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0704 - Vampir-Zyklopen

0704 - Vampir-Zyklopen

Titel: 0704 - Vampir-Zyklopen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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Die Alte kniete neben ihm und hielt seinen Kopf. Sie murmelte Worte in einer Sprache, die Zamorra nicht verstand.
    Als er und Nicole unmittelbar vor ihnen standen, hob die Greisin ihr runzliges Gesicht. Sie lächelte. Seltsam stahlblaue Augen sahen Zamorra an.
    »Ich habe um Hilfe gebetet. Und sie ist eingetroffen. Bist du éin Engel?«
    »Eigentlich nicht. Ich heiße Zamorra und komme aus Frankreich, um…«
    »Aber du bist etwas Besonderes, Zamorra. Das sagt mir mein Zaubererherz!«
    Bei diesen Worten klopfte die Alte sich mit der linken Hand auf ihre magere Brust.
    Nun ergriff der Priester das Wort. Bis auf die Platzwunde schien er unverletzt zu sein.
    »Pia ist unsere Signadora, müssen Sie wissen.«
    Die Alte lächelte und deutete auf einen zerbrochenen Knotenstock, der auf dem Pflaster lag.
    »Damit wollte ich dem Riesen ans Leder. Doch meine Magie war zu schwach für ihn. Dann mache ich mir mit meinem Zaubererherz eben einen neuen!«
    »Eine Signadora?«, hakte Nicole nach.
    »Diese Frau beherrscht das incantesimo, die Zauberei«, räumte der Gottesmann unwillig ein. »Der Bischof wäre nicht sehr angetan davon, was die Signadora hier in den Bergen so macht. Aber ohne ihre Hilfe wäre ich jetzt schon tot. - Und Sie«, fuhr er fort und ergriff plötzlich Zamorras Hand, »haben meine Kirche gerettet. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen.«
    Dem Dämonenjäger fiel plötzlich ein, dass Priester oft gut informiert waren über unerklärliche Dinge, die sich in ihrer Umgebung abspielten.
    »Wissen Sie mehr über diesen einäugigen Riesen, der Ihre Kirche angegriffen hat?«
    »Ja«, seufzte der Priester. »Eigentlich ist es ein Geheimnis. Aber - Kommen Sie mit ins Pfarrhaus!«
    ***
    Die Pfarrei war ärmlich, aber sauber.
    Noretto stellte offensichtlich nicht gerade die reichste Gemeinde auf Korsika da. Während Zamorra und seine Begleiter dem Priester in seine Räumlichkeiten gefolgt waren, hatten sich auch die Einwohner des Dorfes aus ihren Verstecken hervorgewagt.
    Es waren fast ausnahmslos alte Leute. Junge Menschen sah man kaum, Kinder fast überhaupt nicht.
    »Die Jungen ziehen weg«, erklärte der Priester, der Zamorras fragenden Blick richtig gedeutet hatte. »Wenn nicht ein paar Aussteiger aus der Stadt kämen, die hier ökologische Landwirtschaft betreiben, gäbe es überhaupt keine jungen Menschen mehr in Noretta.«
    Er bat seine Gäste in die Küche. Der einzige Raum, in dem es genügend Stühle gab. Die Signadora verband mit einer Geschicklichkeit, die niemand ihren knorrigen Händen zugetraut hätte, die Stirnwunde des Gottesmannes. Und sie bestand auch darauf, Kaffee für alle zu kochen.
    Als jeder eine Tasse des pechschwarzen Gebräus vor sich stehen hatte, zündete sich der Priester eine stinkende toskanische Zigarre an.
    Zamorra hatte inzwischen Nicole, die Höhlenforscher und sich selbst vorgestellt. Außerdem hatte er im Telegrammstil berichtet, weshalb sie auf Korsika waren. Der Geistliche warf Aurillac einen Blick zu, der nicht gerade von christlicher Nächstenliebe zeugte.
    »Dann haben wir Ihnen also die Rückkehr dieser höllischen Doluzen zu verdanken! - Capitaine Louis Baptiste von der Gendarmerie hat mich gewarnt, nachdem Sie bei ihm waren. Aber ich alter Esel habe nicht auf ihn gehört. Erst, als vorige Nacht Vampire mein Pfarrhaus angriffen, wurde mir klar, was Sie wirklich angerichtet haben !«
    Der Höhlenforscher begehrte auf.
    »Das konnte ich ja nicht ahnen! Es war rein wissenschaftliches Interesse an dem Grottensystem, weshalb ich…«
    Zamorra brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Sie sagten Doluzen, Hochwürden?«
    Der Geistliche nickte. Er blickte versonnen dem Zigarrenrauch nach, schien einen Einstieg für seine Geschichte zu suchen.
    »Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll, Monsieur Zamorra. Doluzen - so nennen sich diese Vampir-Zyklopen selbst.«
    »Demnach gibt es also mehrere von der Sorte?«
    »Ich fürchte, ja. Es ist ein sehr altes Volk, müssen Sie wissen. In der Antike wurde Korsika von den Phöniziern besiedelt. Aber die Doluzen waren schon vor ihnen da.«
    Für einen Moment herrscht Stille in der Küche.
    »Der Ursprung dieser vampirischen Kreaturen verliert sich im Dunkel der Erdgeschichte«, fuhr der Priester fort und paffte wieder eine Ladung Zigarrenrauch über den Tisch. »Sie waren immer die heimlichen Herrscher über Korsika. Unsere Insel hat bis heute viele fremde Herren gehabt. Die Römer, die Vandalen, die Goten, die Langobarden, die

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