0702 - Das dunkle Ich
den Zauberkreis der Beschwörung einen Korridor geschaffen, in welchem sie die Abschirmungen durchdringen konnte, die er gegen Weiße wie gegen Schwarze Magie geschaffen hatte. Er saß außerhalb des Kreises, in Sicherheit vor ihrer Magie, und grinste sie diabolisch an.
»Was willst du von mir, Bastard?«, schrie sie und suchte nach einer Möglichkeit, den Zauberkreis zu durchdringen. Wenn es zwar nicht ratsam war, Zamorra selbst anzugreifen, konnte sie doch immerhin eine Menge Schaden in seiner Wohnstätte anrichten.
Wenn sie denn dem Bannkreis entfliehen konnte.
Aber der hielt sie fest; sie konnte nicht einmal in die sieben Kreise der Hölle zurück, solange Zamorra ihr nicht erlaubte, zu gehen! Dieser teuflische Mensch kannte ihr Sigill, das sie besaß, seit sie zu einer vollwertigen Dämonin geworden war, und LUZIFER selbst mochte wissen, wie er an dieses Zeichen gelangt war, um sie damit rufen zu können. Sie hasste Zamorra, und sie hasste alles, was mit ihm zu tun hatte.
»Du wirst jemanden für mich finden und zu mir bringen«, verlangte Zamorra. »Er ist sehr stark und mächtig. Ebenso wie seine Begleiterin. Eine von beiden Personen will ich lebend, wenn es irgendwie möglich ist. Nicht unversehrt, aber lebend.«
»Reicht der Kopf?«, fauchte Zarra höhnisch.
»Wenn der Kopf noch in der Lage ist, mir Antworten auf meine Fragen zu geben, reicht das.«
»Das vereinfachte«, stellte Zarra fest. »Sage mir, wen ich finden soll, wo er ist - und dann lass mich gehen, damit ich deinen Auftrag so schnell wie möglich erfüllen kann.« Damit ich so schnell wie möglich nichts mehr mit dir zu tun habe!
»Wo du fündig wirst, kann ich dir nicht sagen - sonst würde ich mich ja längst selbst darum gekümmert haben«, erwiderte Zamorra. »Aber wen du finden sollst: zwei Personen, die aussehen wie ich und wie Nicole Duval.«
Zarra stutzte.
»Was soll das heißen?«
»Es gibt Doppelgänger. Finde sie und bringe wenigstens einen von ihnen lebend oder verhörbereit zu mir. Wenn du töten musst, töte.«
»Wenn's mehr nicht ist… kann ich jetzt gehen?«
»Ja, wenn du beherzigst, was ich sage: Diese beiden sind so gefährlich wie ihre Originale. Also sei vorsichtig. Niemand wird dich schützen oder retten, wenn du versagst. Und - es eilt!«
Zarra spürte, dass sie freigegeben wurde.
Sie jagte davon, dorthin, von wo sie gerufen worden war.
Sie hasste Zamorra für diesen Auftrag noch mehr als vorher schon.
Aber wenn es diese Doppelgänger gab, die sie zur Strecke bringen sollte, war es vielleicht eine Möglichkeit, ihren Hass zu kanalisieren und ihre Rache stellvertretend für den echten Zamorra an den Doppelgängern auszutoben.
Der Kopf, verhörfähig, reichte, hatte Zamorra gesagt.
Nun denn…
***
In einer anderen Welt:
Carsten Möbius schüttelte den Kopf. Es ist ein Traum , dachte er. Es ist ein böser Traum, und ich werde gleich erwachen.
Aber das ging nicht.
Er war ja hellwach.
Er lag nicht in seinem Bett, sondern er saß im Wohnzimmer seines kleinen Appartements. Und neben ihm am Tisch saß sein Freund Michael Ullich.
Es war kein Albtraum, sondern bittere, traurige Wirklichkeit. Carsten hatte alles verloren, was er besaß und woran ihm etwas lag: zuerst seinen Vater, dann die Firma.
Stefan Möbius, der »alte Eisenfresser«, war ein alter Mann gewesen, der das Ende seines Lebens erreicht hatte. Damit hatte Carsten rechnen müssen, auch wenn er diesen Gedanken immer wieder von sich geschoben hatte. Nun war es passiert, der große alte Mann war gestorben.
Aber auch das, was er geschaffen hatte und was sein Sohn Carsten bewahren wollte und sollte.
Die weltumspannende Firma… sie war einer feindlichen Übernahme zum Opfer gefallen.
Tendyke Industries hatte sie regelrecht eingesackt.
Das Schlimmste dabei war, dass Möbius rechtzeitig vorher gewarnt wurde. Er hätte reagieren können. Aber er hatte die Warnungen nicht ernst genommen, hatte nicht damit gerechnet, dass Tendyke und Ryker tatsächlich zupackten. Robert Tendyke, der sich jetzt Ty Seneca nannte.
Es gab jahrelang so etwas wie ein Gentlemen's Agreement zwischen den beiden Weltkonzernen, sich gegenseitig nicht wehzutun. Sie waren rund um den Globus in aller Herren Länder in den unterschiedlichsten Branchen aktiv mit ihren Tochterfirmen, und es gab genug Möglichkeiten, sich dabei aus dem Weg zu gehen und sich die Märkte zu teilen, ohne Kartellbehörden aufmerksam zu machen. Carsten Möbius war davon ausgegangen, dass sich die Tendyke
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