073 - Das Alraunenmädchen
in sein Blickfeld rückte und zornig auf die vier Kerle zusteuerte. Ein großer Mann von athletischer Statur, ein harter Mann, der den Tücken der Natur zu trotzen wußte und jedem entgegentrat, der das friedliche Dasein seiner Familie zu stören drohte.
Er war mit einer doppelläufigen Schrotflinte bewaffnet. Es knackte, als er die Hähne spannte.
Er herrschte die vier Kerle an, ließ einen Schwall wild ausgestoßener Worte auf sich herabprasseln. Zum Schluß machte er wieder eine Äußerung, die Don verstand: „Vayase al diablo! Geht zum Teufel!"
Die Besessenen wollten sich ausschütten vor Lachen. Der Ledergesichtige trat vor. Don konnte im fahlen Licht der wieder zwischen den Wolken hervorgeglittenen Mondsichel erkennen, wie seine Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten, wie ein verächtliches Grinsen um seine Lippen spielte. Dula schluckte erregt, dann lieferte sie dem Puppenmann die Übersetzung.
„Er ist ein verdammter Spanier", schrie der Ledergesichtige, „ein Castellano. Und er will uns Basken dorthin schicken, woher wir geradewegs herkommen. Hüte dich, Bauer! Wir reißen dir den Kopf vom Leib, wenn du nicht freundlicher wirst. Es wird ein Fluch über deine ganze Familie kommen, denn hinter uns steht die Macht der Finsternis."
Der Spanier trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Hastig legte er die Flinte an. Er bediente sich nun auch der baskischen Sprache. Dula teilte Don weiter wispernd mit, was er antwortete.
„Solche seid ihr! Diener des Satans. Ausgestoßene. Bestien. Wie viele habt ihr schon auf dem Gewissen?"
„Viele", sagte der Bucklige schrill.
„Fort! Packt euch! Ich will nichts mit euch zu tun haben!"
„Närrischer Hundesohn!" gab der Magere zurück.
„Satan!" stieß der Breitschultrige immer wieder hervor. „Satan, Satan!"
Die Stimmen der Männer vereinten sich zu einem gellenden Wortgefecht. Dula hatte Mühe, alles zu übersetzen. Doch Donald Chapman benötigte keine Interpretation mehr. Die Fakten sprachen für sich.
Der Bauer traf wirklich Anstalten, auf die Kerle zu schießen. Er hatte sich aber zu sehr auf den Mageren und den Breiten mit einem Ohr konzentriert. Der Bucklige hielt, sich nach wie vor im Hintergrund. Der Ledergesichtige jedoch, scheinbar eingeschüchtert, hatte sich ein Stück auf die Seite geschlichen. Nun näherte er sich dem Bauern schräg von hinten, hob seinen Knüppel und schnitt eine haßerfüllte Grimasse.
Don schickte sich an, ins Freie zu kriechen. Er wollte schreien und den Spanier warnen, aber Dula zog an seiner Kleidung, flehte ihn an: „Nicht, Don! Sie werden uns grausam zerstückeln."
„Dich nicht, Dula."
„So selbstlos kannst du doch nicht sein!"
Es war zu spät. Der Ledergesichtige schlug zu, und der Bauer schrie vor Schmerz und Überraschung auf. Mit seinem Stock hatte der Besessene auf die Hände des Schafbauern geschlagen. Dieser ließ seine Waffe zu Boden fallen. Die drei anderen sprangen nun vor. Der Ledergesichtige schlug noch einmal zu, diesmal gegen den Kopf des Gegners.
Stöhnend ging der Bauer zu Boden und krümmte sich neben seinem Gewehr. Der Einohrige trat auf seine Hand, damit er ja nicht wieder nach der Doppelläufigen griff. Der Magere bückte sich danach, und der Bucklige steuerte kichernd auf die Hausecke zu. Der Kerl mit der lederartigen Haut folgte ihm.
Der Magere richtete das Gewehr auf den Bauern. Er trat zwei Schritte zurück und ließ zunächst dem Breiten den Vorsprung. Dieser prügelte mit seinem Knüppel auf den Spanier ein. Der bemitleidenswerte Mann deckte keuchend den Kopf mit den Händen ab.
Der Magere bedeutete dem Einohrigen mit einer knappen Handbewegung, die Züchtigung zu unterbrechen.
„Du Bastard!" rief er den Spanier an. Seine Stimme klang gefährlich. ,.Hör mir gut zu! Wir suchen zwei Zwerge. Ja, du hast schon richtig verstanden. Brauchst mich nicht so dämlich anzustarren.
Zwei verdammte Zwerge, die uns entwischt sind. Sie sind so groß." Er bückte sich ein wenig und hielt die flache Linke etwa einen Fuß über den Boden. „So ungefähr. Du mußt sie gesehen haben." „Nein", entgegnete der Bauer.
„Er lügt!" schrie der Einohrige.
„Wir folgen ihnen seit Stunden", versetzte der Magere. „Und wir wissen, daß sie hier sind." Er gab dem anderen wieder einen Wink, und der versetzte dem Bauern einen Tritt in die Seite und zwang ihn, sich trotz seiner großen Schmerzen aufzusetzen.
„Woher wollt ihr das wissen?" fragte der Mann verzweifelt. „Ich habe sie nicht gesehen.
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