071 - Der Hexer mit der Schlangenhand
sein, als ich es mir vorgestellt habe .«
Von diesem
Augenblick an gab es keine Schwierigkeiten mehr.
Henderson
suchte an seinem Schlüsselbund herum, bis er den Generalschlüssel fand, mit dem
er alle Vitrinen öffnen konnte. Er klappte das Glas zurück, hob vorsichtig den
Dolch heraus und reichte ihn Larry.
Nichts,
dachte X-RAY-3, als er ihn in die Hand nahm. Er hatte erwartet, wenigstens ein
dumpfes Gefühl von der Macht des Dolches zu bekommen, ein Schauder, der seinen
Rücken herabrann, oder einen leisen Schlag. Aber der Dolch fühlte sich an wie
jeder andere.
Vielleicht
war es doch nicht die Waffe, mit der Lao To Hiau zu bezwingen war? Der Hexer
mit den Schlangenhänden würde ihn ohne das geringste Zögern töten; Larry hatte
keinen Zweifel daran. Einmal war er ihm durch einen glücklichen Zufall
entkommen, aber nun würde es keinen Pardon mehr geben. So gesehen stand sein
Plan auf äußerst schwachen Füßen.
»Verfügen Sie
über einen Katalog über alle Funde, die in dieser Höhle gemacht worden sind ?« fragte Larry.
»Ich war
selbst in China«, erklärte Henderson, »um den Transport der Ausstellung zu
überwachen. Dabei wurden mir alle Unterlagen zur Verfügung gestellt. Dieser
Dolch war der einzige. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer .«
Larry nickte.
Wenn er sich doch nur selbst entsinnen könnte! Er hatte alle Fundsachen
eigenhändig katalogisiert, aber absolut keine Erinnerung mehr daran. Lao To
Hiau hatte sich wirklich restlos aus seinem Gedächtnis gelöscht
...
»Danke«,
murmelte er. Er mußte es auf einen Versuch ankommen lassen.
●
Er mußte
große Schmerzen erdulden.
Tunuku Kusuki
glaubte, «ein Gehirn würde mit glühenden Nadeln durchstoßen, die das Blut im
Körper zum Kochen brachten. Zentrum seiner Qualen war jedoch sein Hals, dort,
wo die Schlange ihn gebissen und ihr Nervengift direkt in die Blutbahn gepumpt
hatte. Von dort gingen die Schmerzen aus. Doch sie waren so stark, daß er kaum
eine Unterscheidung treffen konnte und sie in allen Körperteilen gleichmäßig
verspürte.
Nur ganz
allmählich fühlte er eine Linderung. Er merkte es daran, daß er wieder freier
atmen konnte.
Ein Zittern
durchlief seinen Körper, Schweiß trat ihm aus den Poren, alles Nachwirkungen
des Giftes, das in seiner grausamen Wirkung langsam abklang.
Endlich
konnte er sich wieder nach eigenem Willen rühren, wurde sein Körper nicht mehr
von diesen fieberähnlichen Anfällen geschüttelt.
Was war
geschehen? Sein Denken setzte sehr schnell wieder ein.
Schlagartig
war seine Erinnerung da.
Er hatte
gegen seinen Willen geredet! Sein Bewußtsein war ausgeschaltet worden, und ihm
war gar keine andere Wahl geblieben, als die Fragen des Hexers mit den
Schlangenfingern wahrheitsgetreu zu beantworten.
Tief
betroffen erkannte er, daß er alle Geheimnisse der PSA ausgeplaudert hatte. Er
hatte diese Organisation ihres wichtigsten Schutzes beraubt - ihrer Anonymität.
Alles? Nein,
er hatte nicht alle Geheimnisse verraten, nur die, nach denen Tsin Schi Huang
sich erkundigt hatte. Von dem Ring war die Rede gewesen - als ein
Erkennungszeichen der PSA- Agenten.
Aber nicht
von seiner Funktion als Funkgerät. Und auch nicht davon, daß seine letzte
Meldung nun schon lange überfällig war. Daß man ihn vermissen und vielleicht
auch suchen würde...
Dieses letzte
Fünkchen Hoffnung war ihm geblieben.
Als X-RAY-17
seinen Körper vollends wieder bewegen konnte, wälzte er sich herum. Er lag
Immer noch am Fuß des Altars; die Lederriemen schnitten unverändert scharf in
sein Fleisch.
Aber oben auf
dem Altar erklangen seltsame Geräusche, ein heftiges, krampfhaftes Atmen,
rasselnd und schwer, unterbrochen von einigen gedämpften Schreien, die immer
wieder in ein lauteres Stöhnen abfielen.
Er bog den
Kopf soweit zurück, wie es ihm möglich war. Erst dann erkannte er, daß es Tsin
Schi Huang war, der dort auf dem Altar saß, sein Körper schweißglänzend und wie
von heftigen Krämpfen geschüttelt.
Was ging mit
dem Hexer mit den Schlangenfingern vor? War er in diesen Sekunden nicht Herr seiner
Sinne?
X-RAY-17
erkannte die Chance, die sich ihm bot. Er war allein mit Tsin Schi Huang in dem
Tempelraum, und der Hexer schenkte ihm nicht die geringste Beachtung.
Tanaka rollte
sich noch ein Stück herum, bis seine Füße die Altarkante berührten. Er zog die
Beine an und hob sie dann.
Wie ein
Irrsinniger begann er, die Fesseln an der scharfen Altarkante zu wetzen...
●
Müdigkeit
hüllte
Weitere Kostenlose Bücher