0732 - Schattenreiter
Spuk sich manchmal relativ neutral verhält, aber wenn es ihm direkt an den Kragen geht, wird er sich schon zu wehren wissen.«
»Bei mir hat es der Schatten nicht geschafft«, sagte ich und hatte damit das Thema gewechselt.
»Wieso?« Sheila und Bill sprachen wie aus einem Mund und schauten mich verständnislos an.
»Ja, in eurem Garten. Ich habe dir vorhin nicht die ganze Wahrheit gesagt, Sheila. Natürlich wollte ich Luft schnappen, das habe ich auch getan. Nur kam mir da dieser Schatten in die Quere.« Ich berichtete Einzelheiten und vergaß auch nicht, das ferne Wiehern eines Pferdes zu erwähnen.
Damit konnten die beiden Conollys nichts anfangen. Wir einigten uns schließlich darauf, daß es nicht nur Schatten, sondern auch Schattenreiter waren.
»Das macht den Fall aber nicht leichter«, sagte Sheila.
»Stimmt.«
»Bleibt es bei eurem Entschluß?« Sie schaute Bill dabei an, sah sein verlegenes Lächeln und winkte gleich ab.
»Damit es dich beruhigt, Sheila«, sagte ich. »Wir werden Suko als Aufpasser für uns beide mitnehmen.«
Sie lachte prustend. »Fragt sich nur, wer da mal wieder auf wen aufpassen muß.«
Da hatte sie irgendwo recht. Das allerdings gab ich vor ihr nicht offen zu…
***
In diesem Winter hatte es schon geschneit, und in den höheren Lagen war der Schnee auch liegengeblieben. Nach einem Wärmeeinbruch begann aber das Tauwetter, doch nicht alles war geschmolzen. Breite Reste und Streifen waren zurückgeblieben, grau in der Grundfarbe, aber immer variierend, mal heller mal dunkel wie alte Asche.
Überhaupt wirkte zu dieser Zeit die Welt in den Highlands, wie von einem düsteren Deckel übertüncht. Da trieben die Wolken wie gemächlich segelnde Ungeheuer heran. Sie bildeten auch den Nebel, der die Kälte wie mit großen Händen dem Boden entgegendrückte.
Es war Tag, dennoch wirkte die Gegend wie kurz vor Einbruch der Dämmerung. Es waren kaum Menschen unterwegs. Touristen mieden im Januar die Highlands, es sei denn, sie gehörten zu den absoluten Fans, die Schottland immer und ewig liebten, aber davon gab es leider nur sehr wenige.
Im Sommer wanderten die Rucksack-Touristen auf den einsamen Pfaden und Wegen von See zu See. Im Winter war alles anders.
Und doch gab es eine Person, die unterwegs war. Eine Frau, mit dem Namen Fabienne Stone. Sie fuhr nicht zum Spaß durch die Highlands, sondern war beruflich unterwegs.
Sie hatte lange studiert, lange auch hin und her experimentiert, bis sie schließlich einen Job gefunden hatte, bei dem sie das Gelernte mit ihren Reiseneigungen in Einklang bringen konnte.
Fabienne Stone war studierte Historikerin. Nach dem Verlassen der Uni hatte sie schnell eingesehen, daß die Türen für eine Historikerin nicht eben offen standen. Wenn sie sich näher für eine Anstellung interessiert hatte, mußte sie schnell einsehen, daß die Bezahlung nicht ihren Wünschen entsprach.
Aber Fabienne war zäh. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die schnell aufgaben. Nachdenken und kreativ sein gehörte zu ihren hervorstechenden Eigenschaften, und so hatte sie es irgendwann geschafft, bei einem bekannten Touristik-Unternehmen einen Job zu bekommen, bei dem Hobby, Arbeit und Wissen eine Symbiose eingingen.
Vielleicht war sie sogar die erste Historikerin in der Tourismus-Branche, denn sie war unterwegs, um Orte auszusuchen, die sich »ausschlachten« ließen, ohne daß der Massentourismus die historischen Stätten dabei zerstörte.
Fabienne suchte nach alten Burgen, Schlössern, Landgütern, die historisch bedeutsam waren, und forschte dann, wenn sie die Orte gefunden hatte nach, was darüber an Informationen noch vorhanden war. Da hatte sie schon manchen Fischzug gelandet, und wissensdurstige Menschen an Stellen und Orte gebracht, die kein Reiseveranstalter anbot. Sie lagen auch abseits der großen Linien, waren jedoch unter Kennern zu Geheimtips geworden. Fabienne hatte für die Firma TAHJ (Travel and History Journey) auch Geld in die Kassen gebracht. Das Geschäft lief prächtig.
Natürlich wußten auch die Chefs, welchen Goldfisch sie da an der Leine hatten. Fabiennes Gehalt hatte sich entsprechend erhöht.
Ihr machte die Arbeit Spaß. Da konnte sie suchen, forschen, Ratschläge und Tips geben, hielt sogar Kurse ab, um andere Reiseleiter einzuarbeiten, denn sie konnte nicht überall sein, um den Wissensdurst der Menschen zufriedenzustellen.
Wenn sie unterwegs war, fuhr sie ihren Jeep. Sie liebte den blau und weiß gestrichenen Wagen, der auch die
Weitere Kostenlose Bücher