0704 - Vampir-Zyklopen
Aurillac war tot. Ein besonders großer Brocken hatte ihm den Schädel eingeschlagen. Aus gebrochenen Augen schien er Zamorra und Nicole anzustarren.
Der Dämonenjäger presste die Zähne zusammen.
»Sollen wir weiter Vordringen?«
Nicole deutete mit dem Kinn in die Richtung, aus der die Doluzen angegriffen hatten.
»Wir könnten es tun, Nici - aber wozu? Ohne Aurillac werden wir uns hier hoffnungslos verirren. Hast du eine Ahnung, wie viele Nebenhöhlen, unterirdische Flüsse und Abzweigungen es gibt? Ich nicht. Ich hatte gehofft, in dieser Grotte die Vampir-Zyklopen zum Kampf stellen zu können.«
»Das haben wir auch geschafft.«
»Sicher. Aber wie viele von ihnen warten noch in diesem Labyrinth auf uns? Und - haben wir diesen Taaruk schon erwischt? Ich denke, das haben wir nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass der Doluzen-König immer noch irgendwo im Hintergrund die Fäden zieht.«
»Und wir wissen nicht, was er im Schilde führt.«
»Genau, Nicole. Lass uns zunächst nach Noretto zurückkehren. Vielleicht hat ja der Priester noch einen Hinweis darauf, mit wie vielen Doluzen wir es zu tun haben können.«
Die Dämonenjägerin war skeptisch. Aber etwas besseres fiel ihr auch nicht ein. Es machte wirklich keinen Sinn, stunden- und tagelang durch die weitläufige Grotte zu irren. Irgendwann gaben auch die Batterien der Helmleuchten ihren Geist auf. Und dann -Gute Nacht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Zamorra und Nicole nahmen die sterblichen Reste des Höhlenforschers mit nach draußen. Zamorra hob mit einem Klappspaten vor dem Höhleneingang ein provisorisches Grab aus. Als sie Aurillac endlich mit Erde bedeckt hatten, war die Sonne bereits untergegangen.
Vorsichtig lenkte Zamorra den altersschwachen Renault, den er sich von dem Priester geliehen hatte, über die unbefestigte Straße Richtung Noretto. Der Citroën war ja nach dem Steinangriff des Vampir-Zyklopen an der Kirche nicht mehr zu gebrauchen.
Der Dämonenjäger schwieg, konzentrierte sich ganz aufs Fahren.
»Was beschäftigt dich, Chéri?«, fragte Nicole schließlich.
»Ich bin für den Moment etwas ratlos, Nici. Das Grottensystem ist der Zufluchtsort der Doluzen. So viel steht fest. Aber: Wir wissen nicht, wie groß und weitläufig es ist. Wie viele Ein- und Ausgänge es hat. Und wie viele Blutsauger sich darin befinden. Ich weiß auch nicht, wie wir das schnell herausfinden sollen.«
»Die Doluzen können ungehindert über ganz Korsika ausschwärmen«, sprach Nicole, das aus, was auch Zamorra befürchtete.
Der Dämonenjäger nickte.
»Aber vielleicht kann man ja den alten Bannfluch der Druiden noch einmal neu aktivieren«, schlug Zamorras Kampfgefährtin vor. »Möglicherweise kennt die Signadora einen entsprechenden Zauber. Die alte Frau weiß doch viel über die traditionelle korsische Magie.«
Zamorra hob eine Augenbraue.
»Das wäre wirklich eine Möglichkeit«, sagte er anerkennend. »Du bist Spitze, Cherie.«
»Das bin ich wirklich«, erwiderte Nicole ohne falsche Bescheidenheit. Zamorra schmunzelte.
Er wollte noch etwas sagen, trat dann aber die Bremse bis zum Bodenblech durch.
Denn plötzlich war ihm in der Dunkelheit eine nackte Frau vor den Kühler gesprungen!
***
Langsam rückten die Krieger in ihre Stellungen.
Lange hatten sie die Waffen ruhen lassen dürfen. Doch nun mussten sie eine Mission erfüllen.
Lautlos bewegten sie sich. Kein Laut kam über ihre Lippen. Befehle waren überflüssig. Jeder wusste von selbst, was er zu tun hatte.
Vor unendlich langer Zeit waren sie als Krieger geschaffen worden. Dann hatten sie schlafen dürfen. Einen herrlichen, traumlosen Schlaf, der bis in die Ewigkeit zu dauern schien.
Doch Krieger bleiben immer Krieger.
Nun war wieder ihre Zeit gekommen. Die Waffen würden sprechen müssen. Doch die Lippen der Kämpfer blieben weiterhin versiegelt.
Ihr Marschtritt bewegte noch nicht einmal einen Grashalm. Und den warmen nordafrikanischen Scirocco-Wind auf ihren kalten Körpern spürten sie nicht.
Die Krieger kamen, um die letzte Schlacht gegen ihre Feinde zu schlagen. Keiner von ihnen kannte Angst, Furcht oder Sorge. Das waren nämlich menschliche Gefühle.
Und diese Kämpfer waren keine Menschen…
***
Zamorra brachte den schliddernden Wagen zum Stehen. Die schreiende nackte Frau wurde nur leicht von der vorderen Stoßstange berührt.
Zugleich rissen Zamorra und Nicole die Autotüren auf und sprangen aus dem Wagen. Und das nicht nur wegen dem unerwarteten nächtlichen
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