0728 - Lichter der Verdammnis
hier?«
»Na schön, Ombre.« Zamorra fand diese Form der Geheimniskrämerei etwas übertrieben. In der Unterwelt- und Halbwelt-Szene von Baton Rouge mochte die Tarnung ihre Berechtigung haben. Da wusste praktisch niemand, wer der ›Schatten‹ wirklich war. So schützte Cascal sich vor Feinden und vermeintlichen Freunden. Aber hier, in einer völlig fremden Umgebung…?
»Ich weiß nicht, wo wir gestrandet sind«, sagte Zamorra und erzählte Cascal, was sich bislang abgespielt hatte.
Der wunderte sich. »Kopfschmerzen? Spüre ich nicht, oder - ja, ein wenig, aber das habe ich auch, wenn ich mir eine Erkältung einfange.«
»Und wie bist du hier reingekommen?«, fragte Zamorra, dem die bedrückende Ausstrahlung mehr als zuvor zu schaffen machte. Dieses Licht der Verdammnis war für ihn eine Katastrophe.
»Ich wollte hierher«, sagte Yves. »Ich habe mich darauf konzentriert, dass ich hierher muss, und das hat wohl geklappt. Ich nehme an, bei dir war es vorher genauso.«
»Etwa so«, sagte Zamorra. »Ich war mir selbst nicht ganz sicher, ob es klappte. Aber es hat funktioniert. Nur den Weg zurück oder den weiter habe ich nicht mehr gefunden. Diese Kopfschmerzen machen mich allmählich verrückt.«
»Dann probieren wir doch einfach mal, ob es reicht, hier weg zu wollen«, schlug Cascal vor. »Wir konzentrieren uns darauf, nach Baton Rouge, beziehungsweise zu dem Rattenloch zwischen den beiden Häusern, zu kommen… das müsste doch funktionieren.«
»Wir sollten etwas anderes ausprobieren«, sagte Zamorra. »Nämlich, mit eben dieser Methode der Ratte zu folgen.«
»Du bist wahnsinnig«, behauptete Cascal. »Du weißt nicht, ob und wie es zurück geht, aber du stürmst weiter vorwärts! Das ist Leichtsinn, das ist Schwachsinn!«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Der Ratte folgen, heißt, ans Ziel gelangen. Und dort lässt sich auch jede Blockade ausschalten. Vertrau mir. Wir können nur vorwärts.«
Cascal winkte ab.
»Jetzt stecke ich schon mal mit dir zusammen… Also gut, folgen wir der Ratte. Du hast ihre Spur?«
»Nein. Aber wir versuchen es mit der gleichen Methode, durch die wir beide hierher gelangt sind. Wir konzentrieren uns darauf, dass wir die Ratte finden müssen.«
Yves nickte.
Und sie versuchten es…
***
Seneca starrte das Mädchen an, dann den Fellfetzen. Die Dunkelhaarige krümmte sich und wimmerte.
Ich habs geahnt, dachte er. Aber erst jetzt war er in der Lage, seine Vermutung zu formulieren, die vorher kaum mehr als ein vages Gefühl gewesen war.
Das vermeintliche Kleid war kein Kleid, sondern tatsächlich das Fell des Mädchens… Hier Fell, da Haut - die Transmutation schien nicht so recht gelungen zu sein.
»Du bist kein Mensch - du bist eine Ratte«, murmelte er. »Eine, die man zum Menschen machen wollte.«
Er bestimmt, was ich bin…
Calderone hatte versucht, aus einer Ratte einen Menschen zu machen! Nur schien es mit seiner magischen Kunst noch nicht sehr weit her zu sein. Der Versuch war nicht ganz gelungen. Gut genug, um für eine Weile täuschen zu können, aber nicht auf Dauer!
»Du perfider Lumpenhund!«, murmelte Seneca wütend. Calderone hatte ihm das Mädchen zur Verfügung gestellt. Und um ein Haar wäre Seneca darauf hereingefallen! Wenn er mit dem »Mädchen« geschlafen hätte, wie es Calderone vermutlich annahm, hätte er es in Wirklichkeit mit einer Ratte getan!
Angewidert ließ er das losgerissene Stück Fell fallen.
»Ich habe dir doch nichts getan«, wimmerte das Rattenmädchen. »Warum tust du mir weh? Bitte, töte mich nicht…«
Sie musste den grenzenlosen Zorn, die diabolische Wut in seinen Augen gesehen haben, und hatte sie auf sich selbst bezogen. In Wirklichkeit richtete sich diese Wut und sein ganzer Abscheu auf Calderone.
»Ich… ich möchte doch nur Mensch sein, nicht mehr das, was ich vorher war… Du hast mich verletzt. Er wird denken, ich hätte dich verärgert… Er wird mir das Menschsein wieder nehmen…« Sie weinte verzweifelt.
Können Ratten weinen?
War nicht doch etwas Menschliches in ihr, das über die äußere Gestalt hinwegging?
»Ich werde dir nichts mehr tun«, sagte Seneca rau. »Ich werde dich nicht noch einmal verletzen, jetzt, da ich weiß, was du wirklich bist.«
Aber ich werde mir diesen Lumpen Calderone vornehmen! Möge LUZIFER ihm gnädig sein!
***
Inzwischen langweilte sich Roger Brack und überlegte, ob er nicht ein Taxi rufen und heimfahren sollte. Hier konnte er doch nicht viel tun. Für magische Dinge
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