0731 - Seelen-Tränen
Caltar, der noch Gesicht und Ehre hat?
Da er keine Antwort auf seine selbstgestellte Frage fand, wandte er sich wieder Kroan zu.
»Und wie willst du weiter Vorgehen?«
Der Anführer bleckte seine breiten gelben Zähne.
»Wir wissen, dass die Tränen hier in der Nähe sein müssen. Also suchen wir sie solange, bis wir sie gefunden haben.«
In der Zwischenzeit hatten die Gefährten die mitgebrachten Parafallen aktiviert. Diese würden anzeigen, wenn in der näheren Umgebung magische Kräfte wirkten. Außerdem konnten sie auch die Nähe von D'Halas Seelen-Tränen spüren.
Während An'dean zusah, wie die mächtigsten Hilfsmittel gegen magische Beeinflussung davonflogen, stimmte Kroan seinen Trupp darauf ein, nach Nordosten zu gehen…
***
Zamorra hatte das Château in Rekordzeit wieder erreicht. Er wurde schon von Nicole Duval und Butler William erwartet.
Er schloss seine Gefährtin in die Arme. Auf dem Weg in sein Arbeitszimmer ließ er sich die Geschichte noch einmal erzählen.
»Eine Schrift?«, fragte er ungläubig. »Einfach so?«
»Als wäre sie mit einem Flammenfüller geschrieben worden«, bekräftigte Nicole.
»Flammenfüller?« Zamorra zog die Augenbrauen hoch. Darunter konnte er sich nichts vorstellen.
»Nun, anders kann ich es nicht erklären«, sagte Nicole. »Es sieht so sauber aus, als wäre es mit einem Füller geschrieben worden und gleichzeitig ist es keine Tinte, sondern es sind Flammen!«
Zamorra schüttelte den Kopf. Was ihm mehr Sorgen machte als Flammen, die nicht brannten, war erstens die Tatsache, dass sich der Safe nicht öffnen ließ und zweitens, dass sich ein Unbekannter eingeschlichen haben musste.
Trotz der magischen Abschirmung um Château Montagne!
Im Arbeitszimmer angekommen sah er, dass seine Partnerin Recht hatte. Auf der Safetür erschien gerade wieder die Schrift. Die Umrisse der Tür begannen wieder zu glühen.
»Was soll das bedeuten: D'Halas Seelen-Tränen?« Zamorra war ratlos.
»Ich habe schon im Computer nachgesehen, aber dort ist nichts verzeichnet«, antwortete Nicole.
Der Meister des Übersinnlichen ließ seinen Atem pfeifend entweichen.
»Der Safe ist nicht mehr zu öffnen, sagtest du? Probieren wir es noch einmal.« Bei diesen Worten aktivierte er die Code-Tastatur.
»Wenn du glaubst, dass das bei dir klappt…«, sagte Nicole schnippisch. Schließlich hatte sie mindestens zehnmal erfolglos versucht, den Safe zu öffnen.
Sie sah William spöttisch an. Der schottische Butler blickte zurück. Er hatte mitbekommen, wie sich seine Chefin umsonst abgeplagt hatte. Er selbst hatte ebenfalls schon erfolglos versucht, die Tür zu öffnen.
Das klappt nicht!, dachte William.
Dann wurden Nicoles Augen groß.
William bekam den Mund nicht mehr zu.
Und Zamorra stand da, wie vom Blitz getroffen.
Die Safetür öffnete sich!
Für genau drei Sekunden!
»Cheri, das… das gibts doch nicht!«, stieß Nicole hervor.
Zamorra war genauso perplex wie Nicole. Er hatte nicht im Ernst damit gerechnet, dass sich die Tür öffnen würde. Er wollte eigentlich nur wissen, was er dem Techniker sagen sollte, den er bestellen musste.
Im Nu waren die drei Sekunden um.
Bevor sich die Tür schloss, entkam etwas aus dem Safe. Für die Anwesenden sah es aus, als würde das in Zeitlupe geschehen.
Es wirkte wie ein drei Meter hohes Tor, das oben abgerundet war. Im Inneren dieses seltsamen Tores erschien ein Licht. Zuerst wirkte es flackernd, wie Kerzenlicht. Innerhalb von zwei Sekunden wurde es so grell, dass sie die Augen schließen mussten.
Zamorra ging auf dieses Tor zu. Dann stand er unter dem Torbogen. Er besah sich alles genau. Ein kurzer Blick zu Nicole und William. Das grelle Licht wurde wieder gedämpfter. Und dann gab es einen kaum zu beschreibenden, wunderbaren feinen Klang.
Und der Meister des Übersinnlichen war verschwunden!
***
Der blasse Mann mit den grünen Augen und der schwarzen Kleidung befand sich im Trancezustand.
Schon seit fast einer Stunde.
Er lag auf einem Sofa und lauschte telepathisch den Vorgängen in Château Montagne. Er las sie aus Williams Gedanken.
Die weißmagische Sperre, die das Château umgab, stellte für ihn kein Hindernis dar.
Er hätte zufrieden sein können, aber kein Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Seine ganze Energie hatte er für die Konzentration auf die Ereignisse in Zamorras Château aufgewendet. Schließlich sollte niemand bemerken, dass er lauschte.
Falls diese Magie gegen Zamorra gerichtet war, dann war es ihm
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