0723 - Kobold-Attacke
und Zamorras Vorfahren, vermutete das Koboldmädchen, schritt an der Galerie entlang und sah schließlich ein Bild, das sie verblüffte.
Es zeigte einen dicken, rotbärtigen Mann in grünem Wams und rotem Umhang vor einer Burg, über der ein Drache kreiste. Das Bild war wesentlich moderner gemalt als die anderen. War das auch einer von Zamorras Vorfahren? Wenn ja, dann musste es erst in jüngster Zeit angefertigt und zwischen den anderen Bildern eingereiht worden sein.
Der Mann gefiel ihr. Sie hätte ihn gern einmal kennen gelernt. Wenn sie in Erfahrung bringen konnte, wann der gelebt hatte wäre es mittels der Regenbogenblumen keine Schwierigkeit, in seine Zeit zu reisen und ihm zu begegnen…
Aber noch ehe sie den Gedankenflug beendete, sah sie etwas Erschreckendes.
Einen Drachen.
Einen Jungdrachen, um genau zu sein, aber spielte das eine Rolle? Diese mörderischen, heimtückischen, bösartigen, wilden… und so weiter… Bestien waren doch alle gleich, ob sie nun jung oder alt waren!
Zamorra hatte also nicht geschwindelt. Es gab tatsächlich einen Drachen hier!
Er verließ gerade eines der Zimmer und tappte auf seinen kurzen Beinen in den Korridor. Er war unglaublich fett - gerade so, als habe er soeben ein ganzes Dutzend Kobolde verspeist -, hatte noch unterentwickelte Flügel, aber ein überentwickeltes Krokodilmaul mit großen Telleraugen, und zog einen mäßig langen Schweif hinter sich her.
»Ha!«, schrie Ixi. »Untier, entsetzliches! Mich wirst du nicht fressen!« Sie ließ eine Reihe von Zaubersprüchen folgen. Völlig überrascht spie der Drache Feuer, das die Zaubersprüche verbrannte.
»He!«, sagte er. »Was soll denn das? Wer bist du, und warum greifst du mich an?«
»Ho! Garstiges Biest, weiche von mir!« schrie Ixi. »Geh weg, sofort! Husch!« Und wieder brachte sie einen Zauberspruch hervor, der dem grünschuppigen Jungdrachen den Boden unter den Füßen wegzog - im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der Teppich, auf dem der Drache stand, geriet mit heftigem Ruck in schnelle Bewegung und ließ das krokodilköpfige Ungeheuer stürzen.
»Das ist aber gar nicht nett von dir!«, klagte es. »Dabei hast du dich mir noch nicht mal vorgestellt!«
»Muss ich ja auch nicht!« Und mit einem weiteren Zauber wickelte sie ihn komplett in den Teppich ein, nur hatte sie dabei übersehen, dass sie ebenfalls auf diesem stand und mitgerissen wurde. Unversehens fand sie sich, eingehüllt in den Teppich, unmittelbar vor dem Krokodilmaul des Drachen wieder.
»Igitt!« Sie gab ihm mit der flachen Hand - ihr linker Arm war alles, was sie noch bewegen konnte - eins auf die Nüstern. »Du sollst Weggehen, habe ich gesagt! Hau ab, Bestie! Mistviech! Ungeheuer! Drache!«
»Ich würde ja gerne, aber ich kann nicht«, ächzte der. »Du hinderst mich daran!«
» Iiiiiich ? Bist du irre?«
Butler William betrat den Korridor und erstarrte. Einige Sekunden lang betrachtete er eingehend das abstruse Szenario, dann holte er tief Luft und…
»Mister MacFooU Was soll das? Hast du jetzt endgültig den Verstand verloren?«
Das Koboldmädchen schleuderte mit einem Zauberspruch den Teppich wieder auseinander. Der breite, gut zehn Meter lange Läufer entfaltete sich mit elementarem Schwung, riss drei der Bilder von der Wand, den Butler von den Beinen und ließ einen zwischen zwei Fenstern an der Wand stehenden Blumenkübel samt Inhalt umkippen. Pflanze, vom letzten Gießen gut durchfeuchtete Erde und Tonscherben verteilten sich mehr oder weniger dekorativ in der näheren Umgebung.
Deiweil flitzte Ixi über den Korridor, entdeckte in einem Bild einen gemalten Regenbogen - und sprang in das Bild hinein, um mittels dieses Regenbogens in Koboldland zurückzukehren…
***
Zamorra, Nicole und Ted eilten die Treppe hinauf - und sahen das Chaos, das Ixi zurück gelassen hatte. William hier und der Drache dort rappelten sich gerade auf, der Teppich wellte sich halb auf dem Boden und halb an der Wand entlang.
»Mister MacFool!«, donnerte William erneut.
»Ich wars nicht!«, beteuerte der Jungdrache. »Ehrlich, ich wars wirklich nicht! Das war sie! Diese Verrückte, die…«
»Der Einzige, der hier verrückt ist, bist du, MacFool!«, tadelte William. »Das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit, sich mit so einem dummen Spruch rausreden zu wollen…«
»Warten Sie, William«, unterbrach ihn Zamorra. »Vielleicht ist er ja wirklich unschuldig.«
»Danke, Chef!«, hauchte der Drache. »Ich glaube, du rettest gerade mein
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