071 - Der Hexer mit der Schlangenhand
hatte.
Wenn er doch nicht
bewußtlos gewesen wäre, als man sie ihm angelegt hatte ... dann hätte er
versuchen können, die Muskeln anzuspannen, um so ein wenig Spielraum zu
gewinnen. Dann wäre es ihm leichter gefallen, sich zu befreien.
Doch nun sah
er keine Chance. Die Fesseln saßen straff. Dort, wo er sie an der Steinkante
des Altars, an dessen Fuß er lag, gerieben hatte, war seine Haut blutig.
Er hatte sich
übertölpeln lassen. Er hatte dem von Lao To Hiau erzeugten Zweifel gestattet,
sich in sein Innerstes zu schleichen.
Nun verstand
X-RAY-17, was in Larry Brent vorgehen mußte, der auf ähnliche Art getäuscht
worden war.
Tanaka Kasuki
konnte nicht sagen, wie lange er bereits in diesem tempelähnlichen Raum
festgehalten wurde. Er wußte auch, wo dieser Raum lag, und war erst hier
aufgewacht. Zum Glück besaß er seinen Ring noch, aber seine Fesseln
verhinderten, daß er einen Funkimpuls auslösen konnte, um die PSA über seine
mißliche Lage zu informieren. Doch in der Zentrale würde man dennoch inzwischen
alarmiert sein. Die vereinbarte Meldung seinerseits war schließlich
ausgeblieben.
Nach einer
Zeitspanne, die ihm wie eine Unendlichkeit vorkam, tat sich endlich etwas in
dem Raum. Ein Mann betrat ihn.
Es war der
mit den Schlangenfingern. Und er war allein.
Das Gesicht
zu einer Maske hinterhältigen Lachens verzogen, hockte er sich vor Kasuki
nieder. »Ich sehe, unser Freund ist wach«, sagte er auf chinesisch. »Es tut mir
leid, daß ich meinem ehrenwerten Gast keine Tasse Tee anbieten kann, wie die
Gastfreundschaft es vorschreibt. Aber wenigstens haben wir die Gelegenheit zu
einer kleinen Unterhaltung .«
»Von mir
wirst du nichts erfahren«, gab X-RAY-17 zurück.
»Bist du so
sicher ?« entgegnete der Mann mit den Schlangenfingern.
»Ich an deiner Stelle würde keinen Yen darauf verwetten .«
Wie gebannt
starrte X-RAY-17 auf die Finger des Mannes. Der Daumen der rechten Hand löste
sich plötzlich auf und verschwand. Gleichzeitig spürte Tanaka eine Berührung an
seinem Hals.
Er verdrehte
die Augen. An seinem Kinn ringelte sich die kleine Schlange zusammen, die sich
von der Hand des unheimlichen Mannes gelöst hatte.
»Du bist ein
Hexer !« stieß Tanaka leise aus.
Der
Unheimliche lachte. »Das gefällt mir !« sagte er
teuflisch grinsend. »Der Hexer mit den Schlangenfingern! Ja, so wird mich die
Welt kennenlernen. Sobald ich alle Kräfte Lao To Hiaus in mich aufgenommen und
gelernt habe,
sie
vollkommen zu beherrschen, wird mir nichts mehr unmöglich sein. Dann wird mich
niemand aufhalten können ... Auch nicht die Leute, die wie du solch einen Ring
tragen .«
Kasuki stockte
der Atem. Was wußte der Hexer mit den Schlangenhänden von der PSA?
»Du wirst mir
verraten, was es mit dem Ring auf sich hat«, gab die Inkarnation des
Schlangengottes umgehend die Antwort.
Demnach wußte
er noch nicht allzuviel ...
»Sprich! Wer
alles besitzt solch einen Ring? Im Dienst der Menschheit... wer kämpft dafür,
und wie seid ihr Lao To Hiau auf die Spur gekommen ?«
X-RAY-17
schwieg.
»Ich habe
Mittel und Wege, deinen Widerstand zu brechen«, drohte der Hexer. »Das wird
sehr schmerzhaft für dich sein. Es wäre besser für dich, du redest freiwillig .«
Kasuki
schüttelte den Kopf.
»Wenn du es
nicht anders haben willst !« Der Hexer beugte sich zu
ihm hinab. Die Augen in seinem verzerrten Gesicht blitzten kalt und grausam.
Der PSA-Agent
spürte, wie sich die Schlange auf seinem Kinn regte. Sie gab ihre
zusammengerollte Haltung auf und glitt an Kasukis Hals hinab. Er spürte, wie
sie an der Halsschlagader verharrte.
»Zum
letztenmal, rede !«
Der Japaner
blieb stumm.
Er fühlte,
wie die kleinen Zähne der Schlange seine Haut durchritzten, ganz leicht nur...
Ein Stöhnen
kam über seine Lippen, und er merkte, wie eine eigentümliche Schwere seine
Glieder und sein Gehirn erfaßten.
●
Die junge
Frau hielt es nicht mehr aus. Clair Bellow hatte sich ausgezogen und auf ihre
Couch gelegt. Doch der Schlaf wollte nicht kommen. Und wenn sie für einen
Moment in jenen Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachen
glitt,
strömten dunkle Traumbilder in ihr empor. Sie sah gewaltige Schlangenleiber,
die seltsame Transformationen eingingen und sich zu Menschen wandelten, ihre
riesigen Körper durch dunkle Höhlen schlängelten, hin zu einem Podest, einer
Art Altar ...
Dort hockte
ein Mann, halb Mensch, halb Schlange, und sprach gesangsähnliche Beschwörungen
vor sich hin. Die Finger -
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