Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0707 - Im Schatten des Vampirs

0707 - Im Schatten des Vampirs

Titel: 0707 - Im Schatten des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
überraschender, denn Nicole brach lautlos zusammen.
    O'Neill fing sie auf und ließ sie vorsichtig zu Boden sinken. Einige Minuten blieb er neben ihr sitzen, wartete darauf, dass sie von selbst wieder zu sich kam. Er erinnerte sich daran, dass Zamorra damals nach einem magischen Experiment ebenfalls zusammengebrochen war und hoffte, hier den gleichen Fall zu erleben.
    Erst als Nicoles Augen sich hinter den geschlossenen Lidern zu bewegen begannen, begriff er, dass nicht die Erschöpfung Schuld an ihrer Bewusstlosigkeit war. Wo auch immer die anderen Träumenden sich im Geist aufhielten, Nicole war jetzt bei ihnen.
    »Shit«, murmelte O'Neill leise.
    ***
    Als die letzten Strahlen der Sonne im Pazifik versanken, erhoben sich die Vampire in die Luft. Wie düstere schwarze Raubvögel schwebten sie über der Stadt, unsichtbar für die Menschen, die tief unter ihnen durch die abendlichen Straßen eilten.
    Jorge stand im Zentrum der kleinen Armee. Er war mit jedem seiner Soldaten telepathisch verbunden und koordinierte ihre Suche. Außer ihm wusste niemand so richtig, worum es ging. Der Name Fu Long war zwar gefallen, aber Kuang-shi hatte Jorge während der Vorbereitungen nicht erwähnt. Für die meisten Vampire war er eine Legende, die man sich nur flüsternd erzählte, aus Angst, sie könnte wahr werden. Don Diego hatte es vorgezogen, es dabei zu belassen. Jorge hielt das für falsch, aber er widersprach seinem Herrn nicht.
    In den obersten Kreisen der vier Familien dachte man seit langer Zeit an Kuang-shi, was - wie Jorge widerwillig zugeben musste - Fu Long zu verdanken war. Der Vampir war geradezu besessen von dieser Legende und beschäftigte sich seit Jahrzehnten damit.
    Ohne ihn hätten die Familien dem Problem hilflos gegenüber gestanden. So wussten sie zumindest zwei Dinge: Kuang-shi war real und er war nicht zu töten.
    Besonders letzteres missfällt mir, dachte Jorge. Er schwang sich höher in den nächtlichen Himmel und beobachtete seine Soldaten, die langsam ihre Kreise zogen. Sie sahen aus wie Geier auf der Suche nach Aas.
    Jorges innere Stimme wurde nicht müde, ihn auf seinen Fehler hinzuweisen. Er wusste, dass er das Kommando über die Aktion hätte ablehnen sollen, aber er wollte Diego nicht verärgern. Vor über hundertachtzig Jahren hatte der Don ihn zum Vampir gemacht. Jorge war von einem einfachen Soldaten bis zu seiner rechten Hand aufgestiegen, doch sein Ehrgeiz war längst nicht gestillt. Er wollte mehr.
    In Gedanken sah er den leeren Stuhl vor sich, der seit Fu Longs Verrat wie ein Mahnmal im Konferenzsaal stand. Auf diesem Stuhl wollte er Platz nehmen, als Oberhaupt einer neuen, fünften Familie. Bis jetzt hatte er es nicht gewagt, Diego um die Erlaubnis zur Familiengründung zu bitten, hatte oft genug gehört, wie er anderen den gleichen Wunsch abschlug. Wenn er dem Don jedoch Kuang-shi brachte, verlangte es die Ehre, diesen Sieg gebührend belohnen.
    Nur deshalb war er hier.
    Seine innere Stimme meldete sich zurück.
    Was nützt es dir, vom Sieg zu träumen, flüsterte sie, wenn du weißt, dass diese Nacht mit Vernichtung enden wird?
    Jorge ignorierte sie.
    »Das macht doch keinen Sinn«, sagte Zamorra verwirrt. »Wieso sollten sich drei chinesische Ölarbeiter meinen Namen auf die Brust tätowieren?«
    Yu Li-Wen hob die Schultern. »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das sagen. Schließlich ist es Ihr Name.«
    Er musste zugeben, dass darin eine gewisse Logik lag. Trotzdem hatte er nicht die geringste Ahnung, woher diese Männer seinen Namen kannten.
    »Und wenn es ein Zufall ist?«, fragte er. »Vielleicht gehören sie ja doch einer Sekte an, die diese Silbenkombination verwendet.«
    »Das habe ich schon überprüft. In Peking gibt es ein umfassendes Archiv über Sekten und Geheimbünde. Aber auch dort ist nichts bekannt. Außerdem glaube ich nicht an einen Zufall. Diese Tätowierungen sind etwas anderes, etwas, das sich direkt an Sie richtet.«
    Er sah Li-Wen an. »Und was könnte das sein?«
    »Ein Hilferuf.« Sie zögerte, als sei ihr selbst klar, wie unwahrscheinlich ihre Annahme klang. »Jemand, der vielleicht keine andere Möglichkeit hat, bittet Sie auf diese Weise um Hilfe.«
    »Ich stehe im Telefonbuch«, sagte Zamorra lächelnd, wurde dann jedoch ernst. »Sie scheinen sehr überzeugt davon zu sein, wenn Sie mich wegen einer so vagen Theorie aus Frankreich herbitten. Wenn Sie Recht haben, sind die Schriftzeichen aber nicht nur ein Hilferuf, sondern auch eine Warnung, dass es noch

Weitere Kostenlose Bücher