073 - Das Alraunenmädchen
Ich schwöre bei Gott und der Bibel!"
Der Magere und sein Kumpan guckten wie unter Peitschenhieben zusammen. Der Magere spuckte angewidert aus, und der Breite stieß eine Reihe lästerlicher Verwünschungen aus.
Der dünne Besessene zielte mit der Doppelläufigen auf den Gefangenen. .,Wage es bloß nicht, Ihn noch mal zu nennen! Sonst schieße ich deinen Kopf zu Brei."
„Erbarmen!" stieß der Bauer hervor.“
„Wo sind die beiden Zwerge?"
„Ich habe keine Ahnung."
.,Aber wir wittern, daß sie in deiner elenden Kate stecken. Der, dem wir untertan sind, vermag mehr als jeder Sterbliche. Er lenkt uns, weiß alles, sieht alles."
Er hätte wohl noch mehr Qualifikationen des schrecklichen zottigen Dämons aufgezählt, wenn nicht in diesem Moment die beiden anderen Besessenen wieder aufgetaucht wären. Sie trieben drei jammernde Menschen vor sich her: die beiden Frauen und den Greis.
Der Alte vermochte kaum zu laufen und zitterte am ganzen Leib. Dem Mädchen ging es nicht viel besser. Es war mit einem weißen Nachthemd bekleidet, aber das hing nur noch in Fetzen an ihrem Körper, denn der Bucklige hastete neben ihr her und zerrte immer wieder daran, so daß breite Streifen Stoff abgerissen wurden und zu Boden fielen.
Die Frau des Bauern eilte in groben Rock und bunter Bluse auf ihren Mann zu. Sie hatte sich noch nicht auf die Nachtruhe vorbereitet, war wohl noch mit Küchenarbeiten beschäftigt gewesen, als die Schrecklichen in das Haus einbrachen.
„Miguel!" rief sie. „Miguel, o heilige Mutter Maria, was haben sie nur mit dir gemacht?"
Der Magere zog den Kopf ein, wie ein Geier, der sich auf seine Beute stürzen wollte. „Spanier! Sag ihr, sie soll so einen Namen nicht noch mal benutzen! Ich kann's nicht leiden."
Die Frau stand nun neben ihrem Mann. Mit zornigen, blitzenden Augen blickte sie die Besessenen an, einen nach dem anderen. Dann stemmte sie die Fäuste in die Seiten. Ihre Tochter, der Greis und auch Miguel, der Bauer, stöhnten und klagten, aber sie bewies großen Mut.
„So! Diener des Bösen seid ihr also! Santa Maria, Dios potente - heilige Maria und allmächtiger Herr im Himmel, steht uns bei gegen diese Ausgeburt der Hölle!"
Der Magere fluchte und zielte mit der doppelläufigen Flinte auf ihre dralle Gestalt. Der Bucklige riß dem gutgewachsenen Mädchen die letzten Stoffetzen vom Leib, bis sie nackt dastand.
In diesem Augenblick schob Don Chapman Dula zur Seite, krabbelte aus dem Loch in der Stallmauer und hastete auf die Gruppe zu.
„Halt!" rief er. „Laßt die Leute in Ruhe! Sie sind unschuldig. Ich stelle mich freiwillig."
Miguel, der Bauer, guckte den Puppenmann ungläubig an und murmelte unverständliches Zeug. Seine Frau gab einen Laut der Verblüffung von sich und ließ die Arme baumeln. Das Mädchen kreischte auf. Mit einer zitternden Bewegung seiner rechten Hand bekreuzigte sich der Alte.
„Da ist Galtxagorri!" brüllte der Magere.
„Was hat er gesagt?" wollte der Ledergesichtige wissen.
„Das ist doch egal", meinte der Kerl mit dem einen Ohr. „Los, packen wir ihn!"
Don ließ es sich gefallen, daß der Breitschultrige ihn aufhob und sich genüßlich vors Gesicht hielt. Der Kerl drückte immer mehr zu und tat so, als wollte er ihn zerquetschen.
„Ich mache dich kaputt", zischelte er. „Ich mache dich zu Brei."
Der Magere stieß einen warnenden Ruf aus. „Hör auf! Er gehört dem Blauen Torto. Der soll ihm den Hals umdrehen."
Dula erschien nun ebenfalls auf der Bildfläche. Sie lief auf die Besessenen zu. Der Breitschultrige klaubte sie mit seiner anderen Hand auf und lachte glucksend. „Soll ich euch die Schädel einhauen, ihr Mißgeburten?"
„Laß!" sagte der Ledergesichtige. „Sei doch nicht töricht!"
Das Mädchen kreischte wieder, weil der Bucklige es inzwischen zu Soden geworfen hatte und mit gierigem Ausdruck über ihr kniete. Der Magere ging aber hin und trat ihm mit dem Schuh gegen den Buckel. Wie ein Tier heulte der Verwachsene auf. Er ließ von der Kleinen ab und humpelte devot vor dem Wortführer her.
Der Magere wandte sich nun wieder an Miguel, den Schafbauern.
Dula übersetzte dem Puppenmann die Worte.
„Pack dich, Spanier! Du auch, Weib! Verschwindet alle im Haus und laßt euch nicht wieder blicken, sonst prügeln wir euch doch noch tot!"
Worauf die vier Menschen nichts Eiligeres zu tun hatten, als sich aufzurappeln, umzudrehen und in panischer Hast zur Vorderseite des Steinhauses zu laufen. Eine Tür wurde krachend ins Schloß
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