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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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gearbeitet zu haben, mit einer solchen Farbfülle und solcher Feinheit der Details - und zum ersten Mal seit Monaten war das Kind nirgendwo aufgetaucht. Doch sie war todmüde, und nachdem sie letzte Hand an ihr neuestes Werk gelegt hatte, wusch sie ihre Pinsel aus und verließ das Atelier.
      Bram sah von dem Buch auf, in dem er las. Seine Erleichterung war unübersehbar. »Fertig, Schatz?«
      Fiona streckte sich neben ihm auf dem Sofa aus. »Fix und fertig.«
      »Ich wünschte, ich könnte dir helfen.« Er strich ihr mit dem Daumen über die Stirn.
      »Das tust du schon, indem du mich verstehst.« Als Kind hatte sie die Wände bemalt, wenn der Drang sie überkam und kein Papier zur Hand war, und sie hatte nicht begriffen, wieso sie dafür bestraft wurde. Einmal unternahmen ihre ratlosen Eltern den Versuch, sie ganz am Malen zu hindern, worauf sie in eine so tiefe Depression verfiel, dass es bereits an Katatonie grenzte.
      »Aber heute Abend fühle ich mich leer«, fügte sie hinzu. Sie gähnte und kuschelte sich noch etwas enger an ihn. »Vielleicht war’s das ja fürs Erste.«
      »Sind sie gut?«
      »Fantastisch. Sie werden dir gefallen.« Sie sah lächelnd zu ihm auf. »Ich denke, ich werde morgen mal bei Winnie vorbeischauen, falls sie ein bisschen Gesellschaft gebrauchen kann.«
      »Soll ich dir vorlesen?«
      »Was liest du denn gerade?«
      »William von Malmesburys Bericht über seinen Besuch in der Abtei um das Jahr 1120. Hör dir das mal an. Er schreibt über die alten Kirchen: >... auf dem Fußboden finden sich überall Steine, kunstvoll ineinander verschränkt in Form von Dreiecken und Quadraten und mit Blei versiegelt; ich versündige mich nicht gegen die Religion, wenn ich glaube, dass sich darunter irgendein heiliges Geheimnis verbirgt...<«
      War es das gewesen, was Garnet gewusst hatte? Fiona wollte Bram fragen, doch die Worte reihten sich aneinander wie schimmernde Perlen an einer Schnur, bis nur noch ein schwächer werdender Schimmer übrig blieb.
      Sie erwachte im Dunkeln auf dem Sofa, eingehüllt in eine Decke, den Kopf sorgfältig auf ein Kissen gebettet. Es war spät - oder sehr früh; das erkannte sie an der Qualität des Lichts, das durch die Ritzen der Jalousien schimmerte. Sie setzte sich auf, um sich für den Rest der Nacht noch ins Bett zu legen, und plötzlich war der Traum wieder da.
      Die Musik - sie hatte das Singen wieder gehört. Jetzt zerfloss es, glitt ihr wieder durch die Finger.
      Und sie hatte die Abtei gesehen, gebadet in ein reines, fahles Licht. Doch die von wilder Vegetation überwucherten Ruinen standen in einer weitläufigen ländlichen Gegend, nicht in ihrem von Mauern umschlossenen modernen Areal. Im Vordergrund grasten ein paar magere Kühe, bewacht von einem Mann in altertümlicher Kleidung, der, malerisch auf einen Hirtenstab gelehnt, dastand.
      Fiona legte sich wieder hin und zog sich die Decke bis zum Kinn, während sie versuchte, das Chaos, das in ihrem Kopf umherwirbelte, zu ordnen: die Musik, Garnet, die wunderschönen farbigen Fliesen in der alten Kirche, die seltsame Erscheinung der Abtei...
      Ihr letzter Gedanke, bevor sie erneut in Schlaf sank, war, dass der Mann mit dem Hirtenstab eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Jack Montfort gehabt hatte.
     
     

* 17
     
    Doch selbst der Erzengel Michael war hilflos gegen die Urgewalten der Dunkelheit, die durch das Ritual gebündelt worden waren. Und während des Erdbebens im Jahre 1000 nach Christus stürzte das Kirchenschiff ein; nur der Turm blieb stehen. So wurde das christliche Symbol einer kreuzförmigen Kirche in das heidnische eines aufragenden Turms verwandelt. Die alten Götter hatten ihre Stellung behauptet.
     
    Dion Fortune, aus: Glastonbury
     
    Von dem Augenblick an, als sie am Dienstagmorgen erwachte, hatte Faith ein ganz merkwürdiges Gefühl. Sie fragte sich, ob die anderen auch spürten, wie schwer und drückend die Luft heute war. Und sie hatte ein Gefühl der Dringlichkeit, als ob ihr nicht mehr viel Zeit bliebe, zu erledigen, was noch zu erledigen war. Das Baby aber, das in den letzten Tagen eine so ungestüme Aktivität entfaltet hatte, war ruhig; nur dann und wann stupste es sie leicht an.
      Sie tastete ihren Bauch sorgfältig ab, wie sie es von Garnet gelernt hatte, doch sie konnte nicht mit Sicherheit feststellen, ob das Baby sich schon gesenkt hatte. Warum war Garnet nicht da, wenn sie sie brauchte? Und wie sollte sie es ohne sie überhaupt

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