleich die Antwort hinzu:
„Uff! Da sehe ich, daß es gar keiner Erkundigung bedarf. Das sind ja eine ganze Menge Comanchen, die Ihr mitbringt. Ihr seid also mit Ihnen zusammengetroffen und habt sie gebeten, mitzukommen. Ist Schiba-bigk dabei?“
„Yes“, antwortete Old Wabble. „Werden doch die Roten nicht ohne ihren Anführer bringen!“
„Sind welche erschossen oder verwundet worden? Haben sie sich gewehrt?“
„Ist ihnen nicht eingefallen. Es hat keiner ein Löchlein in die Haut bekommen. Das ging so sauber zu wie in der Knabenschule, wenn Tintenkleckse ausradiert werden. Will es Euch erzählen, wenn es Euch Vergnügen macht. Fürs erste aber wollen wir hinein zum Wasser, um die Pferde trinken zu lassen. Das ist das Notwendigste, was geschehen muß.“
Er hatte recht. Ich stieg ab und band Schiba-bigk los.
„Wenn mein roter Bruder sich eingebildet hat, Bloody-Fox überfallen zu können, so hat er sich in einem großen Irrtum befunden; die Gegend ist ganz anders geworden, als sie damals war. Weil du der Flucht verdächtig bist, wirst du den richtigen Weg nicht sehen dürfen.“
Ich nahm ihn vom Pferd, verband ihm die Augen und ergriff ihn beim Arm, um ihn durch den Kaktus nach der Hütte zu führen. Die Weißen und Entschar-Ko folgten uns. Die Gefangenen waren den Apachen sogleich zur Bewachung übergeben worden; ihre Pferde wurden auch hereingebracht, um getränkt zu werden.
Eigentlich hatte ich die Absicht gehabt, nicht nur den feindlichen Comanchen, sondern auch den Apachen den Zutritt zu dem Innern der Oase zu verwehren; es war immer am besten, gar keinen von ihnen diese Örtlichkeit kennenlernen zu lassen; aber dies hatte sich durch das unvermeidliche Tränken der Pferde als hinfällig erwiesen. Wenn über dreihundert Pferde und ebenso viele Menschen mit Wasser zu versehen waren, konnte der Quell unmöglich verborgen bleiben.
Während die andern sich draußen an den Tischen niedersetzten, führte ich Schiba-bigk in das Innere des Hauses, wo ich ihn anband.
„Mein Bruder hat es nur sich selbst zuzuschreiben, daß ich dies tu“, sagte ich. „Hätte er mir sein Wort gegeben, nicht zu entweichen, so dürfte er jetzt frei hier herumgehen.“
„Dieses Wort darf ich nicht geben“, antwortete er, „ich bin ein Häuptling der Comanchen, und da unsre Krieger sich in Gefahr befinden, habe ich die Pflicht, zu fliehen, sobald es möglich ist.“
„Diese Möglichkeit wird nicht eintreten!“
„Vorhin war sie da!“
„Nein!“
„Wenn das Pferd meines weißen Bruders nicht schneller gewesen wäre als das meinige, wäre ich entkommen.“
„Hast du das wirklich geglaubt?“
„Ja.“
„So habe ich dich für scharfsinniger gehalten, als du bist. Wir befanden uns erst dem Zug voran. Warum blieb ich dann mit dir zurück?“
„Weil du glaubtest, mich sicher zu haben.“
„Nein, ganz im Gegenteil, weil ich wußte, daß du fliehen wolltest. Und weshalb hielt ich an, um nach meinem Sattelzeug zu sehen?“
„Weil etwas daran zerrissen oder verschoben war.“
„Auch nicht, sondern um dir Gelegenheit zu geben, die Flucht zu ergreifen.“
„Uff!“ rief er verwundert. „Old Shatterhand
Weitere Kostenlose Bücher