0737 - Kreaturen der Finsternis
gewöhnen.«
»Trotzdem solltest du nicht zu lange hier sitzenbleiben«, sagte Rita. »Geh lieber zum Gasthaus und besorge dir ein Zimmer.«
Er schaute hoch. »Wieso? Das bekomme ich doch immer. Bisher hat es geklappt.«
Rita warf das Tuch in einen kleinen Wassereimer. »Ja, bisher. Aber es sind einige Fremde im Ort, die sich im Park View einquartiert haben.«
»Fremde?« dehnte er.
»Touristen, Wanderer, was weiß ich. Jedenfalls wohnen sie dort. Die genaue Zahl kann ich dir nicht sagen, Jiri, aber sie sind jedenfalls da. Willst du mal anrufen und fragen?«
»Könntest du das nicht für mich erledigen?«
Rita hob die Schultern. »Wie du willst. Und was soll ich sagen, wenn man mich fragt?«
»Reserviere auf meinen Namen ein Zimmer.«
Sie verdrehte die Augen. »Wieso auf einmal?«
»Dich kennt man dort besser.«
»Das stimmt.«
Rita war wirklich eine Seele von Mensch. Es machte ihr nichts aus, zu telefonieren, und als sie zurückkehrte, da sah Jiri bereits ihrem Gesicht an, daß sie Erfolg gehabt hatte.
»Das letzte Zimmer, Jiri, wirklich das letzte. Unter dem Dach, sehr klein…«
»Ich nehme es.«
»Du hast es schon genommen.«
Sie war dicht an seinem Tisch stehengeblieben. Er nahm ihre Hand und streichelte sie. »Habe ich dir schon einmal gesagt, daß du toll bist, Rita?«
Das Mädchen errötete. »Hör doch auf mit so einem Mist.«
»Das ist kein Mist, das sind auch keine falschen Komplimente. Ich finde dich toll, ich mag dich, aber ich habe so einen verdammten Beruf, der mich zwingt, immer unterwegs zu sein.«
»Dann such dir einen anderen.«
Jiri Sabka wiegte den Kopf. »Das sagt sich so einfach. Vielleicht wenn ich älter bin.«
»Ich brauche hier nicht zu bleiben.« Sie hob die Schultern und versuchte, sich gelassen zu geben, doch innerlich war sie aufgeregt. Jiri sah es an ihrem roten Gesicht. »Hier ist es zwar recht nett, auch landschaftlich reizvoll, aber manchmal träume ich davon, mich einfach in die Lüfte zu schwingen und wegzufliegen. Irgendwohin, wo es schöner, wo es toller ist. Wo es andere Menschen gibt und große Städte. Wo man etwas reißen und in Bewegung setzen kann. Das mag ich sehr, wenn du verstehst. Ich will die Welt einmal näher kennenlernen, die ich bisher nur von der Mattscheibe her kannte.«
»Soll ich ehrlich sein, Rita?«
»Ich bitte darum.«
»Da hast du überhaupt nicht viel versäumt. Die Welt ist nur in Prospekten schön. Da wird sie auf Hochglanz getrimmt. Ansonsten wirst du oft enttäuscht sein.«
»Aber einmal schauen…«
»Das wirst du bestimmt.« Er ließ ihre Hand los. »Und mit dem Tanzen am Abend, mal sehen, vielleicht komme ich. Ein Dorffest habe ich noch nicht mitgemacht.«
»Das ist auch nicht so schlimm, wie man immer sagt.«
Jiri gab ihr eine Kuß auf die Wange. »Mal schauen. Erst lege ich mich mal hin.«
»Gut.«
Er ging und lächelte vor sich hin. Sehr schnell wurde sein Gesicht wieder ernst. Nicht wegen der heißen Sonnenstrahlen, die ihn trafen, er dachte vielmehr an sein Schicksal und seine Aufgabe, die ihm für ein normales Privatleben keine Zeit ließ.
Die Kreaturen der Finsternis hatten Vorrang. Er hatte bei seiner Mutter einen Schwur geleistet, und ihn mußte er einhalten, koste es, was es wolle.
Bevor er sich auf den Weg zum Gasthof machte, schaute er im Büro des Supermarktleiters vorbei.
Der Mann winkte ihm zu. »Wunderbar, daß Sie kommen, Jiri.« Er schaute von seinem Rechner auf.
»Ich habe schon alles vorbereitet, Sie brauchen nur zu unterschreiben.«
»Mache ich glatt. Eine Frage hätte ich noch, Mr. Thornball. Kann ich meinen Wagen auf dem Hof stehenlassen? Ich fahre nicht mehr zurück und werde hier übernachten.«
»Das geht in Ordnung.« Der Mann strahlte Jiri an. »Dann können Sie ja heute beim Sommertanz mitmachen.«
»Dazu hat man mich heute schon eingeladen.«
»Und? Werden Sie kommen?«
»Ich überlege es mir noch.«
»Es wird immer toll. Da können Sie Bier trinken bis zum Umfallen. Hinterher können die männlichen Gäste kaum noch auf den Beinen stehen, so voll sind sie.«
»Das ist nichts für mich.«
»Ach, kommen Sie«, sagte Thornball. »Sie sind ein junger Mann. Sie müssen mal einen draufmachen. Sie sind immer viel zu ruhig und zu ernst. In Ihrem Alter habe ich die Puppen tanzen lassen. Sie dagegen sind immer so ernst. Bedrückt Sie etwas? Haben Sie Sorgen? Haben Sie Ärger?«
»Mir geht es gut.«
»Okay, aber wenn Sie kommen, dann werden wir beide uns einen zur Brust nehmen, und
Weitere Kostenlose Bücher