0710 - Der Freund des Satans
Helligkeit verschwand, die Düsternis nahm Überhand. Gegen sie kämpften selbst die Lampen vergebens an, die wie trübe Augen unter der Decke blinkten.
Fast jeder Bewohner konnte hier unten in seine Parkbucht hineinfahren. Das tat auch der Mann im Fiat. Sadre stand so, daß er ihn im Auge behalten konnte.
Der Fahrer hatte nichts bemerkt. Völlig normal stieg er aus, und er bewegte sich auch so.
Über seinen rechten Arm hatte er das Jackett gehängt. In der linken Hand trug er einen Aktenkoffer, den er für einen Moment auf dem Autodach deponierte, während er das Fahrzeug abschloß. Anschließend schlug er den Weg zum Lift ein.
Sadre wartete so lange, bis der Mann verschwunden war. Dann setzte er sich in Bewegung und ging denselben Weg, aber nicht bis zum Lift, sondern wartete in dessen Nähe. Wer immer hier seinen Wagen abstellte, er mußte ihn passieren.
Sadre verschmolz mit einer dunklen Säule. Irgendwann war sie einmal hell gewesen, doch im Laufe der Zeit hatten Staub und Dreck einen Schmierfilm gebildet.
Trotz seiner Kräfte gehörte er zu den Menschen, die nichts dem Zufall überließen. Deshalb überprüfte er auch seine Waffen. Wurfsterne und lange Messer hatte er mitgenommen. Es waren Dinge, mit denen er am besten umgehen konnte.
Er war zufrieden.
Gegen den Teufel halfen sie ihm nicht. Aber Sinclair und das Kind waren nicht der Teufel. Er fragte auch nicht danach, wieso und weshalb das Kind für den Teufel gefährlich war, irgend etwas mußte da schiefgelaufen sein, für ihn zählte einzig und allein der Job.
Beide würden kommen, er wußte es. Und dann…?
Zum erstenmal leistete er sich so etwas wie einen kontrollierten Gefühlsausbruch, denn er lachte leise.
Er liebte den Tod. Er schaute zu, wenn andere starben, er war tatsächlich eine Mordmaschine auf zwei Beinen…
***
Suko wollte nach Hause.
An und für sich nichts Ungewöhnliches, aber es war nicht mehr der Suko, den ich all die Jahre kannte. Nicht mehr der Mann, der mich so lange begleitet und mir so oft das Leben gerettet hatte.
Neben mir saß ein Kind! Suko als Kind!
Unvorstellbar, der reinste Irrsinn. Durch rationales Denken nicht zu erfassen, aber es stimmte.
Suko war zu einem Kind geworden, und daran trug einzig und allein das Seelenschwert die Schuld, das sich im Besitz des Teufels befand, und das ich gern in die Hände bekommen hätte.
Dieses Seelenschwert hatte Suko praktisch in zwei Hälften geteilt. Andere oder normale Schwerter töten, das Seelenschwert sah zwar völlig normal aus, aber es tötete nicht in dem Sinne. Es teilte einen Menschen in zwei Existenzen.
So war es auch bei Suko geschehen.
Einmal durch das Seelenschwert getroffen, war er in zwei Existenzen geschlagen worden.
In eine böse und in eine gute!
Die böse Existenz hatte ich vernichten können, zurück war die gute geblieben, und es saß auch kein Geist neben mir, sondern ein völlig normales Kind.
Ja, Suko als Kind!
Das Seelenschwert hatte die Vergangenheit zur Gegenwart gemacht. Er sah aus, als wäre er soeben aus dem Kloster gekommen, wo Suko in seiner Kindheit und Jugend erzogen worden war.
Er sprach auch nur chinesisch, wenn ich mich normal mit ihm unterhielt. Anders lag die Sache, wenn er sich mit seinem Stab konfrontiert sah, der sich jetzt in meinem Besitz befand. Da schlug die Kraft des Stabes eine Brücke, da erinnerte sich Suko, da blieb er zwar äußerlich ein Kind, aber er redete mit der Stimme eines Erwachsenen und erinnerte sich an die Dinge, die ihn tatsächlich berührten.
Er hatte mir mit der Stimme eines Erwachsenen erklärt, daß er nach Hause wollte, und das konnte nur sein kleines Apartment sein, das neben dem meinem lag.
Daß Suko durch die Magie des Seelenschwerts zu einem Kind geworden war, konnte ich noch immer nicht fassen. Ich kam mir auch jetzt vor, als hätte man mir gegen den Kopf geschlagen, aber ich mußte mich damit abfinden, daran führte kein Weg vorbei.
Warum wollte er unbedingt nach Hause?
Ich hatte nicht weiter nachgefragt, es stand mir irgendwie nicht zu. Ich spekulierte darüber. Wahrscheinlich hatte Suko vor, sich zu verkriechen, einfach unterzutauchen. Möglicherweise ahnte er, daß man ihn noch nicht in Ruhe lassen würde und er deswegen so reagierte und sich lieber verkroch als sich zu zeigen.
»Wie geht es dir?« Ich stellte wirklich eine dämliche Frage, aber ich wollte den Kontakt herstellen.
Zwischen ihm und mir sollte kein Loch bleiben.
Er gab eine Antwort. Ich verstand sie nicht, denn er
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