0732 - Schattenreiter
als Lane ihn anrief und um ein Treffen in Bills Haus bat. Der Reporter hatte eingewilligt und Lane am späten Nachmittag empfangen.
»Das war die Geburtsstunde einer phantastischen Geschichte«, sagte er und schüttelte den Kopf, als könne er es noch nicht glauben. »Ich habe natürlich gedacht, daß es um einen neuen Auftrag geht, das war ein Irrtum. Perry Lane wollte mit mir über seine eigenen Probleme reden und sah in mir die letzte Chance.«
»Inwiefern?«
»Es sollte ihm an den Kragen gehen, John.«
»Was hat er verbrochen?«
Bill lachte vor seiner Antwort. »Wenn ich dir das erzähle, wirst du mir kaum glauben, aber ich gebe wirklich nur wieder, was ich von ihm persönlich erfahren habe. Es gab da drei Männer. Don Frazer, Vernon Graves und eben Perry Lane. Die drei kannten sich schon seit ihren Studentenzeiten und haben nie den Kontakt zueinander verloren. Sie waren eine etwas versponnene, aber auch verschworene Gemeinschaft und hatten sich vorgenommen, Karriere zu machen. Sie schafften es auch, nur nicht aus eigener Kraft, jemand half ihnen dabei.«
»Der Teufel?« fragte ich.
»Keine Ahnung.«
»Was sagte den Lane?«
»Er sprach von einem Dämon, der ihm und seinen Freunden die große Karriere versprach, wenn sie ihm persönlich einen Gefallen erweisen würden. Sie sollten ihm ihre Schatten verkaufen.« Ich schluckte Speichel. Jetzt hatte ich den Beweis für meine Annahme. Da wurde die Geschichte eines alten Märchens tatsächlich Wirklichkeit. Mir schien es, als hätten die Menschen damals, die dieses Märchen aufschrieben, ebenfalls über den Dämon Bescheid gewußt, ohne seinen richtigen Namen zu kennen. Deshalb hatten sie ihn in der Geschichte einfach als den Teufel bezeichnet.
»Das haben sie auch getan.«
»Exakt.« Bill trank einen Schluck Wasser. »Keiner hat sich geweigert, sie alle wollten ja Karriere machen, und sie schafften es auch. Die drei Männer verdienten weit mehr als der Durchschnitt. Man kann sagen, daß sie Millionäre oder Multimillionäre geworden sind. Wie dies geschah, und wer ihrem Glück dabei nachgeholfen hatte, damit wollten sie später nichts zu tun haben, daran wollten sie auch nicht erinnert werden, denn auf dem Weg nach oben hatte es zumindest bei einem von ihnen Tote gegeben. Es war nichts nachzuweisen, sie standen unter einem besonderen Schutz, der auch blieb. So vergingen die Jahre.«
»Was passierte dann?« fragte ich. »Der Dämon brachte sich wieder in Erinnerung.«
»Durch was?«
»Indem er ihnen erschien.«
»Warum?«
»Er erinnerte sie an das Versprechen, das sie ihm gegeben hatten. Er wollte ihre Schatten haben.«
Da kam ich nicht mit. »Wieso - die hatte er doch schon.«
»Nein, John, das war nicht der Fall. Er wollte sie sich irgendwann im Laufe ihres Lebens holen, und er hatte sich dabei ausbedungen, daß er den Zeitpunkt bestimmte.«
»Nicht schlecht«, murmelte ich. »Was geschah dann? Wir reagierten die drei Männer?«
»Überhaupt nicht. Sie taten so, als wäre es alles nicht wahr gewesen. Sie wollten nicht mehr daran erinnert werden und hielten es für einen Scherz oder eine Jugendsünde.«
»Das war fatal«, murmelte ich. »Ein gewaltiger Fehler, ein falscher Schritt, den man sich bei einem Dämon nicht erlauben kann.«
»Stimmt.«
»Wie reagierte der Dämon?«
»Er verschwand wieder. Er drohte nicht einmal. Er ließ sogar Zeit vergehen. Als ersten besuchte er dann Don Frazer. Dessen Frau fand ihren Mann im Keller des Hauses. Zusammengekrümmt in einer großen Kiste liegend, völlig bleich, fast weiß. Das versetzte den beiden anderen einen schweren Schock. Sie wollten es trotzdem nicht wahrhaben, so lange nicht, bis auch ihnen Frazer erschien.«
»Als Zombie?«
»Nein, John, als Schatten. Der Dämon holte sich seinen Schatten, und Frazer wurde dadurch getötet. Sie konnten ihn sogar noch als Schatten erkennen, aber es gelang ihnen nicht, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Außerdem wollten sie daran nicht mehr denken. Es vergingen nicht einmal vier Tage, da erwischte es Vernon Graves. Zum Jahreswechsel, in einem Schweizer Skiort. Während des Feuerwerks muß der Dämon ihn besucht haben. Als die Gäste wieder in ihr Hotel zurückgingen, blieb einer auf dem zugefrorenen See liegen. So bleich wie das Eis oder noch bleicher. Ein Toter, der keinen Schatten mehr hatte.«
»Verstehe, Bill. Blieb Perry Lane.«
»Ja, und der bekam eine wahnsinnige Angst. Er wußte nicht, was er tun sollte. An die Polizei konnte er sich nicht wenden, dort
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