0715 - Tanz der Messer
Restaurant.«
»Jetzt wollen Sie mich aber auf den Arm nehmen.«
»Nein, das würde ich in meinem Zustand nicht schaffen und später auch nicht, fürchte ich.«
»Lieber mollig und froh, als dürr und griesgrämig«, sagte sie und hob das Tablett.
Sie hatte den Wagen wieder mitgebracht, stellte das Tablett darauf und schob ihn zur Tür.
»Kommen Sie noch mal wieder, Schwester?« rief ich ihr nach.
Sie drehte sich um. »Weshalb?«
»Weil ich es gewohnt bin, einen Gute-Nacht-Kuß zu bekommen.«
Da hatte ich etwas gesagt. Sie machte ein Gesicht, als wollte sie mich fressen, atmete schnaufend und zog von dannen.
Ich fühlte mich wesentlich besser als noch vor zwei Stunden und in einer gewissen Art und Weise sogar übermütig; das Essen hatte mich gestärkt.
Konnte ich es noch einmal wagen, das Bett zu verlassen?
Lange dachte ich darüber nicht nach. Ich saß noch immer, drehte mich herum, schwang die Beine aus dem Bett und stützte die Füße auf den Boden. Dann stemmte ich mich hoch.
Der Schwindel packte mich wie eine Windbö. Ich geriet ins Taumeln und dachte nur daran, um Himmels willen nicht auf die falsche Seite zu fallen. Ich hatte Glück und kippte zurück.
Weich landete ich in meinem Bett, blieb auf dem Rücken liegen und holte tief Luft. Es tat gut, so zu atmen, denn allmählich verging der Schwindel.
Ob ich es nun wollte oder nicht, ich mußte den Ärzten recht geben, wenn sie mich hier festhielten.
Es ging mir nicht gut, ich war einfach zu schwach.
Dieses verfluchte Gift hatte mich stärker mitgenommen, als ich zugeben wollte.
Mist auch…
Ich schaute zum Fenster. Dahinter zeichnete sich der Himmel ab. Wie die Zinken einer Gabel drangen die drei belaubten Zweige von der linken Fensterseite her in mein Blickfeld. Die Blätter zitterten im leichten Wind. Eine Amsel hatte dort ihren Platz gefunden und flötete ein Lied.
Ich wurde schläfrig. Darüber ärgerte ich mich zwar, aber ich konnte dagegen nichts tun. Wahrscheinlich war es so, daß ein Bett einfach müde machte.
Meine Augendeckel wurden immer schwerer. Die Dunkelheit überfiel mich, und sie zerrte mich hinein in einen tiefen Schlaf, der nicht frei von Träumen war.
Keine guten Träume.
Schreckliche Vorstellungen, denn es wiederholte sich irgendwo das, was ich in den letzten Wochen erlebt hatte.
Die Träume drehten sich um Suko. Ich sah ihn gleich zweimal, einmal als erwachsenen Mann und zum anderen als Kind, das von dem Erwachsenen an der Hand gehalten wurde.
Furchtbar für mich, den Träumer. Ich wollte beide festhalten, zu mir heranziehen, aber ich kam nicht hin und erlebte mit, wie sich ihre Gesichter in blutige Teufelsfratzen verwandelten.
Dann zerplatzten sie, dafür hörte ich eine Stimme. Sie war zunächst nur ein leises Flüstern, so daß ich die Worte nicht verstehen konnte.
Aber die Stimme gefiel mir nicht.
Sie klang böse, zischend und unheimlich. Sie war eine Drohung an mich, sie drang ein in mein Gehirn, und sie quälte mich dort mit ihren Worten.
Ich komme, Sinclair! Ich werde kommen!
Wer kam?
Ich schlief und versuchte trotzdem zu überlegen.
Dann wieder die Stimme.
Ich komme, Sinclair, ich komme zu dir. Sehr bald schon! Ich werde dir einen Tanz beibringen, den Messertanz! Den wirst du nicht überleben. Niemand kann das. Denk an den Messertanz, Sinclair!
Denk an ihn, denke auch an mich…
Die Stimme verstummte, aber meine tief im Innern steckende Furcht blieb, sie ließ sich nicht vertreiben. Ich empfand während des Schlafs ein furchtbares Angstgefühl. Ich machte Schlimmes mit und war bald schon in Schweiß gebadet, denn dieser unheimliche Traum hatte all die tief in meinem Innern steckende Angst wie eine gewaltige Woge nach oben gespült, in der ich herumwirbelte wie ein Ertrinkender, ohne daß es mir gelang, sie zu durchbrechen.
Glas hüllte mich ein.
Dahinter sah ich Gesichter.
Suko tauchte auf. Er trug den Kopf des Teufels in der Armbeuge. Seine Augen versprühten das gleiche Feuer wie die des Satans.
Er grinste mich an.
Schlangen, dünn wie Peitschen, wischten aus seinem Mund, klatschten gegen das Kinn oder fuhren zuckend in die andere Richtung, wo sie die Nase bedeckten.
Es waren grauenhafte Bilder, und ich sah nie mich selbst, dafür meine Freunde, denn Suko schleuderte den Schädel plötzlich weg und hielt dafür mehrere Messer in den Händen.
Damit stach er zu.
Die Klingen drangen in die Körper von Bill Conolly, Jane Collins und Sarah Goldwyn ein.
Sie zerfetzten sie. Blut spritzte aus
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