0731 - Die Blüten-Bestie
Abziehbild mit ausgestrecktem Arm und gezogener Waffe.
Doro war weg!
McGrath sprang in den Flur. Duckte sich, drehte sich dabei, hielt die Pistole schußbereit und stützte sein rechtes Gelenk mit der linken Hand ab.
Nichts zu sehen, nichts zu hören!
Hatte sie die Treppe genommen? Der Mann lief darauf zu. Erst jetzt machte er Licht. Helligkeit flutete durch den Flur. Nichts war von ihr zu sehen, aber sie hatte Spuren hinterlassen: dunkle Flecke, die aussahen wie Blut. McGrath kam die nach alten Pflanzen stinkende Flüssigkeit in den Sinn, die aus ihrem Mund getropft war. Damit hatte er auch eine Erklärung für die Flecken und brauchte der Spur nur nachzugehen, um den Fluchtweg herauszufinden.
Sie führte ihn den Weg zurück und bis zu dem Balkonfenster, dessen Rollo nicht ganz geschlossen war. McGrath hätte sich selbst in den Hintern treten können. Eine derartige Nachlässigkeit war einfach nicht zu verantworten. Ein schlanker Mensch konnte sich ohne große Schwierigkeiten durch die Lücke schieben.
Das Band zum Hochziehen des Rollos befand sich an der rechten Seite des Fensters. McGrath zerrte daran. Er bewegte sich wie in Trance, er dachte auch nicht nach, für ihn war es nur wichtig, eine Spur von diesem Killermonstrum zu finden. Sehr deutlich hatte sich der schreckliche Anblick des Skelett-Gesichts in seine Erinnerung eingegraben. Hinter der Haut hatte er es deutlich gesehen, und das war kein Spaß gewesen, ebensowenig wie die beiden Hände, die ihn hatten erwürgen wollen.
Das Rollo schnellte hoch, stieß hart an, blieb oben, und McGrath duckte sich trotzdem, als er auf den schmalen Balkon sprang und seine Hände um das Haltegitter klammerte.
Er schaute nach unten. Zwar war auf der Rückseite des Hauses ebenfalls eine Leuchte, die aber war nicht angeschaltet, worüber er sich ärgerte, denn nun lag der Garten wie ein dunkler Teppich unter ihm. Aus ihm hervor ragte das Muster der von McGrath gepflanzten Obstbäume.
Unter ihnen sah er die Gestalt.
Sie hatte es tatsächlich geschafft, ohne eine Verletzung auf dem Boden zu landen. Dann war sie geradeaus weggelaufen, denn hinter dem Grundstück lag ebenfalls ein Garten. Von dort aus konnte sie leicht zu einer schmalen Stichstraße gelangen, die in einem Bogen zu einem Neubaugebiet führte, wo sich der weibliche Killer die Verstecke aussuchen konnte, weil sie so zahlreich waren.
George McGrath schoß trotzdem.
Er hielt seine Waffe mit beiden Händen. Er schaute auf das Mündungsfeuer, als er zweimal abdrückte.
Die Geschosse pfiffen hinter der flüchtenden Gestalt her. Sie trafen aber nicht. Wahrscheinlich hackten sie die weiche Gartenerde auf, zudem war die Flüchtende rasch aus seinem Sichtfeld verschwunden. Nicht einmal mehr die Umrisse konnte er sehen.
Dafür hörte er Stimmen.
Die Schüsse hatten die Nachbarschaft aufgeschreckt. Nebenan im Haus wurde ein Geburtstag gefeiert. Auch dort waren die Schüsse gehört worden. McGrath hörte die ihm sehr bekannten Stimmen seiner Nachbarn. Sie befanden sich zwar noch vorn auf der Straße, unterhielten sich aber sehr laut.
Er drehte sich um und ging in den Flur zurück. Kaum hatte er ihn betreten, als ihn die Schwäche übermannte. Er konnte nicht mehr normal gehen, sondern torkelte. Zum Glück befand sich die Wand in der Nähe, an die er sich anlehnen konnte. Frau Betty hielt ihn fest, sie schaute ihn an, sie sprach mit ihm, nur verstand er die Worte nicht.
McGrath war fertig. Auch ein jüngerer Mann als er hätte das nicht wegstecken können. In seinem Kopf verteilte sich ein ungewöhnlicher Druck, als bestünde er aus zahlreichen Messerspitzen. Der Hals schmerzte. Er fühlte sich so roh an, aber Haut war nicht abgerissen. Die Beine wollten sein Gewicht nicht mehr halten. Er bekam weiche Knie und sackte langsam zusammen.
Wäre Betty nicht bei ihm gewesen, so wäre er schwer gefallen. Sie fing den schweren Körper ab, was ihr auch nicht leichtfiel, und McGrath glitt zu Boden, wo er auch hockenblieb, die Wand als Stütze in seinem Rücken. Noch kaute er auf diesem widerlichen Blütengestank, der sich in seinem.
Hals ausgebreitet hatte. Faulige Blätter, vermoderte Blumen, die sich zu einer Duftkomposition vereinigt hatte, aus der er keinen einzelnen Geruch herausfinden konnte.
Auch seine Frau war neben ihm in die Knie gesunken. Sie hatte ihre Hände um seine Wangen gelegt. Mit ängstlichem Blick schaute sie in das Gesicht des Mannes.
»Was war los, George? Was ist passiert? Bitte, du mußt es doch
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