0710 - Der Freund des Satans
lassen.
Das Kind tat nichts.
Es saß starr neben mir, den Kopf vorgebeugt, die Stirn und Wangen von dünnen Schweißperlen bedeckt, den Mund geschlossen, so daß er durch die Nase atmen mußte.
Was war das nur?
Er wollte auch nicht reden, nur abwarten, suchen, lauschen und spüren. Als in den folgenden Sekunden nichts geschah, sprach ich ihn wieder an. »Was hast du denn gespürt, Suko?«
»Es ist eine Gefahr in der Nähe.«
»Welche?«
»Ich weiß es nicht.«
Die Antwort brachte mir auch nicht viel. »Lauert vielleicht jemand auf uns?«
»Das kann sein.«
Ich verrenkte mir den Kopf, um so viel wie möglich erkennen zu können, aber da war nichts.
In dieser Tiefgarage stand alles.
Niemand bewegte sich, kein Schatten huschte über den Boden und fand seinen Weg durch die Lücken zwischen den Fahrzeugen. Auf mich machte die Umgebung einen völlig normalen Eindruck, doch ich verließ mich mehr auf Suko als auf meine eigenen Sinne.
Irgendwann konnte ich nichts mehr erkennen. Meine Augen waren vom langen Starren überanstrengt, und ich hatte das Gefühl, als würden die abgestellten Fahrzeuge zu einem dicken Klumpen verschmelzen, der in das düstere Licht der Garage eintauchte.
Ich schluckte. Auf der Zunge lag ein schlechter Geschmack, als hätte ich mit altem Öl gegurgelt.
Allmählich wurde ich kribbelig, ich mußte hier raus.
Aber Suko kam mir zuvor.
Ich konnte ihn nicht zurückhalten, er wollte es jetzt wissen und öffnete die Tür.
Für einen Moment schaltete ich das Licht ein. Ich kam mir vor wie eine Zielscheibe und legte den winzigen Schalter herum, damit es wieder dunkel wurde.
Suko hatte den Rover verlassen. Er blieb aber in seiner Nähe, nur zwei kleine Schritte ging er vor.
Auch ich stieg aus.
Suko kümmerte sich nicht darum, er drehte auch nicht den Kopf, er blieb einfach stehen.
Ich ging um die vordere Seite des Rovers herum. Die Luft in der Garage war ebenso widerlich wie die im Wagen, da konnte einem schon die Übelkeit hochsteigen.
Sukos Kopf ruckte nach links.
Es war eine so schnelle Bewegung, daß ich aufmerksam wurde, ebenfalls dorthin schaute - und den Schatten sah, der durch die Luft fegte und aus dem Hinterhalt geworfen worden war.
Es war ein Wurfstern.
Ich schrie noch eine Warnung und duckte mich, dann war das tödliche Instrument da…
***
Wer immer es aus dem Hinterhalt geschleudert hatte, es war gut gezielt gewesen. Wahrscheinlich hätte der Wurfstern den Hals des Kindes zerfetzen sollen, aber er hatte nicht richtig getroffen, denn er jagte weiter, und ich hörte, wie er mit einem kratzenden Geräusch über das Dach des Rovers hinwegschleifte.
Es klirrte irgendwo hinter mir gegen die Wand, was ich nur am Rande mitbekam, denn ich hatte mich sehr schnell zur Seite bewegt, zudem geduckt, um ein so kleines Ziel wie möglich zu bilden.
In Höhe des Kofferraums drückte ich mich noch mehr zusammen, atmete so flach wie möglich und wartete ab.
Stille.
Sekunden verstrichen.
Ich hörte auch nichts von Suko und fing an, mir um ihn Sorgen zu machen.
Ich sah ihn nicht, riskierte es und glitt über den Kofferraum des Rovers hinweg auf die andere Seite des Wagens, wo ich mich lautlos zu Boden drückte.
Jetzt sah ich auch den Jungen!
Er lag nicht einmal weit entfernt von mir, dicht neben einer Säule. Er hatte sich auf den Boden gepreßt, den Kopf so gedreht, daß er mich anschauen konnte.
Er blutete am Hals.
Ich holte tief Luft. Wenn der Wurfstern richtig getroffen hätte, wäre er jetzt tot gewesen. So aber war es nur bei einer Schramme geblieben, das würde er überstehen.
Aber wer hatte dieses verfluchte Ding geschleudert? Sein Einsatz deutete auf eine Person hin, die nicht aus dem europäischen Kulturkreis stammte. Wurfsterne waren bei den Ninja sehr beliebt, aber auch andere Asiaten konnten damit umgehen.
Ich mußte an Li Choung und seinen Sohn Tommy Li denken, mit denen der Fall praktisch begonnen hatte. Ich wurde einfach den Eindruck nicht los, daß auch sie mitmischten.
Hatten sie uns den Killer geschickt?
Durch Handbewegungen machte ich Suko klar, daß er liegenbleiben sollte. Ich aber wollte versuchen, den Killer zu stellen.
Wohl war mir dabei nicht, denn ich kannte diese Männer verdammt gut. Sie waren perfekte Kampfmaschinen, super ausgebildet, und ihre Hände und Füße glichen tödlichen Waffen.
Noch war es ruhig.
Keine Schritte, kein Atmen, keine verdächtigen Geräusche, die mich gewarnt hätten.
Ich besaß einen Vorteil. In dieser Tiefgarage kannte
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