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0707 - Im Schatten des Vampirs

0707 - Im Schatten des Vampirs

Titel: 0707 - Im Schatten des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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zitternden Fingern nahm er ein Taschentuch aus seinem Jackett und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »In den Legenden heißt es, die Tulis-Yon seien ein Hilfsvolk Kuang-shis gewesen. Sie bildeten seine Leibwache. Man nannte sie auch die Wolfsköpfigen, weil sich ihr Kopf vor einem Kampf in ein Wolfsgesicht verwandelte. Die Wunden, die sie ihren Gegnern zufügten, schlossen sich nicht, sodass sie verbluteten, nur um selbst zu einem Tulis-Yon zu werden. Angeblich wurden sie alle nach dem großen Krieg getötet.«
    Li wirkte nicht überzeugt. Er blieb vor dem Schlafenden stehen und schüttelte den Kopf. »Er sieht nicht sonderlich bedrohlich aus. Selbst wenn ich mir einen Wolfskopf auf seinen Schultern vorstelle, ist er immer noch ein gebrechlicher alter Mann. Was sollte mich davon abhalten, ihn einfach im Schlaf zu töten?«
    »Wenn man den Geschichten glaubt, würde er dich umbringen, bevor du ihn berührst. Ich habe einen Bericht gelesen, in dem von einer Provinz die Rede war, die hundert Soldaten gegen zehn Tulis-Yon ausschickte. Keiner von ihnen wurde je wieder gesehen.«
    Li trat einen Schritt zurück.
    »Was sollen wir jetzt machen?«
    Die gleiche Frage hatte sich Chang auch schon gestellt. Ein Tulis-Yon, egal, wie alt und abgemagert er war, stellte eine große Bedrohung dar. Es war nicht auszudenken, was passieren würde, wenn noch mehr von ihnen ihren Weg in die alte Villa fanden.
    Los Angeles war kein sicherer Ort mehr.
    »Ruf die anderen«, entschied Chang. »Wir verlassen die Stadt.«
    ***
    »Sie sprechen weder auf Medikamente noch auf sonstige Behandlungsmethoden an«, sagte der Arzt, dessen kompliziert klingenden griechischen Namen O'Neill sofort wieder vergessen hatte. »Wir führen noch Tests durch, aber bis jetzt wissen wir nicht, was diesen Zustand hervorruft.«
    Die Gänge des Krankenhauses standen voller Bahren und transportabler Betten. In den Zimmern gab es längst keinen freien Platz mehr, deshalb hatten die Ärzte auf diese Möglichkeit ausweichen müssen.
    »Und sie sind einfach so umgefallen?«, hakte Nicole nach. Sie war neben einem Bett stehen geblieben und betrachtete die junge, scheinbar schlafende Asiatin, die darauf lag.
    Der Arzt nickte. »Einfach so, als hätten sie auf einen Befehl reagiert.«
    Er schien O'Neills Blick misszuverstehen, denn er fügte hastig hinzu: »Ich meine natürlich nicht, dass ihnen wirklich jemand einen Befehl gegeben hat. Das wäre unmöglich, selbst wenn die Betroffenen unter Hypnose stünden.«
    Da wäre ich mir nicht so sicher, dachte der Detective. Laut sagte er: »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Doktor. Miss Duval und ich kommen jetzt allein zurecht.«
    Der Arzt nickte. »Okay, ich melde mich, sobald wir Genaueres wissen. Zur Sicherheit möchte ich Sie nur bitten, die Patienten nicht anzufassen. Wir glauben zwar nicht, dass dieser Zustand ansteckend ist, aber garantieren können wir das nicht.«
    Er zögerte einen Moment, als sei er sich nicht ganz sicher, ob er die beiden Fremden mit seinen Patienten allein lassen sollte, dann ging er jedoch mit raschen Schritten an ihnen vorbei.
    O'Neill sah ihm nach, bis er im Fahrstuhl verschwunden war. Er hatte bereits zwei Mal Gelegenheit gehabt, den Einsatz von Magie zu beobachten und wusste daher, wie spektakulär so etwas aussehen konnte. Zwar hatte Nicole noch nicht gesagt, was sie plante, aber vorsichtshalber wollte er keine Zeugen in der näheren Umgebung haben.
    »Jack, sieh die das mal an«, unterbrach sie seine Gedanken. O'Neill trat neben das Bett und blickte in das Gesicht der Asiatin. Sie wirkte entspannt, doch hinter ihren geschlossenen Lidern bewegten sich die Augen von einer Seite zur anderen.
    »Sie träumt«, sagte er und sah zu den anderen Betten. »Sie alle träumen.«
    Nicole nickte. »Vielleicht kann ich herausfinden, worum es in diesen Träumen geht.«
    Sie zog einen faustgroßen Kristall aus der Tasche ihrer Lederjacke. »Das ist ein Dhyarra-Kristall«, erklärte sie auf O'Neills fragenden Blick, »eine magische Waffe. Mit ein wenig Glück kann ich damit meine eigene Telepathie soweit verstärken, dass die Träume dieser Menschen sichtbar werden.«
    »Cool.« O'Neill trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als Nicole die Hände um den Kristall legte und die Augen schloss. Er erwartete bunte Strahlen zu sehen oder grelle Lichter, irgendeinen übernatürlichen Effekt, der mit der Magie verbunden war. Das Resultat war jedoch weniger beeindruckend, wenn auch wesentlich

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