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0724 - Vampirträume

0724 - Vampirträume

Titel: 0724 - Vampirträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Befehl.
    Die Antwort kam ohne Zögern. Ich höre und gehorche, Herr.
    Das solltest du auch. Er konzentrierte sich auf den Anblick des Strandes. Geh mit deiner Armee dorthin und töte die Tulis-Yon.
    Ja, Herr.
    Baal öffnete die Augen. Der Ausgang des Kampfes zwischen den beiden Völkern war uninteressant, aber solange die Tulis-Yon beschäftigt waren, konnten sie ihrem Herrn nicht zu Hilfe eilen. Mehr verlangte er nicht.
    Mit langen Schritten ging er auf die Höhle zu.
    »Und nun zu dir, Kuang-shi«, flüsterte Baal.
    ***
    Youwei hatte geglaubt, der Tag ginge nie zu Ende. Tsa Mo Ra war zwar sehr höflich und umsichtig, aber den Befehlen seines Herrn konnte auch er sich nicht widersetzen. Am Mittag bereits waren sie wieder in den Palast gegangen, hatten Karten der Reiche studiert und über die Geschichte des Landes gesprochen. Erst lange nach Einbruch der Dunkelheit waren sie zurückgekehrt und jetzt, nach einem leichten Mahl und einem langen Bad, lag Youwei endlich auf seinen Laken und wartete darauf, dass im Haus Stille einkehrte.
    Die meisten Diener waren bereits zu Bett gegangen, aber bei einigen kurzen Spaziergängen, die ihn nah ans Herrenhaus gebracht hatten, war Youwei aufgefallen, dass dort noch immer Licht brannte. Nur die Silhouetten hinter den Papierwänden konnte er mit seinen schlechten Augen nicht erkennen.
    Den ganzen Morgen hatte er an seinem Plan gearbeitet. Drei Roben aus feinster Seide trug er übereinander, um einen Bauern nach Verlassen der Stadt zu bestechen. Jede einzelne war mehr wert, als die Familie eines solchen Mannes in fünf Jahren verdiente.
    Ob Mensch oder Vampir, dachte er. Kein Bauer kann sich soviel Geld entgehen lassen.
    Mit Hilfe des Bauern würde er in die nächste Stadt gelangen und von da aus irgendwie nach Wuchang. Wichtig war nur, dass niemand seine Behinderung bemerkte, bis er in die Zivilisation zurückgekehrt war. Seine natürliche Autorität würde den Bauern einschüchtern, solange der nicht erkannte, wie hilflos sein neuer Herr war. Youwei schätzte, dass sie mindestens fünf Tage bis zur nächsten Stadt benötigten. Er hoffte, dass seine Augen ihm diesen letzten Gefallen erwiesen.
    Draußen läutete der Nachtwächter die Stunde des Büffels ein. [7]
    Youwei erhob sich von seinem Lager und zog vorsichtig die Tür auf. Bei seinen vorherigen Rundgängen hatte er keine Soldaten im Innenhof bemerkt, und auch jetzt schien alles ruhig zu sein. Langsam tastete er sich in die Dunkelheit vor. Das Rascheln der Roben erschien ihm laut, aber niemand stoppte ihn. Seine Finger ertasteten eine Papierwand, die zum Herrenhaus gehören musste. Er ging daran entlang, fand eine Tür und zog sie auf.
    Im Inneren war es ebenso dunkel wie draußen. Youwei tastete sich auf Händen und Knien durch den Raum und schlüpfte durch eine weitere Tür. Desorientiert blieb er sitzen, als er die Holzdielen unter seinen Fingern spürte. Eigentlich hatte er geglaubt, den Aufbau des Hauses im Kopf zu haben, aber seinen Berechnungen nach hätte hier die Außentreppe beginnen müssen. War er etwa in die falsche Richtung gegangen?
    Youwei fluchte stumm und kroch weiter. Der Raum schien kein Ende zu nehmen, doch dann fand er zu seiner Erleichterung eine Tür. Einen Moment horchte er, dann zog er sie auf und kroch hinein.
    Seine Augen hatten sich inzwischen soweit an die Dunkelheit gewöhnt, dass er ein paar Schritte weit sehen konnte. Der Raum war mit weichen Bastmatten ausgelegt und roch nach Duftölen. Auf einem niedrigen Tisch lagen einige Schriftrollen. Ein Tintenfass stand daneben.
    Ich bin auf der falschen Seite des Hauses, erkannte er plötzlich. Das ist Tsa Mo Ras Privattrakt.
    Youwei kroch zur nächsten Tür. Dieser Irrtum konnte sich als Glücksfall herausstellen, denn auch Privattrakte verfügten über Ausgänge, die zumeist weniger auffällig waren, damit der Herr des Hauses ohne neugierige Blicke ein und ausgehen konnte. Diesen Ausgang musste er nur finden.
    Der Raum, den er jetzt erreichte, schien leer zu sein. Zumindest sah Youwei in seinem Sichtfeld keine Gegenstände. Erleichtert kroch er weiter. Sein Herz schlug so laut, dass er das Geräusch erst hörte, als er bereits in der Mitte des Zimmers war.
    Jemand atmete.
    Youwei blieb sitzen. Schweiß lief ihm über die Stirn. Das Atmen klang unregelmäßig, wie bei einer Person, die in Begriff ist aufzuwachen. Er tastete nach seinem Dolch, zog ihn langsam unter den Roben hervor.
    Der Atem verstummte.
    »Was…«, sagte eine schlaftrunkene

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