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0734 - Dem Wahnsinn nahe

0734 - Dem Wahnsinn nahe

Titel: 0734 - Dem Wahnsinn nahe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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London wahr, sah Lichter schwach in einer Dunstbrühe schimmern und breite Wolkenstreifen über einen nachtdunklen Himmel treiben.
    Kein besonderes Bild, keine Szenerie, wie sie jeder sehen konnte, der aus einer bestimmten Höhe aus dem Fenster schaute. Mir kam sie trotzdem neu vor, wenn ich daran dachte, was ich hinter mich gebracht hatte. Ich war aufgelöst gewesen und wieder zusammengesetzt worden und befand mich nun in meiner Wohnung, wo ich tun und lassen konnte, was ich wollte. Ich brauchte nur zum Telefonhörer zu greifen. Im Theater anzurufen und meinem Freund Suko zu erklären, wo er mich finden konnte.
    Er würde jubeln, die Spannung würde von ihm abfallen, es war einfach wunderbar.
    War es das tatsächlich?
    Ich dachte näher darüber nach und fühlte mich plötzlich nicht mehr so gut und frei. Ich war nicht von allein in meine Wohnung zurückgekehrt, die Atome und Moleküle hatten sich eben hier im Wohnraum wieder zusammengefügt, und zwar von einer fremden, unheimlichen Macht geleitet.
    Diese Tatsache blieb in mir wie eine fürchterliche Drohung zurück. Sie löste bei mir ein inneres Zittern aus, und ich spürte die durch das Fenster dringende Kälte derart stark, daß Schauer über meinen Rücken liefen.
    Hastig schloß ich das Fenster.
    Von einer Sekunde zur anderen war mein Hochgefühl verschwunden. Angst durchfuhr mich. Ich war ein Mensch, ich konnte frei denken, ich konnte mich auch bewegen, aber ich fühlte mich trotzdem nicht frei, sondern wie eine Kreatur, die an einer langen Leine hing, wobei ich nicht wußte, wer diese Leine festhielt.
    Ich war so etwas wie eine Marionette, die man losgelassen hatte, aber jeden Augenblick wieder einsetzen konnte, damit sie nur das tat, was die anderen wollten.
    Wie jemand, der fremd war, ging ich durch meine Wohnung. Dabei war hier alles normal. Ich schaute in den Schlafraum, ich ging auch in die Küche, um etwas zu trinken, dann bewegte ich mich auf das Bad zu und blieb noch vor der Schwelle stehen, die Hand auf die Türklinke gelegt, aber nicht wagend, die Tür ganz zu öffnen, weil ich mich einfach nicht traute, in den Spiegel zu schauen.
    Bisher hatte ich mein Gesicht noch nicht gesehen. Die Erinnerung jedoch war vorhanden.
    Ich stellte mir jemand vor, bei dem sich die Gesichtsmoleküle nicht so zusammengesetzt hatten, wie es eigentlich hätte sein sollen. Vielleicht saß die Nase doch schief, möglicherweise auch die Augen und der Mund, obgleich ich normal sprechen und auch sehen konnte. Es schien sich alles normal verhalten zu haben.
    Alles wunderbar…
    Ich überwand mich selbst und betrat das Bad. Sofort machte ich Licht. Die Helligkeit strahlte mir in die Augen und zwang mich zu einem Zwinkern.
    Ich ging auf den Spiegel zu. Noch mit gesenktem Kopf und auch in der Erwartung, etwas Furchtbares zu sehen.
    Ich blieb erst dann stehen, als die Kante des Waschbeckens meinen Körper berührte.
    Dann hob ich den Kopf an und öffnete die Augen!
    Jemand schaute mich aus dem Spiegel hervor an. Dieser Jemand war ich. Es gab keinen anderen, es gab auch keine Veränderung in meinem Gesicht, ich war völlig normal.
    Jedes einzelne Atom und jedes Molekül saß wieder an dem Platz, wo es auch hingehörte.
    Wunderbar…
    Ich wollte lachen, ich konnte es nicht. Im Spiegel sah ich, wie meine Lippen zuckten, als würden sie zerrissen. Auch den Druck hinter meinen Augen spürte ich. Zudem war ich nervös. Ich tastete mein Gesicht trotzdem ab, um etwas zu sehen, was sich möglicherweise verändert hatte. Es war nichts da.
    Trotz dieses eigentlich beruhigenden Gefühls verfiel ich in eine fieberhafte Hektik. So schnell wie möglich streifte ich meine Kleidung ab, um mich ganz anschauen zu können.
    Mein nacktes Spiegelbild starrte mir entgegen.
    Ich betrachtete mich und entdeckte keine einzige Deformation an meinem Körper.
    Hörbar atmete ich aus. Es war das Gefühl der Erleichterung, das über mich gekommen war. Aber dieses good feeling blieb nur für wenige Augenblicke. Dann dachte ich wieder an das, was man mit mir angestellt hatte.
    Zwar stand ich in meiner Wohnung, auch in meinem Bad, sah mich im Spiegel und hatte trotzdem den Eindruck, als wäre ich nicht ich selbst, sondern ein Zwilling oder ein Doppelgänger von mir.
    Nachdenklich zog ich mich wieder an. In den Spiegel schaute ich dabei nicht. Ich hatte genug gesehen. Jetzt wußte ich, wer ich war und daß meine Atome alle wieder in die Reihe gekommen waren.
    Ich drehte mich vom Spiegel weg. Die Tür zum Bad hatte

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