0721 - Die Stimmen der Toten
den Tasterzirkel zu Hilfe nehmen - und natürlich ein gewisses Grundwissen über den Körperbau der Maahks besitzen. Wir Anthropologen unterscheiden zwei Typen der neueren Maahk-Rassen. Erstens den Arkon-Typus - der etwa aus der Zeit der Methankriege gegen die Arkoniden stammt. Zweitens den Mdl-Typus des 25. Jahrhunderts. Sie unterschieden sich in der Hauptsache durch eine deutliche Brachykephalisation -darunter versteht man einen Veränderungsprozeß am Kopf.
Aber ich will Sie nicht mit Fachausdrücken langweilen. Nur noch soviel - der Arkon-Typus war brachykran, also kurzschädelig. Den Mdl-Typus kann man als mesokran einstufen - mittellangschädelig. Und die hier aufgebahrten Maahks stellen einen ganz neuen, bisher unbekannten Typus dar. Wollen wir ihn Hetos-Typus bezeichnen - und sie haben dolichokrane Schädel. Sie haben, im Vergleich zu den anderen, ausgesprochene Langschädel."
„Sie meinen, daß wir es hier - anthropologisch gesehen - mit einer neuen Generation von Maahks zu tun haben", faßte ich seine Ausführungen zusammen. „Sehr richtig!"
„Nicht nur anthropologisch gesehen", warf der Wissenschaftler am Enzephalographen ein. „Diese Maahks entstammen in jeder Beziehung einer neuen Generation. Ihr Gehirnwellenmuster zeigt gewisse Schemata..."
„Sind ihre Gehirne etwa nicht tot?" entfuhr es mir.
Der Wissenschaftler lächelte milde. „Diese Maahks sind tot. So tot wie ein verstorbenes Lebewesen nur sein kann", erklärte er selbstgefällig. „Aber ich habe Stromstöße durch ihre gut erhaltenen Gehirne gejagt und so künstliche Reizimpulse erzeugt, die auf die frühere Gehirntätigkeit schließen lassen. Und dabei stellte ich fest, daß diese Maahks einen Denkfaktor besaßen, der bei früheren Generationen fehlte."
„Und was hat das zu bedeuten?" wollte ich wissen. Ich hatte plötzlich einen Verdacht und sprach ihn aus. „Läßt das etwa auf eine parapsychische Begabung schließen?"
„Soweit möchte ich noch nicht gehen", erwiderte der Wissenschaftler. „Aber eine schwache psionische Ausstrahlung konnte ich feststellen. Und diese liegt jedenfalls über der Norm."
„Das ist genau das, was ich meine", meldete sich Betty über Professor Chachmere. „Diese Maahks strahlen eine undefinierbare Aura aus, die in psionische Bereiche hineinreicht."
„Nichtsdestoweniger sind diese Maahks aber tot!" hielt der Wissenschaftler am Enzephalographen dem entgegen.
Ein Streitgespräch unter Wissenschaftlern schien sich anzubahnen. Doch dazu kam es nicht mehr, Dr. Shamhort warf sich mit einem Aufschrei über einen der toten Maahks. Als er auf ihm lag, begann er den konservierten Körper fast liebevoll zu streicheln.
Dabei sagte er: „Wir müssen sie schützen. Hört ihr nicht die flehenden, sanften Stimmen der Toten? Sie brauchen Schutz ... Wie hilflos sie sind!"
Er hielt plötzlich einen „Schockstrahler in der Hand und richtete ihn auf uns. „Wer es noch einmal wagt, Hand an diese Toten zu legen und sie zu entehren, den schieße ich nieder."
Für Sekühdenbruchteile war ich starr vor Entsetzen. Als ich mich wieder faßte, war es bereits zu spät zum Eingreifen. Mit einem unartikulierten Schrei schpß Shamhort auf den Wissenschaftler am Enzephalographen. Dessen Körper brach konvulsivisch zuckend zusammen.
Ich stürzte mich auf Shamhort, packte seine Waffenhand am Gelenk und drückte zu. „Nicht, Tek", sagte er da mit gänzlich veränderter Stimme. „Ich - Sengu - habe Shamhorts Körper übernommen. Er ist jetzt ganz harmlos."
Ich rief einen Medo-Roboter herbei, der Shamhort durch den Raumanzug eine Spritze verabreichte, wonach er das Bewußtsein verlor.
Wuriu Sengu kehrte wieder in Ballists Körper zurück.
Damit war die Angelegenheit aber noch nicht bereinigt. Shamhorts Amoklauf war nur der Auftakt zu einer Reihe weiterer unerklärlicher Geschehnisse. 5.
Die Meldungen über Zwischenfälle überstürzten sich förmlich.
Ein Einsatzleiter berichtete über die Notfrequenz, daß er seine Leute plötzlich nicht mehr dazu bewegen könne, die aufgetragenen Arbeiten durchzuführen. „Ich befürchte eine Meuterei, Tekener!"
Wenige Minuten später war ich zur Stelle. Die Schaltzentrale, in der das Forschungskommando tätig war, befand sich auf einem der Mitteldecks des Nabenturms.
Als ich hinkam, waren die zehn Techniker friedlich in ihre Arbeit vertieft. Auch der Einsatzleiter, ein Ingenieur von der KOLUMBUS, zeigte keinerlei Aufregung mehr.
Er stand am Fuß einer Schaltwand und gab seinen
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