07 - Old Surehand I
es wahrlich kein Vergnügen mehr, ihn bei sich zu haben und Dummheiten über Dummheiten begehen zu sehen. Da ist mir denn doch der unerfahrenste Neuling lieber. Ein Greenhorn fügt sich und folgt dem erfahrenen Westmann in der Überzeugung eben seiner Unerfahrenheit; hier aber gibt es einen alten Horseman , der stolz darauf ist, einst der ‚König der Cowboys‘ geheißen zu haben, und in diesem Stolz es unter seiner Würde hält, sich einem andern Willen als dem seinen unterzuordnen. Ein guter Cowboy mag ein braver Hirt und Reiter, vielleicht auch ein leidlicher Schütze sein; zu einem tüchtigen Westmann aber gehört mehr, weit mehr!“
Ich war in Eifer geraten und hätte wohl noch weiter räsoniert, wenn wir nicht jetzt unser Lager erreicht hätten.
Als die Apachen erfuhren, daß Old Wabble von den Comanchen gefangen worden sei, sagte derjenige von ihnen, welcher der älteste war und also für die andern das Wort zu führen hatte:
„Das alte Bleichhaar ritt fort, ohne uns zu fragen. Konnten wir ihn halten?“
„Nein“, antwortete ich. „Er hätte auf keinen Fall auf euch gehört. Aber warum stieg er zu Pferd, anstatt zu Fuß zu gehen? Wißt ihr das?“
„Wir wissen das, denn er sagte es uns. Es war das einzige, was er sagte. Er bediente sich der Schnelligkeiten wegen des Pferds; er wollte eher bei den Comanchen sein und dann auch eher als ihr zurückkehren.“
„Um sich dann gegen uns zu brüsten! Nun hat er ja allen Grund gefunden, seinen Ruhm auszuposaunen. Sorge dafür, daß die Wachen aufmerksam sind! Wir wollen uns jetzt schlafen legen, denn wir müssen mit der Sonne wieder munter sein.“
Mit dem Schlaf hatte es so seine Wege, denn der Ärger über Cutter hielt mir noch lange Zeit die Augen wach, und als ich bei Sonnenaufgang geweckt wurde, hatte ich noch nicht ausgeschlafen.
Jetzt galt es, den Abzug der Comanchen zu beobachten. Wir sahen zwar den dunkeln Streifen, den die ‚Hundert Bäume‘ am südlichen Horizont bildeten, sie selbst aber konnten wir nicht erkennen. Darum nahm ich das Fernrohr und verließ mit Old Surehand den Lagerplatz, um die große Entfernung zu verringern. Auf halbem Weg setzten wir uns nieder und warteten. Es dauerte gar nicht lange, so tauchten ihre Gestalten hinter den Büschen auf. Sie ritten fort, und zwar in derselben Weise, wie sie gekommen waren, nämlich nicht im Gänsemarsch. Sie taten das, um eine recht breite, sichtbare Fährte zu machen und dadurch den Truppen die Verfolgung zu erleichtern. Als Wegweiser ließen sie sich, wie wir es ja beabsichtigten, die Pfähle dienen, von denen sie glaubten, daß sie von Schiba-bigk angebracht worden seien; sie ahnten nicht, welche Veränderung inzwischen mit denselben vorgegangen war.
Als sie fern im Südosten verschwunden waren, warteten wir in großer Spannung wohl über eine Stunde lang. Da tauchten im Westen sechs Reiter auf, deren Weg sichtlich nach den ‚Hundert Bäumen‘ führte.
„Das sind Dragoner“, meinte Old Surehand.
„Ja“, stimmte ich bei. „Es sind die Eclaireurs , welche der Kommandant vorausgesandt hat, die Comanchen auszumachen.“
„Da ist er vorsichtiger als Vupa Umugi gestern, der gleich mit seiner ganzen Truppe kam, ohne jemand vorauszuschicken.“
„Der war seiner Sache sicher, während der Kommandant nicht weiß, ob die Comanchen noch da sind oder nicht. Übrigens ist das Voraussenden von Eclaireurs eine so streng geforderte militärische Gepflogenheit, daß sich dieser Offizier der größten Unterlassungssünde schuldig machen würde, wenn er es unterließ, diese Vorsichtsmaßregel anzuwenden.“
„Was tun wir jetzt? Reiten wir hin?“
„Nein.“
„Warum nicht? Es würde doch das kürzeste sein, diesen Vorposten zu sagen, daß die Roten fort sind. Da brauchten sie nicht erst lange nach ihnen zu suchen.“
„Das ist richtig; aber ich möchte mir gern einen Spaß machen.“
„Welchen?“
„Der Kommandant hat mich, als ich ihn jenseits des Mistake-Cañon gesehen, daß ich zwei Gewehre habe, als Neuling behandelt.“
„Dummkopf!“
„Hm! Er konnte nicht gut anders, weil ich mich für einen Gräbersucher ausgab.“
„Gräbersucher? Was ist das, Sir?“
„Ich gab vor, nach der Abstammung der Indianer zu forschen, und für einen solchen Gelehrten sind Ausgrabungen, besonders alter Gräber, von großer Bedeutung, Mr. Surehand.“
„Ah, so! Und das hat er Euch geglaubt?“
„Ja.“
„Dann ist er eben das, was ich sagte, nämlich ein Dummkopf.“
„Mag sein;
Weitere Kostenlose Bücher