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0724 - Vampirträume

0724 - Vampirträume

Titel: 0724 - Vampirträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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das Gesicht.
    Neben ihm hob Li das Schwert, wohl wissend, dass der Moment der Entscheidung gekommen war. Der lebende Schutzwall zitterte unter der Anspannung. Youwei roch Schweiß und hörte geflüsterte Flüche. Er blickte zwischen den Rücken seiner Männer hindurch in die Augen des Soldaten, die ihn mit kühler Arroganz musterten.
    Dann ging alles sehr schnell…
    ***
    Im Nachhinein, als Youweis Robe schwer von Blut war und er mit gefesselten Händen der fremden Stadt entgegenschritt, verglich er die Bewegungen des Soldaten mit dem Flügelschlag eines Kolibris.
    Einen Lidschlag noch hatten seine Leute fest und stark vor ihm gestanden, dann lagen sie auch schon aufgeschlitzt und tot am Boden. In seiner Erinnerung sah Youwei den Soldaten zwischen ihren Leichen hocken, die Lippen zurückgezogen, die langen Fangzähne blutverschmiert.
    Er war ein Vampir.
    Sie alle waren Vampire.
    ***
    »Hier lang.«
    »Vorsicht.«
    »Pass doch auf.«
    Die geflüsterten Worte wiesen Hope den Weg. Gemeinsam mit vier anderen Junkies lief sie durch dunkle Gassen, vorbei an kaputten Straßenlampen und zerstörten Telefonzellen. Ihr Ziel hieß Whedons Auto Parts, ein Schrottplatz, auf dem fast nie gearbeitet wurde und der vermutlich als Geldwaschanlage der Mafia diente.
    Im Winter übernachtete Hope oft in den Führerhäusern ausgeschlachteter Trucks oder auf den Rücksitzen alter Limousinen. Die Enge und der Geruch verschimmelter Stoffe gaben ihr ein merkwürdiges Gefühl der Geborgenheit, nach dem sie auch jetzt wieder suchte. Ihre Finger tasteten nach dem Zwanzig-Dollar-Schein, den Detective Rutherford ihr gegeben hatte. Gerade drei Stunden waren vergangen, seit sie einen Cocktail aus Schlaftabletten und Beruhigungsmitteln zu sich genommen hatte, aber die Wirkung ließ bereits nach. Sie brauchte dringend Nachschub.
    Hope blieb atemlos vor dem Zaun des Schrottplatzes stehen. Er reichte nicht sonderlich hoch, und der Stacheldraht, der an seiner Krone entlang verlief, war voller Lücken. Richie, mit seinen siebzehn Jahren der Älteste in der Gruppe, hievte sich mit einem Klimmzug daran hoch und landete stolpernd auf der anderen Seite. Mel, Chrissie und Amber folgten, dann überwand auch Hope das Hindernis. Ihre Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt und die Orientierung fiel ihr leicht.
    Sie ergriff Ambers Hand und zog sie auf einen der Schrottberge zu, die rechts und links des breiten Wegs aufragten. Karosserien stapelten sich dort, ausgeschlachtete und grotesk verbogene Metallskelette, die man in eine neue Form gepresst hatte. Dahinter wurden die noch nicht verarbeiteten Autos gelagert. Hope hatte den Schrottplatz vor zwei Jahren entdeckt, und seitdem hatte sich das Bild nicht verändert. Zielsicher kroch sie durch die fehlende Beifahrertür eines Chevys und über einen ausgebrannten VW Beetle hinweg, immer tiefer ins Innere des Berges. Dann endlich schob sie sich in das Führerhaus eines Trucks und rutschte auf den Fahrersitz. Die anderen folgten ihr.
    »Das ist ein geiles Versteck«, sagte Richie, während Hope eine Kerze aus ihrer Jacke zog und sie anzündete. »Wie bist du nur darauf gekommen?«
    »Dad hat mal auf einem Schrottplatz gearbeitet. Früher haben meine Schwester und ich dort Verstecken gespielt.«
    Früher, das sagte Hope immer, wenn sie die Zeit vor dem Tag meinte, an dem ihr Vater zum ersten Mal nachts vor dem Bett gestanden und unter die Decke gegriffen hatte. Früher war ein mystischer Ort, ein Zustand der Glückseligkeit, den sie heute nur noch erreichte, wenn sie den scharfen Schmerz der Nadel in ihrem Arm spürte.
    »Hast du was dabei?«, wandte sich Hope an Mel.
    »Klar hab ich was dabei. Wie siehts mit Kohle aus?«
    Mel hatte das Gesicht und den Charakter einer Ratte, aber jeder tolerierte ihn, weil er nie auf dem Trockenen saß.
    Hope zog die Zwanzig-Dollar-Note hervor und hielt sie ins Licht der Kerze. »Reicht das?«
    Der Geldschein wurde ihr aus den Fingern gerissen und durch ein gefaltetes Stück Papier ersetzt. Sie erkannte sofort, dass das nicht genug war.
    »Dafür willst du zwanzig Dollar haben? Du spinnst wohl!«
    Chrissie beugte sich vor. »Sie hat Recht, das ist zu wenig.«
    »Ist ein freies Land«, sagte Mel. »Wenn du es nicht willst, gibs mir einfach zurück. Kannst dir ja was bei Johnny besorgen, aber dafür musst du natürlich raus aus diesem netten Versteck.«
    Er grinste. »Und wer weiß, was da draußen auf dich lauert.«
    Hope senkte den Kopf, wissend, dass Mel ihre Angst

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