0709 - Das Seelenschwert
transzendentales Tor, das den Zugang zu anderen Welten bildete, in die ich dann hineinhuschen konnte, um meinen Freund auf der jenseitigen Seite zu suchen.
»Mr. Sinclair…« Rico hatte mich leise angesprochen und mir dabei noch auf die Schulter getippt.
Ich drehte den Kopf und sah ihn sehr verlegen neben mir stehen. »Was ist denn, Rico?«
»Ich habe da noch etwas. Ob es wichtig ist, weiß ich nicht. Jedenfalls habe ich es vorhin gefunden.«
»Zeig mal her.«
Er mußte sich erst bücken, um die Gegenstände vom Boden aufzuheben.
Es waren die Beretta, die Dämonenpeitsche und der Stab. Alles Dinge, die Suko gehörten.
»Können Sie damit etwas anfangen?«
»Und ob, Rico, und ob. Danke.« Ich nahm sie entgegen. Während ich sie verstaute, sprach ich davon, daß es die Waffen waren, die meinem Freund gehörten.
»Ich habe sie ihm aber nicht weggenommen.«
»Das kann ich mir denken. Vielleicht war es Tommy Li. Daß der Teufel es getan haben könnte, will mir nicht in den Kopf. Aber wir wollen nicht mehr trauern, sondern zusehen, daß sich hier etwas tut. Ich möchte, daß die Truhe nicht länger hier stehenbleibt als unbedingt nötig. Ich werde jetzt zu meinem Wagen gehen und in London anrufen. Oder gibt es auch im Camp Telefon?«
»Ja, an einem Haus steht das Wort Office. Dort können Sie auch telefonieren.«
»Gut, danke.«
»Kommen Sie denn zurück?« fragte er mich, als ich mich zum Gehen wandte.
»Darauf kannst du dich verlassen.«
»Ich bleibe dann hier und kümmere mich um Tommy Li. Aber wohl ist mir bei der Sache nicht.«
»Mir auch nicht, Rico, mir auch nicht…«
***
Der Himmel zeigte nur an einer Stelle eine Decke aus Wolken. Woanders war er klar, und dort glotzte auch das blasse Auge des Mondes nach unten.
Es verstreute sein silbrig schimmerndes Licht als matten Glanz auf den blauen Planeten Erde und hatte auch nicht vergessen, diesen Schimmer über die Häuser des Camps auszustreuen.
In einer gewissen Entfernung blieb ich stehen und schaute mir das Camp an, dessen Häuser in dieser Umgebung irgendwie künstlich wirkten. Von der Helligkeit des Tages war nun nichts mehr zu sehen, und die Dunkelheit hatte auch der kleinen Ortschaft ein anderes Aussehen verliehen. Die Außenfassaden der Holzhäuser schimmerten bläulich und wirkten wie die geheimnisvollen Bauten einer noch geheimnisvolleren fremden Rasse, die aus dem All der Erde einen Besuch abgestattet hatte.
Eine Straße, die zwei Reihen von Häusern genau in der Mitte teilte. Ein Bild, wie mit dem Lineal gezogen, jedoch von einer Deformation unterbrochen.
Das war genau das Haus, in das der Lastwagen hineingerammt war und es zerstört hatte.
Da stand kein Teil mehr auf dem anderen. Ob das Dach oder die Wände, der schwere Wagen hatte alles plattgemacht und außer der Lücke ein wahres Trümmerfeld hinterlassen.
Niemand hatte den Wagen bisher weggefahren. Ich konnte mir vorstellen, daß er sich auch für den Abtransport der Truhe gut eignete. Noch wollte ich es nicht wahrhaben, daß sich dieser Fall in eine derartige Richtung entwickelt hatte.
Mit Sukos Entführung hatte es begonnen. Li Choung, einer der verbrecherischen Triaden-Führer hatte mit Sukos unfreiwilliger Hilfe seinen Sohn Tommy Li wiederfinden wollen.
Tommy Li hatte sich von seinem Clan losgesagt und war einen anderen Weg gegangen wie auch Rico und die anderen aus dem Camp. Sie wollten die Welt und deren Geheimnisse ergründen, allerdings nicht die naturwissenschaftlichen, sondern die metaphysischen. Um in Ruhe arbeiten zu können, hatten sie sich dieses Camp gebaut, wo sie von aller Welt ungestört den Forschungen nachgehen konnten.
Es war der falsche Weg gewesen, denn sie waren bei ihren Forschungen dem Teufel in die Quere gekommen. Und er hatte nur auf eine Gelegenheit gewartet und Joanna, seine Geisterbraut, geschickt.
Sie gab es nicht mehr. Mein Kreuz hatte es leicht geschafft, sie zu vernichten, aber damit war der Fall erst richtig eingeläutet worden. Ich hatte nicht mit der Heimtücke des Teufels gerechnet, nicht in diesem Fall.
Jetzt aber wußte ich, daß er auch hier die Fäden zog und Suko in seiner Gewalt hatte.
Er hatte es sich nicht leicht gemacht und ihn kurzerhand umgebracht.
Nein, so etwas hatte der Teufel nicht nötig. Er war ein Spieler, ein Hasardeur, und er war auch jemand, der seine Macht voll auskostete und dies immer wieder unter Beweis stellen mußte.
Bestimmt wäre der Tod gnädiger gewesen als das Schicksal, das Suko jetzt
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