0714 - Kinder der SOL
zeitweise aus seinem Traum zu lösen und zu einem machtlosen Beobachter zu werden, noch stärker. Vielleicht deshalb, weil die Umgebung, durch die er sich bewegte, ihm so unwirklich erschien, daß sein Bewußtsein sich immer wieder in eine Welt flüchtete, die aus seinen Erinnerungen gespeist wurde.
Joscan Hellmut bewegte sich am Rande des psychischen Zusammenbruchs, als er endlich auf die beiden Wesen stieß, nach denen er so lange gesucht hatte.
Er war dermaßen durcheinander, daß er von der Begegnung überhaupt nichts bemerkt hätte, wenn sie ihn nicht von sich aus angesprochen hätten.
Dennoch dauerte es eine ganze Weile, ehe er auf ihre zaghaften Zurufe reagieren konnte.
Er blieb stehen und dachte nach.
Hatte da nicht jemand mit dünner Stimme „Sir!" zu ihm gesagt oder hatte er sich das nur eingebildet, weil er es zu hören hoffte?
„Ist da jemand?" fragte er tonlos und versuchte in den nebelhaften Zerrbildern, die ihn umgaben, etwas Vertrautes zu entdecken.
„Wir sind es", flüsterte eine dünne Stimme. „Ulturpf und Kjidder Emraddin."
Gehört das nun zu einem Traum oder ist es Bestandteil der Realität? fragte sich Joscan Hellmut.
Laut sagte er: „Nach euch habe ich gesucht, Ulturpf und Kjidder. Wo seid ihr?"
„Wir stehen direkt vor ihnen, Sir", antwortete die dünne Stimme.
Der Kybernetiker riß die Augen weit auf.
Vor ihm befand sich etwas, das einem violett schimmernden Würfel von anderthalb Metern Kantenlänge glich. Daneben drehte sich ein wolkiges, spindelförmiges Gebilde um seine Längsachse.
Sollten das die beiden Wesen - beziehungsweise die beiden Kinder - sein?
Vorsichtig streckte er eine Hand aus und berührte das spindelförmige Gebilde.
Er zuckte zurück, als er unter seinen Fingern Plastikmaterial und warmes Fleisch fühlte. Doch dann riß er sich zusammen und streckte erneut die Hand aus.
Diesmal spürte er, daß sich eine warme, kleine Hand in seine Hand schob. Er spürte außerdem, daß die Hand bebte - und das gab den Ausschlag, denn es weckte Hellmuts Beschützerinstinkte.
Er fand endgültig zu sich selbst zurück und sah die beiden Gebilde plötzlich nicht mehr als Würfel und Spindel, sondern als zwar etwas undeutliche, aber doch menschenähnliche Gestalten.
„Keine Angst", sagte er mit fester Stimme. „Es wird sicher alles gut werden. Ulturpf und Emraddin, wer sind eure Eltern?"
„Unsere Mutter heißt Ytria und unser Vater Kemal, Sir", antwortete eine dünne Stimme.
„Und sie gehören zur Besatzung der SOL?" forschte Joscan Hellmut weiter. „Ihr braucht übrigens nicht ,Sir' zu sagen. Nennt mich einfach ,Onkel Joscan'. Klar?"
„Klar, Sir - Onkel Joscan!" antworteten zwei Stimmen. Sie klangen schon erheblich zuversichtlicher als zuvor.
Dann sagte eine einzelne Stimme: „Unsere Eltern gehören zur SOL-Besatzung. Sie arbeiten als Spezialisten für unbekannte Hyperstrahlung beim Strahlenforschungskommando."
„Soso!" erwiderte Hellmut.
Die letzte Auskunft erklärte seiner Meinung nach, warum Ulturpf und Kjidder Emraddin positive Mutanten waren. Wenn ihre Eltern beim Strahlenforschungskommando der SOL arbeiteten und im Zuge ihrer Tätigkeit immer wieder nahe an fremde Strahlungsquellen herangeflogen waren, hatten sie oft unter dem Bombardement von Strahlungen gelegen, die ihre Gene unweigerlich verändern mußten. Das Ergebnis waren zwei so überaus seltene lebensfähige und positive Mutanten gewesen - denn positiv waren die parapsychischen Eigenschaften von Ulturpf und Kjidder zweifellos, auch wenn sie nicht positiv eingesetzt worden waren.
„Wir wollen nach Hause, Onkel Joscan!" sagte eines der beiden Kinder.
„Wie heißt du?" fragte der Kybernetiker, der endlich wissen wollte, wie er Ulturpf und Kjidder auseinanderhalten konnte.
„Kjidder", antwortete das Wesen rechts vor Joscan, das zuvor einer nebelhaften Spindel geglichen hatte.
„Gut, Kjidder", sagte der Kybernetiker. „Ihr wollt nach Hause.
Warum seid ihr dann nicht nach Hause gegangen? Oder stimmt es nicht, daß ihr Dimensionsgänger seid?"
„Was ist ein Dimensionsgänger?" erkundigte sich das Wesen links vor Joscan, das Ulturpf sein mußte.
Zuerst war Joscan Hellmut über die Frage verblüfft - bis ihm aufging, daß jemand, der von der Natur mit einer besonderen Fähigkeit bedacht wird, diese Fähigkeit deswegen noch lange nicht wissenschaftlich exakt definieren konnte - vor allem dann, wenn er ein Kind war, das noch keine wissenschaftliche Bildung genossen hatte.
Er erklärte
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