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0714 - Die Totenfrau ist da

0714 - Die Totenfrau ist da

Titel: 0714 - Die Totenfrau ist da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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verklang ebenso wie ihre Schritte. Sie hielt sich jetzt im Flur auf, ich war allein zurückgeblieben und hoffte nur, daß ich daraus Profit schlagen konnte. Noch hatte sie mich nicht entwaffnet. Die Beretta, das Kreuz und den Dolch trug ich bei mir. Auf keine der Waffen hatte ich verzichten wollen, auch wenn ich nicht unterwegs zu einem Fall gewesen war.
    Was im Flur geschah, bekam ich nicht mit. Ich konnte mir auch keine Vorstellung darüber machen, wer diese Frau - eine Einzelgängerin innerhalb der Dorfgemeinschaft - besuchen wollte, für mich gab es das Problem der schrecklichen Lethargie, der Mattheit, die wie Leim meine Knochen durchzog und die Muskeln gelähmt hatte.
    Der Weg zur Beretta war nicht weit. Ich brauchte nur meinen rechten Arm anzuheben und ihn an meinem Gürtel entlang Richtung Pistole schieben, das war alles. Doch meine Hand war schwer.
    Sie schien das Zehnfache zu wiegen.
    Ich bekam sie kaum hoch, die Muskeln spielten nicht mit. Sie waren völlig erschlafft, und ich kam überhaupt nicht in die Reihe.
    Vor Wut tränten meine Augen. Es war so verflucht schlimm, da besaß ich Arme, Hände und Beine, ohne sie bewegen zu können. Sie glichen toten Gliedmaßen, die man kurzerhand mit meinem Körper verbunden hatte.
    Schlaff hockte ich im Sessel. Ich war in Schweiß gebadet. Der Wille war vorhanden, aber er schaffte es nicht, über eine Grenze zu kriechen, die das verfluchte Gift mir gesetzt hatte.
    Nicht einmal die Hand bekam ich hoch. Es gab auch nichts, mit dem ich sie hätte abstützen können, mir kam sie so vor wie der lahme Flügel eines Vogels.
    Mit der linken Hand hatte ich das gleiche Problem. Es gab einfach keine Chance.
    Hoffen konnte ich höchstens auf die Person, die geklingelt hatte. Ob sie mir allerdings eine Hilfe sein würde, stand in den Sternen. So wie es gelaufen war, konnte ich daran einfach nicht glauben.
    Wie ein Ballon, der seinen Inhalt zur Hälfte verloren hatte, blieb ich im Sessel hocken und konzentrierte mich auf das, was möglicherweise im Gang geschah.
    Ich hoffte auf eine Unterhaltung. Ich hätte mich auch gefreut, mehr als zwei Stimmen zu hören, dabei vernahm ich nichts. Wer immer bei dieser Frau erschienen war, er und sie hielten sich zurück.
    Nur ein schwacher Lichtstreifen drang aus dem Flur in das Zimmer, wo ich meinen Platz gefunden hatte.
    Wieviel Zeit verstrichen war, wußte ich nicht, weil es mir nicht einmal gelang, den linken Arm so zu drehen, daß ich auf meine Uhr schauen konnte.
    Nur das Fenster behielt ich im Blick, und somit den Mond.
    Der Erdtrabant, seit Urzeiten schon mit einem Hauch von Mystik umgeben, weil sein Licht, im Gegensatz zu dem der Sonne, nicht wärmte.
    Er war kalt und für Menschen nicht gut, dafür aber für Schwarzblütler und Dämonen.
    Mir flößte der Mond keine Furcht ein. Er gab mir auch keine Kraft. Er war für mich persönlich ein Himmelskörper wie jeder andere auch. Und trotzdem war er anders.
    In diesem Fall empfand ich ihn als schlimm und grauenhaft. Er war ein Bote aus einer fernen, grausamen Welt, und ich dachte daran, daß ich unter seinen Strahlen den Tod erleiden würde.
    Gekillt, begraben, verscharrt…
    Sie kehrte zurück.
    Sehr langsam öffnete sie die Tür und blieb auf der Schwelle stehen. Selma schaute dabei in mein Gesicht, und wieder zeigte sie ihr überhebliches Lächeln.
    Dann spitzte sie den Mund und schickte mir ein leises Zischen entgegen. Anschließend sprach sie.
    »Ich sehe die Frage und die Hoffnung in deinen Augen, John, aber nichts davon wird eintreten. Es war alles umsonst, verstehst du?«
    »Nein…«
    »Ich habe Besuch bekommen. Es war eine sehr neugierige Frau aus dem Ort. Sie heißt Harriet Slade, und sie wollte mir wohl Fragen nach dem Ableben meines Mannes stellen. Sie kam nicht dazu, und ich bin sicher, daß der Mond bald ein weiteres Opfer bekommen wird.«
    Die Worte trafen mich schlimm. Ich kannte die Frau. Sie hatte sich auf dem Friedhof so mißtrauisch gezeigt, und sicherlich nicht ohne Grund. Jetzt war sie praktisch über ihren eigenen Schatten gesprungen und hatte sich auf den Weg in die Höhle des Löwen gemacht.
    Ausgerechnet zu der Killerin. Damit hätte sie eigentlich rechnen müssen. Ich fragte mich, was in ihrem Kopf vorgegangen war.
    »Sie hat dir nichts getan«, flüsterte ich. »Was hast du mit dieser unschuldigen Person gemacht?«
    »Noch nichts, John, wirklich nicht. Sie lebt, nehme ich an. Sie hat ihren Platz in meinem Keller gefunden. Ich muß meinem verstorbenen Mann

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