0715 - Die Söhne des Asmodis
Einzelzimmer -Zamorra und Ewigk waren zusammen untergekommen, Nicole und Carlotta ebenfalls, und Tendyke musste bei dem Gedanken grinsen, dass die Hotelleitung zwar nicht zuließ, dass Männlein und Weiblein ohne Trauschein traulich in einem Zimmer schliefen, an die Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Zuneigung aber nicht zu denken schienen. Nicht, dass dem bei der Zusammenstellung gemeinsamer Zimmernutzung so war, aber allein der Gedanke daran hätte ihn vor Stunden noch an der Rezeption beinahe schallend auflachen lassen.
Jetzt aber hielt er das Handy in den Fingern, das er unbemerkt an sich gebracht hatte, ehe die Polizei auftauchte. Nicht einmal Zamorra oder Monica hatten mitbekommen, wie fingerfertig er sich als Taschendieb zeigte. Das Gerät gehörte dem Toten. Der konnte wenigstens keine Verlustmeldung von sich geben…
Tendyke rief die zuletzt angewählten Nummern ab. Innerhalb von anderthalb Stunden dieses Abends dreimal die gleiche… die ihm nichts sagte. Er betätigte die Wahlwiederholung.
»Ja«, kam fast sofort eine Stimme. Er kannte sie.
Sie gehörte Rico Calderone.
»Seneca«, sagte er. An der Stimme konnte Calderone sicher nicht erkennen, dass er nicht Seneca, sondern Tendyke in der Verbindung hatte. Sie klangen garantiert identisch.
»Wie siehts aus?«
»Sir, wieso rufen Sie mich hier an? Woher kennen Sie überhaupt diese Rufnummer?«, antwortete Calderone verwundert.
»Sie unterschätzen mich, Rico«, sagte Tendyke. »Ich habe Sie etwas gefragt.«
»Und ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Sir. Wars das?«
Respektvoll und höflich war Calderone noch nie gewesen - in beiden Welten nicht. Noch ehe Tendyke etwas sagen konnte, hatte Calderone bereits abgeschaltet.
Tendyke betrachtete das Handy nachdenklich, dann nahm er das Gerät vom Netz. Er war sicher, dass der Tote sich in regelmäßigen Abständen bei Calderone gemeldet hatte - solange er konnte. Damit wusste Tendyke nun aber leider nicht sehr viel mehr als vor seinem Anruf.
Er zuckte mit den Schultern, legte das Gerät beiseite und streckte sich auf dem Bett aus. Er war müde. Er war schon zu lange auf den Beinen. Die Befreiung, das überraschende Wiedersehen mit den Zwillingen im Château Montagne, die Zeitzonenverschiebung beim Regenbogenblumen-Transport nach Florida, der Flug nach El Paso, die Aktion in Rikers Haus… Er schloss die Augen und war Augenblicke später bereits eingeschlafen.
Die Übermüdung war auch der Grund dafür, dass er Fehler machte -den ersten, als er zu Rikers Haus hinaus fuhr, den zweiten, als er das Handy des Toten benutzte.
Auch der Sohn des Asmodis war nicht unfehlbar.
Aber von Asmodis, seinem Erzeuger, der vor über fünf Jahrhunderten eine Zigeunerin geschwängert hatte, von ihm träumte er und sah das Gesicht des einstigen Höllenfürsten riesig groß vor sich auftauchen, das Maul weit aufgerissen, um ihn zu verschlingen.
Aber er konnte aus diesem Albtraum nicht einmal aufwachen. Es ging immer weiter, in ständiger Wiederholung, bis zum Erwachen am nächsten Morgen.
***
Calderone litt nicht an Übermüdung und handelte folgerichtig. Er sah an der Rufnummernanzeige, dass der Anruf vom Mobilphone eines der beiden Männer gekommen war, die er zu Riker geschickt hatte. Aber warum benutzte jetzt Seneca das Gerät?
Da stimmte etwas nicht! Deshalb hatte Calderone das Gespräch sofort abgebrochen, und jetzt rief er vom Festnetzgerät in seiner Wohnung aus Seneca in seiner Hotelsuite an. Die war fest gebucht, blieb es auch, wenn Seneca zurück nach Florida flog. So hatte er stets eine vertraute Umgebung und es musste nicht alle paar Tage neu eingecheckt werden. Und in einer Stadt wie El Paso kam eine Hotelsuite der gehobenen Kategorie auch nicht viel teurer als eine standesgemäße Wohnung oder ein Haus.
Es dauerte eine Weile, bis Seneca sich ziemlich verschlafen meldete.
»Sie hatten mich vor einigen Minuten angerufen…«
»Ich?«, entfuhr es Seneca. »Sind Sie vom wilden Affen gebissen? Ich versuche zu schlafen, nicht zu telefonieren…«
»Dann entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber morgen früh muss ich unbedingt mit Ihnen reden. Bevor Sie irgend etwas anderes tun.«
Plötzlich war Seneca alarmiert. »Was hat das zu bedeuten? Ich hätte Sie angerufen…?«
»Jemand, dessen Stimme wie Ihre klang, Boss.«
»Wir reden nicht morgen, sondern jetzt. Sie sind wacher als ich. Kommen Sie zu mir.«
Eine halbe Stunde später befand sich Calderone in Senecas Zimmerflucht. Der Chef der Tendyke
Weitere Kostenlose Bücher