0734 - Dem Wahnsinn nahe
ich offen gelassen, und ich dachte darüber nach, wie es nun weitergehen konnte. Es lag auf der Hand, daß sich Suko Sorgen machte. Um ihn zu beruhigen, mußte ich im Theater anrufen.
Ich rief mir die Bühne ins Gedächtnis zurück, und mir fiel ein, daß es dort kein Telefon gab. Das befand sich in den hinteren Räumen, zum Beispiel in der Garderobe.
Da sich Suko und Westlake auf der Bühne aufhielten, würden sie das Signal wohl kaum hören. Das wiederum paßte mir überhaupt nicht in den Kram. Ich mußte also auf eine andere Möglichkeit zurückgreifen, um mit Suko in Kontakt zu treten.
Hinfahren.
Nur stand mein Rover nicht in der Garage. Er parkte nahe des Theaters. Und Suko war auch nicht mit seinem BMW gekommen. Er aber parkte in der Tiefgarage.
Da ich für seinen Wagen einen Zweitschlüssel besaß, konnte ich ihn nehmen.
Ein kurzes Lächeln glitt über meine Lippen, wenn ich an das Gesicht dachte, das er ziehen würde, wenn ich plötzlich und unerwartet bei ihm erschien.
Nach einem letzten Rundblick verließ ich meine Wohnung. Der Flur war still und leer. Um diese Zeit bewegte sich kaum ein Mensch durch das Haus. Den Fahrstuhl mußte ich erst noch holen. Aufkommende Zweifel und Ängste drückte ich zurück, denn ich wollte einfach nicht daran denken, was noch passieren könnte.
Es dauerte etwas, bis der Lift es geschafft hatte, das Stockwerk zu erreichen.
Ich stieg ein und drückte den entsprechenden Knopf, der mich in die Tiefgarage brachte.
Die Fahrt dauerte lang.
Ich kam mir eingeklemmt vor. Die Wände der Kabine schienen zu Feinden geworden zu sein, die sich bewegten und sich immer näher an mich herandrückten.
Hörte die Fahrt denn gar nicht auf, verdammt!
Aus meinen Poren drückte sich der Schweiß. Er schimmerte auf den Handrücken, ich spürte ihn im Gesicht, auf meiner Oberlippe und auch im Nacken.
Es gab für mich keinen Grund, aber die Angst wuchs von Sekunde zu Sekunde.
Endlich stoppte der Lift.
Nach einer halben Ewigkeit, wie es mir vorkam. Ich schoß fast hinaus und wäre bald noch über die eigenen Beine gestolpert. In der Tiefgarage konnte ich wieder frei atmen, obwohl die Luft hier unten mehr als mies war. Ein stickiges Gebräu, durchsetzt von widerlichen Abgasen, die mich husten ließen, als sie in meine Kehle drangen.
Der BMW stand nicht weit von der Fahrstuhltür entfernt. Ich konnte ihn mit wenigen Schritten erreichen. Mit seinem schwarzen Metalliclack sah er bullig aus und gleichzeitig schnittig. Es kam darauf an, aus welcher Perspektive ich ihn betrachtete.
Außer mir hielt sich hier unten niemand auf. Die Garage war sehr gut besetzt, was tagsüber nicht der Fall war. Ich blieb neben dem Wagen stehen und fingerte nach dem Ersatzschlüssel. Dabei stellte ich fest, daß meine Hände zitterten, und ich wunderte mich darüber. Es lag wohl an der inneren Angst, die mich schlagartig überfallen hatte. Plötzlich traute ich mir nichts mehr zu.
Warum denn nicht?
Musik…
Fern und unheimlich…
Eine Knochenflöte blies, und diese Töne waren für mich wiederum ein Zeichen.
Grauenhaft und furchtbar, denn sie bewiesen mir, daß die andere, die unbekannte Seite wieder zuschlagen würde. Sie wartete darauf, es tun zu können, sie hatte mich.
Ich wollte weg!
Beim Bücken fiel mir der Schlüssel aus der Hand. Mit einen leisen ›Pling‹ landete er auf dem Boden.
Ich wollte ihn aufheben, bückte mich und mußte mich mit einer Hand am Wagendach abstützten, weil es mir zu schwer fiel. Ich kam nicht richtig runter. Jemand schien flüssiges Metall in meinen Körper gepumpt zu haben.
Das Brausen…
Noch stärker als die Musik.
Etwas zerrte an mir.
Im selben Augenblick verwandelte sich meine Umgebung. Die Fahrzeuge veränderten sich und wurden zu Schatten, die nicht mehr ruhig stehenbleiben konnten und dabei umhertanzten wie von Wind bewegte Wellen.
Die Musik kreischte in meine Ohren.
Sie marterte mich.
Ich stieß mich vom Wagen ab. Dabei drehte ich mich um die eigene Achse, ohne es richtig zu wollen. Die Bewegung glitt weiter, sie verstärkte sich. Ich fiel tief, und ich erlebte meine Auflösung nicht mehr mit. Wo ich vor kurzem noch gestanden hatte, fiel die Luft mit einem leisen Fauchen zusammen.
Dann war ich weg!
***
Es ist verschwunden! Es gibt ihn nicht mehr. Er ist weg! John hatte sich vor meinen Augen aufgelöst!
Durch den Kopf des Inspektors rasten die Gedanken. Er war kaum in der Lage, sie zu ordnen, und er starrte nur die leere Liege an, die diesen
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