070 - Neues vom Hexer
eine Kuriosität auf, und Henry Arthur Milton wußte nichts davon, daß er darauf festgehalten worden war.
Der Hexer war in Paris. Er zog sich gern dorthin zurück, wenn es ihm in London zu heiß wurde. Bliss erhielt eines Tages aus Paris einen Brief von ihm. Wie meistens, begann er ohne Anrede.
In der Hogarth Street in Soho unterhält eine Dame einen Klub, den ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehle. Ich dachte schon daran, sie selbst zu bestrafen, weil ich sie für gemeingefährlich halte. Sie verkauft während der Zeit des Schankverbots alkoholische Getränke – das ist allerdings nur ein kleiner Verstoß –, aber unter diesem Vorwand kann man ihre Tätigkeit unterbinden. Name: Mrs. Freda Gardling, geboren in Demage, Adresse: Red Monk Club, Hogarth Street. Am 7. März 1921 wegen Betruges in Manchester verurteilt. Sechs Monate Gefängnis.
Henry Arthur Milton war ein Mann, der das Unmögliche möglich machte, und Bliss ärgerte sich darüber, daß der Hexer es immer so einrichtete, daß Scotland Yard ihm obendrein noch zu Dank verpflichtet war. Er wußte schon vor seinem Telefongespräch mit Manchester, daß die Angaben des Mannes genau stimmten.
Die Angelegenheit selbst übergab er der zuständigen Polizeibehörde. Man nahm eine Razzia vor, und Mrs. Gardling wurde vor Gericht gestellt. Die Angeklagte erhielt drei Monate Gefängnis.
Für den Ausschank alkoholischer Getränke während der Verbots stunden wäre diese Strafe allerdings viel zu hoch gewesen, aber die Polizei fand bei der Durchsuchung des Klubs Dinge, von denen der Hexer in seinem Brief nichts erwähnt hatte.
Mrs. Gardling hatte erfahren, wer sie angezeigt hatte, und Bliss stellte eine scharfe Untersuchung an, denn er achtete streng darauf, daß das Dienstgeheimnis innerhalb der Polizei absolut gewahrt wurde. Nach der Verurteilung wandte sich Mrs. Gardling auf der Anklagebank um.
»Sie können Ihrem Freund, dem Hexer, sagen, daß es ihm noch leid tun wird, mich verpfiffen zu haben«, rief sie Bliss ärgerlich zu.
Der Chefinspektor kochte vor Wut.
Der Bezirksinspektor stellte entschieden in Abrede, etwas über den Hexer gesagt zu haben, und die Detektive, die bei der Verhaftung tätig waren, verneinten es ebenfalls.
Mrs. Gardling war eine reiche Frau und hatte ihre Tochter gut verheiratet. Auf welche Weise sie ihr Vermögen erworben hatte, war schließlich kein Geheimnis. Sie betrieb verschiedene einträgliche Nebengeschäfte außer dem Klub, und viele Schecks über hohe Beträge waren auf ihr Bankkonto eingezahlt worden, damit sie über unangenehme Vorfälle den Mund hielt.
Als sie nach Holloway abtransportiert werden sollte, sah sie den Beamten noch einmal, der ihr mitgeteilt hatte, daß der Hexer sie angezeigt habe. Er war sehr nervös, weil Bliss Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um den Schuldigen herauszufinden.
»Schweigen Sie um Gottes willen davon, daß ich es Ihnen gesagt habe«, bat er.
»Zehntausend Pfund würde ich geben, wenn ich ihn fassen könnte. Gehört habe ich ja genug von ihm, aber gesehen habe ich ihn noch nie.«
»Es ist merkwürdig«, meinte der gesprächige Beamte, »daß ich Ihnen gerade an dem Abend zum erstenmal begegnete, als der Hexer in Ihre Garage einbrach, um Benzin zu stehlen – «
Sie starrte ihn an.
»Was, der Hexer? Das war der Hexer?« fragte sie atemlos. »Die Polizisten sagten doch, es sei ein gewöhnlicher Einbrecher!«
»Sie meinen Autodieb«, verbesserte er sie. Er freute sich über die Sensation, die seine Worte bei ihr hervorgerufen hatten. »Ja, das war der Hexer. Es ist wirklich ein sonderbares Zusammentreffen. Erst hat er bei Ihnen eingebrochen, und dann hat er Sie auffliegen lassen.«
Mrs. Gardling hörte ihm nicht mehr zu.
Sie hatte Erlaubnis bekommen, mit ihrer verheirateten Tochter zu sprechen, bevor sie nach Holloway abtransportiert wurde.
»Annie«, sagte sie zu ihr, »in meinem Atelier findest du einen schwarzen Kasten mit Negativen. Er steht in der zweiten Kommodenschublade rechts. Bringe ihn auf die Bank und lasse ihn gut verwahren, bis ich wieder herauskomme.«
»Willst du denn keine Berufung einlegen?« fragte die Tochter.
»Ich komme viel schneller wieder auf freien Fuß, wenn ich gar nichts unternehme. Schließe auch den Mietvertrag über das Haus in der Maddox Street ab. Wir können eine Klublizenz von der Polizei bekommen. Wir machen dort den Furnace Club auf. Den Namen habe ich mir vorige Nacht überlegt.«
Mrs. Gardling kam ins Gefängnis und arbeitete in der
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