0709 - Das Seelenschwert
der Wind hinwegstrich.
Einen weiteren Toten hatte Sadre nicht zu Gesicht bekommen und auch nicht mehr darauf geachtet, wenn er ehrlich gegen sich selbst war. Er hatte seine Pläne geändert.
Dieser Ausguck erschien ihm ideal. Von hier konnte er den Garten beobachten, und er würde jede fremde Person sofort entdecken, die sich eingeschlichen hatte.
Weiter entfernt glitzerte schwach das Eisengitter auf der Mauer. Hinzu kamen noch elektronische Sicherheitsanlagen, die nicht so leicht zu umgehen waren. Wer immer es geschafft hatte, er war Sadre ein gleichwertiger Gegner.
Nichts bewegte sich bei ihm. Nur die Augen wanderten durch die Höhlen wie stumme Beobachter.
Er schaute dabei in jede Ecke, suchte alles ab und hätte am liebsten auch in den Boden geschaut, aber das war ihm leider nicht möglich.
Wieder glitt sein Blick zurück und erfaßte dabei auch die beiden Teiche.
Der Wind streifte zwar mit seinen weichen Armen durch den Garten, aber er war nicht so stark, als daß er das Wasser hätte auf der Oberfläche bewegen können.
Bei einem Teich kräuselten sich plötzlich Wellen. Ihr Ursprung befand sich nahe des Ufers, wo auch der Bambus wuchs, und über Sadres Gesicht glitt plötzlich ein Lächeln, denn er kannte den alten Trick sehr gut.
Man mußte nur gute Nerven haben, sich unter Wasser legen, einen Bambusstab abbrechen, das Oberteil aus dem Wasser hervorschauen lassen und das untere Ende in den Mund stecken.
So konnte man durchaus atmen.
Aber jetzt hatte sich der andere unter Wasser bewegt, und das war Sadre nicht entgangen.
Auf der Oberfläche schaukelten die Blätter der Seerosen in einem sehr langsamen Rhythmus. Sadre bekam auch mit, wie sich ein Bambusrohr durch das Wasser bewegte. Es schaute nur fingerlang mit seiner Spitze hervor und wirkte wie der Turm eines verfremdeten U-Boots.
Der Leibwächter lächelte eisig. Noch einmal blickte er hin. Sollte der Unbekannte den Weg beibehalten, wußte Sadre genau, wo er ihn empfangen würde.
Ebenso leise, wie er gekommen war, begab er sich an den Abstieg aus der Felslandschaft.
Er verzichtete auf die Treppen, nahm die Entfernungen mit Sprüngen und kümmerte sich nicht darum, daß er keine lautlosen Landungen schaffte.
Dann hatte er den ebenen Boden erreicht.
Durch die Nase saugte er die Luft ein. Über seinen Rücken rann ein kalter Schauer. Es war nicht das Gefühl der Angst, nein, er freute sich darauf, fighten zu können. Er wollte mit dem Eindringling endlich die Kräfte messen, und er würde ihn töten.
Langsam, sehr langsam sogar…
Von einem Busch aus beobachtete er den kleinen Teich und sah die Bambusspitze noch immer über das Wasser wandern. Da hatte der andere einen Fehler begangen, er war also doch nicht so perfekt, und Sadre freute sich.
Er huschte geduckt über ein sehr gepflegtes Rasenstück, das den Teich an der linken Seite begrenzte und sah dann die beiden mit dichten Blättern bewachsenen und klein gehaltenen Essigbäume vor sich, die ihm eine gute Deckung boten.
Zwischen ihnen konnte er hindurchschauen und die Oberfläche des Teichs unter Kontrolle halten.
Er legte sich flach auf den Boden.
An diesem Ufer wuchs kein Bambus, der Blick auf die Wasserfläche war frei.
Noch sah er nichts von dem Bambus, aber er konnte schon die sanften Wellen sehen, die sich auf das Ufer zubewegten und da mit leisem Klatschen ausliefen.
Länger als eine halbe Minute würde es nicht mehr dauern, bis der andere aus dem Wasser stieg.
Die Zeit verrann…
Sadre spannte sich. Er glitt federnd höher, sein Blickwinkel besserte sich, und er sah das helle Stück aus der Wasseroberfläche ragen, das sich dem Ufer näherte.
Es war sogar ziemlich nahe herangekommen…
Ein leises Plätschern erreichte ihn. Man mußte schon sehr gute Ohren haben, um es hören zu können.
Die aber hatte Sadre.
Das Plätschern verstummte. Stille kehrte wieder ein. Wer immer da aus dem Teich stieg, er war schlau genug, um zunächst abzuwarten, ob er gesichtet worden war.
Sadre hütete sich, auch nur einen Laut von sich zu geben. Er hatte Zeit, der andere nicht, denn er kroch jetzt ganz aus dem Wasser und bewegte sich schlangengleich über den Grasboden, als wäre er eine einzige lange Welle.
Sadre war zu einem Teil des Gartens geworden. Es gehörte zu seiner Ausbildung, überall dort Deckung zu finden, wo es für einen normalen Menschen keine gab.
Der Fremde wartete, blieb liegen.
Noch hatte Sadre sein Gesicht nicht gesehen. Erst als sich der Mann aufrichtete,
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