0736 - Jäger der Nacht
den Supervampir Will Mallmann alias Dracula II.
Auch er tat nichts umsonst. Wer sich auf seine Seite stellte, hatte ihm zu gehorchen, denn er war es, der die Bedingungen diktierte.
Und er nahm keine Rücksicht. Er sorgte dafür, daß man ihm gehorchte, auch Assunga. Wir hatten eigentlich damit gerechnet, daß er es nicht schaffen würde, doch er hatte uns eines Besseren belehrt.
Assunga war zu seiner Dienerin, zu einer Blutsaugerin geworden, und zwar durch ihn, durch seinen Biß.
»Assunga war nicht stark genug, um ihm zu widerstehen«, flüsterte Suko. »Wir haben uns in ihm getäuscht. Er ist noch schlimmer, als ich dachte.«
»Was hat sie vor?«
Suko gab eine Antwort. Er deutete auf May Feldman. »Sie braucht Blut, sie will den Lebenssaft, denn sie muß existieren.« Er lachte bitter auf. »Wenn ich dabei an ihren Mantel denke und mir vorstelle, daß sie sich unsichtbar machen kann, auch jetzt, wo sie eine Blutsaugerin und eine Hexe ist, kann ich nur sagen, laß uns die warme Kleidung überziehen.«
»Sicher.«
»Was willst du mit ihr machen?«
»Steht das nicht fest?«
»Schon. Nur frage ich mich, welchen Plan Assunga dabei verfolgt und warum sie das alles tut. Was hatte sie mit den Teleportern zu tun, mit Drusow, dieser Bestie, vielleicht auch mit Hugo Westlake? Wo gibt es da die Verbindungen und vor allen Dingen, wenn es sie gibt, wie sehen sie eigentlich aus?«
»Weißt du die Antwort nicht?«
»Nein.«
»Ich auch nicht.«
»Wo ist der Witz?«
»Keiner, Suko, das ist einzig und allein mein Galgenhumor. Mehr bleibt mir da nicht.«
»Gebe ich dir recht.«
Bisher hatte sich die Blutsaugerin nicht gerührt. Das allerdings würde sich ändern. Wir kannten das aus Erfahrung, denn irgendwann würde sie erwachen und einen irrsinnigen Hunger nach Blut verspüren. Der mußte gestillt werden, und da würde ihr das Blut der Menschen genau passen. Sie würde eine andere Person zur Vampirin machen, und die wiederum würde, um ihren Blutdurst zu stillen, sich ebenfalls ein Opfer suchen und das wiederum beißen.
So drehte sich ein Karussell, das irgendwann nicht mehr zu stoppen war. Wenn doch, dann war es immer zu spät, da waren dann zu viele Opfer zurückgeblieben.
So sah ich es, und ich würde um keinen Deut von meiner Meinung abweichen.
»Willst du es jetzt tun?« fragte Suko mich.
Ich überlegte nicht lange. »Ja, es ist besser, wenn sie nicht mitbekommt, was mit ihr geschieht.«
Mir tat die junge Frau leid. Das blonde Haar verteilte sich um ihren Kopf. Einige Strähnen waren ihr bis in die Stirn gefallen und klebten dort fest. Nur die Augen lagen frei und wirkten in den Höhlen wie zwei gläserne Halbkugeln.
Ich kniete mich neben sie.
Meine Hand rutschte dorthin, wo ich den Druck des Kreuzes unter der Kleidung spürte. Ich konnte es nicht so einfach hervorholen, ich mußte erst an der Kette ziehen und diese dann über meinen Kopf streifen. Es geschah mit eingeübten Bewegungen, nichts rührte sich in meinem Gesicht, und es sah so aus wie immer.
Und doch war es anders.
Mich überkam plötzlich das irrwitzige Gefühl, etwas Falsches zu tun. Ich wollte es nicht, mein Gefühl sprach dagegen. Der Verstand aber sagte nur: Tu es!
Suko stand neben mir. Sein Schatten fiel auf mich, wurde von meinem Körper geknickt und legte sich weiter über die Gestalt der regungslosen Blutsaugerin.
Das Kreuz schwang über ihr. Es blitzte im Licht der Deckenleuchte wie ein Hoffnungsträger auf, was es letztendlich auch war.
Das Kreuz strahlte etwas ab. Ich wußte es, obgleich ich es nicht so spürte.
Andere merkten es.
Auch May Feldman!
Bisher hatte nichts darauf hingedeutet, daß sie aus dieser tiefen Vampirtrance erwachen würde, das änderte sich, als das Kreuz in Pendelbewegungen über ihrem Körper schwang.
Zunächst zuckte der rechte Arm, dann die Finger der Hand, im nächsten Augenblick bewegte sie die Augen und gleichzeitig auch den Mund, auf den ich mich konzentrierte.
Er stand offen.
Ich sah ihre Zähne, und ich sah sie!
Zwei nur, zwei winzige Säbel, die aus dem Oberkiefer wuchsen, leicht gekrümmt waren und vorn spitz zuliefen. Sie wirkten irgendwo klobig, aber auch kräftig, denn sie mußten, wenn es nicht anders ging, auch dicke Haut durchbohren können.
Das Kreuz hatte sie geweckt.
Sie keuchte.
Dann fauchte sie und machte dabei den Eindruck, als wollte sie sich im Boden verkriechen, was natürlich nicht möglich war. Sie war nicht Assunga, sie besaß nicht den Mantel, der es schaffte, sie
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