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0718 - Das Dorf der Toten

0718 - Das Dorf der Toten

Titel: 0718 - Das Dorf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle und Timothy Stahl
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weiß wievielten Mal.
    Urban Nestor stand da, im Dunkel der Nacht, und lauschte den Stimmen, die der Wind den Wäldern ringsum verlieh. Es waren die gleichen tiefen, hohlen Stimmen, die Nestor schon seit so vielen Jahren vernahm, und ihr Raunen unterschied sich in nichts von dem, was sie einander - und ihm - all die ungezählten Male davor zugeflüstert hatten.
    Ich bin längst Teil dieser Nachtwelt, dachte Nestor. Sie ist mir so vertraut wie ich ihr. Und ich weiß, was sie birgt, so wie sie mich in- und auswendig kennt.
    Einem anderen Menschen wären solcherlei Gedanken womöglich sonderbar erschienen, für Nestor waren sie gang und gäbe. Und Zeitvertreib.
    Zeit vertrieben hatte er reichlich in all der - Zeit. Und was er sich an Zeit vertrieb, wuchs nach, und vor ihm türmte sie sich auf, die Zeit, höher als die höchste Mauer, die ein Mensch sich vorstellen konnte, höher noch als die Himmelsfeste selbst vielleicht.
    Die Zeit, das wusste er inzwischen, war der wahre Feind. Nicht nur des Menschen als solchem, viel mehr noch der der Liebe. Zeit zerstörte alles. Vielleicht nicht nach außen gleich erkennbar - nach innen aber sehr wohl.
    Er seufzte. Er wusste, dass sie ihn nicht mehr verstand, die Frau - seine Frau -, die nebenan im Bett lag, die Augen offen, weil der Schlaf ihr vor langer Zeit schon - Zeit, immer wieder Zeit -fremd geworden war, so fremd wie Alma ihm - und er ihr. Ja, die Zeit hatte alles zerstört. Und die Gabe, natürlich. Gabe? Nestor schüttelte den Kopf. Der Fluch, korrigierte er sich grimmig.
    Und als würde »es« von Urban Nestors unguten Gedanken angelockt, kam endlich das, worauf der Mann zum Ende der Nacht hin wartete. Was er gerufen hatte.
    Nestor trug die verzweifelte Bitte der Agnes Brunner vor. Vielmehr: Er breitete seine Gedanken restlos vor »ihm« aus.
    Die Reaktion verblüffte ihn. Damit hatte er nicht gerechnet.
    Als »es« schließlich wieder ging, wusste Nestor, dass Agnes' Begehr wider Erwarten Gehör gefunden hatte.
    Ein absolutes Novum.
    In mehr als hundert Jahren…
    ***
    Bellefleur, Oregon
    »Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen?«, fragte Zamorra die Kellnerin des Daily Grind, eines Diners an der Durchfahrtsstraße von Bellefleur, in das er mit Nicole eingekehrt war - hauptsächlich weil es das einzige Restaurant am Platze und Bellefleur die letzte Stadt vor ihrem Reiseziel war, in der es ein Speiselokal geben mochte.
    Also hatten sie es für angeraten gehalten, noch einmal ordentlich aufzutanken. Dem Miet-Wohnmobil, einem Winnebago Adventurer , hatten sie, den Vortritt gelassen und draußen an der Dieselzapfsäule den 75-Gallonen-Tank gefüllt. Jetzt waren ihre eigenen Mägen an der Reihe.
    Sie hatten Steaks bestellt, weil, so Zamorra: »Da sieht man wenigstens, was drin ist - Hamburgern trau ich nicht recht über den Weg…«
    Nicole Duval hatte noch tiefer in dieselbe Kerbe geschlagen: »…vor allem in Gegenden, wo nonstop Leute auf Nimmerwiedersehen verschwinden.«
    Immerhin, der Kellnerin - Kathy ihrem Namenschild nach, das ihr üppiger Busen allerdings zum Schildchen degradierte - hätte Zamorra auch auf den zweiten Blick noch zugetraut, dass sie zumindest kleine Kinder fraß, und das dreimal täglich. Wenigstens!
    Als Kathy die Getränke brachte, schob er ihr den Laserprint eines Fotos von Lancelot Farnsworth hin und stellte seine Frage.
    Zu seiner Überraschung warf Kathy sogar mehr als nur einen flüchtigen Blick auf das Bild.
    Zu seiner Enttäuschung schüttelte sie allerdings den Kopf, und das so heftig, dass ihre Brüste in stürmisches Wogen gerieten und Zamorra vorsichtshalber etwas zur Seite rutschte.
    »Nope, nie gesehen«, sagte die Kellnerin mit liebreizender Männerstimme. »Wer soll das sein?«
    »Ein Bekannter von uns. Er ist vor einigen Tagen in diese Gegend gekommen und hat sich seither nicht mehr zu Hause gemeldet, was er eigentlich hatte tun wollen. Scheint wie vom Erdboden verschluckt, der Mann.«
    Sie lachte freudlos und sagte: »Kann verdammt gut sein, dass er verschwunden ist und dass er's auch bleibt! Wär er weiß Gott nicht der Erste, und der Letzte wird er wohl auch nicht sein.«
    »Ach?«, gab sich Nicole erstaunt. »Dann verschwinden hier also öfter Menschen?«
    »Na, direkt hier nicht, aber droben in den Wäldern.« Kathy wies durch die Fensterfront zur Main Street hinaus, die mehr oder weniger schnurstracks gen Norden und hinein in den Malheur National Forest führte.
    »Einfach so?«, hakte Zamorra nach.
    Kathy hob die

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