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072 - Die Rache des Magiers

072 - Die Rache des Magiers

Titel: 072 - Die Rache des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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keines. Sie sah sich um, konnte aber auch keinen scharfkantigen Stein entdecken. Da versuchte sie, die Knoten mit den Fingern zu lösen. Doch sie waren so hart und fest, daß sie allen Versuchen widerstanden.
    Marie zerrte schließlich mit den Zähnen an den Knoten der Fesseln. Sie riß und biß, spürte, wie ihr Zahnfleisch wund und blutig wurde, doch sie ließ nicht locker. Die Knoten mußten nachgeben, mußten zu lösen sein.
    Schon glaubte Marie, den ersten Knoten lockern zu können, da packte eine Hand sie an der Schulter, riß sie zurück. Marie sah sich um, konnte aber niemanden erblicken.
    Da hörte sie eine Stimme, die Stimme Edgar Kronbergers: „Wir haben nur diese eine Stunde! Sie darf uns nicht genommen werden, wie sie auch erkauft sein mag. Nur diese eine Stunde … eine Stunde … eine Stunde!“
    Von irgendwoher aber gellte ein schreckliches Gelächter, als amüsiere sich jemand köstlich, lache über einen teuflischen Streich, der nicht mehr rückgängig zu machen war.
    Marie Walter keuchte, stöhnte, schlug um sich. Die Knöchel ihrer Faust trafen das harte Holz des Bettrahmens. Der Schmerz ließ sie erwachen. Sie fuhr auf. In ihrem Zimmer brannte das Licht. Laken und Decke waren naßgeschwitzt. Marie fror, fühlte sich völlig erschöpft und wie zerschlagen. Sie trat zum Fenster, zog den Rolladen hoch. Es wurde bereits hell. Noch nie hatte Marie Walter das Tageslicht so begrüßt wie an diesem Morgen.
     

     

Als Edgar Kronberger an diesem Morgen frühstückte, fiel ihm auf, daß Marie sehr bleich und übernächtig aussah. Sie vermied es, ihn anzusehen. Er schob das auf ihr schlechtes Gewissen, weil sie ihm am Tag zuvor eigenmächtig und gegen seinen Willen Dr. Sorell auf den Hals gehetzt hatte. Sicher fürchtete sie Schwierigkeiten. Doch Kronberger hatte zuviel eigene Sorgen, um sich mit Marie Walter zu befassen.
    Wie jeden Morgen hörte der Bankier Radio. Die Frühnachrichten wurden durchgegeben. Plötzlich horchte er auf. Der Sprecher sagte: „… fand heute nacht in der Severiusstraße ein grauenhafter Mord statt. Ein Mann, der sich Karl-Josef Amann nannte, über den aber behördlicherseits keinerlei Unterlagen existieren, wurde in seiner verschlossenen Wohnung auf grausige Weise ermordet. Hausbewohner hörten gegen 0.30 Uhr in seiner Wohnung Poltern und gräßliche Schreie. Amann rief immer wieder:‚ Nein, Meister, nein!’ Und er schrie gellend um Hilfe. Seine Wohnung war jedoch verschlossen. Bis der Hausmeister die Tür mit dem Nachschlüssel geöffnet hatte, war es zu spät. Amann lag tot am Boden, mit verzerrtem Gesicht, das Genick gebrochen und den Kopf buchstäblich auf den Rücken gedreht. Die Polizei steht vor einem Rätsel, denn niemand konnte ungesehen die Wohnung verlassen. Bei Karl-Josef Amann wurden DM 100 000, – in gebrauchten, kleinen Banknoten gefunden. Die Polizei untersucht nun, mit wem Amann Kontakt hatte und woher das Geld stammen könnte. Wer Hinweise über die Identität von Karl-Josef Amann machen oder etwas über die Herkunftdes Geldes aussagen kann, wird gebeten, sich mit der Mordkommission in Verbindung zu setzen. Auch wer andere sachdienliche Hinweise zu dieser mysteriösen Mordaffäre geben kann, wird gebeten, sich mit der Mordkommission in Verbindung zu setzen. – Durch einen Verkehrsunfall auf der Autobahn …“
    Kronberger nahm nicht mehr wahr, was der Sprecher sagte. Er brachte keinen Bissen mehr hinunter. Hastig stand er auf und zog seinen Mantel über. Zum erstenmal seit langem war Edgar Kronberger fertig, ehe der Chauffeur kam.
    Der Bankier ließ sich zum Hochhaus des Finanzkonzerns fahren, dessen Präsident und Aufsichtsratsvorstand er war. Er betrat sein luxuriös eingerichtetes Büro im 18. Stock. Seine Sekretärin kam sofort zu ihm, den Terminkalender in der Hand.
    Kronberger winkte ab.
    „Später, Frau Meißner, später. Lassen Sie mich ungestört, bis ich Sie rufe. Niemand soll mich stören, niemand!“
    „Herr Kronberger, die Herren von der EG-Kommission kommen um 9.00 Uhr. Die Sitzung ist für 9.15 Uhr im kleinen Konferenzsaal anberaumt. Dr. Müggenburg und Herr Winkler warten bereits.“
    „Sollen warten! Ich will ungestört sein, verstehen Sie?“
    „Wie Sie meinen, Herr Kronberger.“
    Die Sekretärin zog sich zurück.
    Kronberger stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte, verbarg das Gesicht in den Händen. Es war Wahnsinn gewesen, sich mit dunklen Mächten einzulassen, um seine Frau dem Tode abzutrotzen. Der Tod ließ sich

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