0732 - Schattenreiter
er traf, einen Menschen in einer großen Blase auflöste.
Sheila selbst fürchtete sich vor der Waffe, doch in einer Situation, wo es um Leben und Tod ging, würde sie sich nicht scheuen, sie einzusetzen.
Noch brauchte sie das nicht.
Es war still geworden.
Kein Keuchen mehr, keine Schreie zitterten durch das Haus, kein Stöhnen oder dumpfes Trampeln.
Ruhe…
Sie hörte sich atmen und erschrak beinahe vor ihren eigenen Schritten, als sie den Weg in die Küche einschlug. In der offenen Tür blieb sie stehen. Ihr Blick durchwanderte die Küche, die sie nach ihrem Geschmack eingerichtet hatte.
Ein großer Raum, in dem auch gegessen werden konnte. An den Wänden hingen die Töpfe und Pfannen. Auf den Ablageregalen standen die Flaschen mit den Gewürzen, und in manchen Schalen lag das Obst wie eine Dekoration.
Das war alles so normal, es hatte zahlreiche Stürme überstanden, und sie hoffte nicht, daß dies am heutigen Tag alles beendet sein sollte. Als sie daran dachte, kroch ein kalter Schauer über ihr Gesicht und verteilte sich im Nacken sowie auf dem Rücken.
Sie ging zum Kühlschrank. Sheila trank einen Schluck Mineralwasser. Sie wollte den galligen Geschmack der Furcht aus dem Mund spülen, was ihr allerdings nur unzureichend gelang.
Ihr Gesicht spiegelte sich in der Fensterscheibe. Obwohl es nicht sehr deutlich zu sehen war, stellte Sheila fest, daß sie ziemlich schlecht aussah. Die Angst um Bill hatte sie älter werden lassen. Ihre Haut wirkte grau und blaß zugleich. Das blonde Haar hatte sich an einer Seite gelöst, als wollte es nicht mehr von der Klammer gehalten werden. Es hing herab wie ein feuchter Lappen.
Sie stellte das Glas weg, drehte sich wieder um und verließ die Küche.
Auf Zehenspitzen ging sie weiter, schaute auf die Uhr und dachte darüber nach, wann John Sinclair wohl eintreffen würde.
Dazu konnte sie nichts sagen, denn sie hatte auch nicht auf die Uhr geschaut, als sie den Anruf tätigte.
Ihr Weg führte sie wieder in die Nähe des Gästezimmers. Da die Conollys einen Bungalow besaßen, brauchten sie auch keine Treppen zu gehen. Im eigenen Haus bewegte sich die blonde Frau wie eine Schlafwandlerin. Je näher sie ihrem Ziel kam, um so aufgeregter wurde sie.
Noch war nichts zu hören.
Nur ihr Atem zischte, und die Kehle kam ihr vor, als wäre sie zugedrückt worden.
Sie stoppte ihre Schritte vor der Tür zum Gästezimmer. Noch einmal holte sie Luft, dann sank sie in die Knie und versuchte abermals, durch das Schlüsselloch zu schauen.
Es war von der anderen Seite noch immer verhangen, und sie konnte nichts erkennen.
Sheila trat wieder einige Schritte zurück. Sie wollte es nicht, doch das Gefühl war stärker. Sie zitterte wieder, denn diese Ruhe machte sie nervös. Sie war schlimmer als die Schreie und das Toben, vermischt und untermalt durch dumpfe Geräusche, als hätte jemand mit einem Hammer irgendwo gegen geschlagen.
Da hörte sie das Kichern.
Schrill und disharmonisch, als wäre jemand dabei, sich auf diese Art und Weise zu freuen.
Sie blieb wieder stehen.
Etwas kratzte von innen gegen die Tür, das Kichern blieb noch für einen Moment, wobei Sheila die Spannung spürte, die in ihr hochstieg und sie handlungsunfähig machte.
Das Kichern verstummte.
Eine kurze Pause trat ein.
Sheila hörte sich wieder schwer atmen - und hielt den Atem dann an, als sie die Stimme vernahm.
Es war nicht Bills Organ. Das hätte sie auch trotz einer Veränderung herausgehört. Diese Stimme klang so kratzig und dumpf zugleich. Sie drang aus irgendeinem großen Faß, auf dem der Deckel nur zur Hälfte die Öffnung bedeckte. Jedenfalls kam ihr dieser Vergleich in den Sinn.
Es war Perry Lane!
Er sprach irgendwelche Worte, die sie nicht verstand. Für Sheila aber hörten sie sich an wie ein alter Fluch, der einfach ausgesprochen werden mußte.
Sie konnte nicht mehr hinhören, sie preßte die Hände gegen die Ohren, blieb aber stehen. Nach einer Weile ließ sie die Arme wieder sinken.
Die Stimme war verstummt.
Was sollte sie tun? Noch einmal versuchen, an die Vernunft Perry Lanes zu appellieren? Das würde nichts bringen, denn sie wußte, daß sich hinter der Tür nicht mehr der Perry Lane befand, der ihr Haus betreten hatte.
Da lauerte ein anderer, ein Verwandelter. Vielleicht sogar ein Monstrum, denn Sheila wußte sehr genau, daß sich Menschen darin verwandeln konnten.
Da gab es Personen, die bei Vollmond zu Werwölfen oder Vampiren wurden. Sie hatte schon mit Zombies, den
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