0723 - Der Teufels-Autor
an gar nichts mehr, er war irgendwie leer und begriff erst, dass er aus der Wanne gestiegen war, als er leicht fror. Er nahm das flauschige Badetuch und hüllte sich darin ein, als könnte ihm dieser Stoff den nötigen Schutz geben.
Dark spürte die Stiche in seinem Magen. Sie waren da, sie erinnerten an unsichtbare Messer, die in seinem Innern wühlten. Er war völlig von der Rolle. Die letzten Minuten hatten ihn in einen Zustand versetzt, der zwischen Lethargie und Spannung schwebte. Sich in das Badetuch einzurollen war keine Lösung. Den Champagner hatte er vergessen, das Eis im Kübel war geschmolzen. Er ließ das Wasser ab, trocknete seinen Körper und ging zu dem schmalen Schrank, in dem sich frische Wäsche befand. Freizeitkleidung lag und hing ebenfalls bereit. Es war wirklich alles perfekt ausgeklügelt.
Aber was nutzte ihm all die Perfektion, wenn andere Kräfte eingriffen? Wenn er plötzlich aus dem Unsichtbaren attackiert wurde und all das in Frage gestellt wurde, was er hier geschaffen hatte. Waren die Unsichtbaren erschienen, um zu beweisen, dass sie ihn unter Kontrolle hielten?
Er zog sich an.
Ein buntes Hemd aus dickem Cord, dazu die grauen Jeans. Er schlüpfte in weiche Schuhe aus Ziegenleder, kämmte sein nasses Haar.
Dann starrte er auf die Tür.
Noch immer stand sie offen. Sie hatte sich überhaupt nicht bewegt. Seine Fantasie begann zu spielen. Vergleiche schossen dem Schriftsteller durch den Kopf. Für ihn war die Tür plötzlich das halb geöffnete Maul eines Ungeheuers, das darauf lauerte, die Beute endlich schnappen zu können. Eine Beute wie er.
Wie lange Dark da gestanden und überlegt hatte, konnte er nicht sagen. Irgendwann jedenfalls drehte er sich um, ging zum Fenster und öffnete es.
Im ersten Moment erschrak er. Der Nebel war noch dichter geworden. Wie ein graues, sich bewegendes Meer lag er über der Landschaft und deckte sie zu, damit nur niemand sehen konnte, was er verbarg.
Das große alte Haus war zu einem Nichts degradiert worden. Es trieb im Meer der Zeit dahin, es war sich selbst oder anderen Kräften überlassen worden, die es in ihre Gewalt gebracht hatten.
Er schloss das Fenster wieder.
Die alte Angst war zwar nicht zurückgekehrt, doch er spürte, wie sein Herz klopfte. Das war nicht normal, selbst der Nebel kam ihm künstlich vor, weil er so dicht war. Dabei lag die Themse nicht allzu weit entfernt, und sie war es schließlich, die den Nebel hervorbrachte.
»Du spinnst«, flüsterte er, »verdammt noch mal, du spinnst! Dein Roman ›Nebelgeister‹ hat dich so fertig gemacht, dass du an nichts anderes mehr denken kannst.«
Er ging wieder zurück. Diesmal bis zur Tür, vor der er trotzdem noch stehen blieb.
War jemand im Schlafzimmer?
Er lauschte, er konzentrierte sich, aber da war nichts zu hören. Keine Schritte, kein Atem, gar nichts.
Leer?
Mit einem heftigen Ruck riss er die Tür auf, schaute in das Zimmer hinein - und lachte.
Ja, er lachte aus vollem Herzen. Er brüllte, er schlug sich dabei auf die Schenkel, und all dies schoss aus ihm hervor wie die ganz große Erleichterung.
Geschafft, er hatte alles überwunden.
Dennoch durchquerte er den Raum mit etwas zögernden Schritten, wartete, bis er die Tür zum Gang aufzog, tat es dann behutsam und schaute in den breiten Flur.
Da war nichts zu sehen.
Leer, so wunderbar leer. Kein Monster, das auf ihn lauerte. Es war völlig normal.
»Mach dich nur nicht verrückt«, murmelte er auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer. »Halte durch. Du brauchst nicht irre zu werden, du brauchst auch keinen Psychiater.« Bei der letzten Feststellung war er sich nicht so sicher.
Es war niemand da. Keine von seinen Figuren, von seinen Monstern. »In mir die Hölle«. Wieder fiel ihm der Titel dieses Buches ein, der wohl bahnbrechend gewesen war.
Steckte die Hölle tatsächlich in ihm?
Er konnte es nicht glauben. Wenn ja, dann war es nichts anderes als Einbildung.
Er fühlte sich plötzlich wohl. Das große Arbeitszimmer mit den hohen Regalen aus dunklem Holz strahlte eine gewisse Behaglichkeit und Geborgenheit aus.
Selbst die Schreibmaschine gehörte dazu. Sie bestand noch aus Metall, da konnte er seinen Emotionen freien Lauf lassen und mal auf die Maschine schlagen. Die nahm es ihm nicht übel.
Andere Kollegen schrieben auf Textcomputern. Das war nicht seine Welt, und die Romane wurden davon auch nicht besser, wie er fand.
Der Schreibtisch, aus Holz und schon sehr alt, kam ihm vor wie eine Kommandozentrale. Er
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