0721 - Stärker als der Teufel?
hätte er nicht gerechnet. Er mußte aus einem besonderen Material bestehen.
»Nun, Kleiner?«
Suko hob die Schultern. »Ich… ich weiß nicht, was es soll. Er ist außergewöhnlich schwer und sieht wertvoll aus. Ich habe so etwas noch nicht in der Hand gehabt.«
»Das glaube ich dir.«
»Sonst spürst du nichts?«
»Nein. Sollte ich denn?«
Suko bekam eine Antwort. Nur nicht von Yannah. Diesmal meldete sich Asmodis.
›Laß dir nichts anmerken. Sie will dich testen. Du brauchst nichts zu tun, als du selbst zu sein. Sie wird nichts merken. Sei ganz locker, dann klappt alles…‹
Suko schaffte sogar ein Lächeln. »Schenkst du ihn mir?«
»Nein, wirf ihn wieder her. Er gehört mir.«
»Natürlich.« Er wog ihn in der Hand. »Ein schöner Schmuck. So einen habe ich noch nie gesehen.«
»Das glaube ich dir gern.«
Suko wurde frecher. »Woher hast du ihn? Hat man ihn dir geschenkt? War es ein Freund?«
Yannah fing ihn auf. Schlangenhaft schnell glitt er wieder ihren Arm hoch, um sich mit den anderen an der Schulter zu vereinigen. »Ich habe ihn nicht von einem Freund bekommen. Er ist sehr wertvoll, das stimmt schon.«
Suko hob die Schultern. »Zu mir würde er sowieso nicht passen.«
»Ja, das stimmt.« Yannah bückte sich. Die Tür hatte sie schon vorher geöffnet. »Es wird gleich etwas eng werden. Du mußt achtgeben, wenn du die Stufen hinabgehst.«
»Ja, das werde ich schon.«
Ein erbärmliches Quietschen drang an Sukos Ohren, als die Frau die Tür so weit öffnete, daß beide bequem hindurchgehen konnten. Der Geruch war schlimm, er paßte aber zu dieser Welt unter der Erde. Faulig und feucht kroch er die alten Steinstufen hoch. In den Kloaken der Abwasserkanäle roch es kaum anders.
Wieder ging Yannah vor. Sie kannte sich hier aus und konnte es sich deshalb leisten, rückwärts zu gehen. Breite, ausgetretene Stufen, schmutzige Wände, eine Steindecke, die ebenfalls einen graubraunen Belag zeigte. Überall klebte der Schimmel.
Unter den Schuhen der beiden schleifte und knarrte es. Die Treppe war länger, als Suko gedacht hatte. Er mußte in gebückter Haltung gehen, auch nicht gerade ein Vorteil bei der schweren Leiche.
So hatte er das Gefühl, daß seine Arme immer länger wurden.
Er rechnete mit einem großen Kellerraum, der sich an die Treppe anschloß. Das war tatsächlich der Fall. Ein riesiger Keller, aber kein direktes Gewölbe, dazu war die Decke zu niedrig. Er konnte es deshalb sehen, weil die Frau den Lichtschalter umgelegt und für eine trübe Beleuchtung gesorgt hatte.
Spinnen und anderes Getier kroch aus dem Bereich der Helligkeit weg. In Ritzen verschwanden die kleinen Tiere, und Yannah richtete sich auf. Sie drehte sich auf der Stelle. Das Lächeln lag in ihrem Gesicht wie eingefroren. Obwohl sie die Arme gesenkt hatte, lösten sich die Ringe nicht von ihren Schultern. Eigentlich hätten sie nach unten rutschen müssen, aber sie blieben zusammen.
Dabei waren sie nicht festgeleimt. Zwischen ihnen gab es kleine Räume, aber sie schienen miteinander in Verbindung zu stehen oder wurden von einer unsichtbaren und kaum erklärbaren Kraft zusammengehalten.
»Das ist die richtige Umgebung, um eine Leiche loszuwerden«, sagte Yannah und lachte. »Diesen Keller kenne ich, aber kaum ein anderer. Niemand wird den Weg finden.«
»Lebst du hier allein?« fragte Suko.
Seine Stimme hatte einen ungewöhnlichen Klang bekommen. Ihm war, als wollten die Wände des Kellers jedes Wort schlucken.
»Ich arbeite hier.« Sie blieb eine genaue Antwort schuldig, entfernte sich von Suko, der bei dem Toten allein zurückblieb, was ihm nicht gefiel.
Er hatte sich noch immer nicht an den Anblick gewöhnen können. Dieser Mann war auf furchtbare Art und Weise ums Leben gekommen, was zeigte, wie brutal der Teufel war.
Ausgerechnet er hatte sich an Suko gewandt, um Yannah zu töten. Warum tat er es nicht selbst?
Schaffte er es nicht? Es hätte doch ein Leichtes für ihn sein müssen, an die Frau mit den roten Punkerhaaren heranzukommen.
Aber nein, er verließ sich auf ein Kind. Da mußte es etwas geben, das den Teufel davon abhielt, die Frau direkt zu attackieren. Sicherlich hatte sie etwas an sich, das sie für den Teufel unangreifbar machte. Und das konnten auch die Ringe sein.
Einen hatte Suko in der Hand gehalten, sich nicht nur über dessen Gewicht gewundert, sondern auch über die Wärme des goldenen Metalls. Er hatte das Gefühl gehabt, als wäre dieser seltsame Ring von einem ungewöhnlichen
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