074 - Der Sohn des Zyklopen
dort von einem. winzigen Hausgeist mit Namen Galtxagorri die Rede war.
Dorian verschwieg den Basken seinerseits aber auch einiges. So wußte er, daß der hermetische Kreisel magische Kräfte besaß und man mit ihm die Puppendame beeinflussen konnte, die als Geschenk für den Zyklopenjungen gedacht war.
Dieses hermetische Gefäß, das fünfunddreißig Zentimeter hoch war und zur Hälfte aus einer Halbkugel und zur anderen aus einer Vierkantpyramide bestand, befand sich im Besitz des Zyklopen Torto.
Für Dorian gab es auch keinen Zweifel, daß Torto unterwegs war, um den Kreisel seinem Sohn zu bringen.
Es war ein Spielzeug, das den Zyklopenjungen auf sein dämonisches Leben vorbereiten sollte. Fürwahr, ein teuflisches Spielzeug, denn in ihm war der Animus der Puppendame gefangen - ihre schwarze Seele, das konzentrierte Böse. Und wenn der Zyklopenjunge mit dem Kreisel spielte, würde er das winzige Alraunenwesen beeinflussen können, das Böse in ihr entfesseln und sie unbewußt dazu bringen, ihn ebenfalls in diesem Sinne zu erziehen. Das mußte in weiterer Folge dazu führen, daß sich das Böse des winzigen Weibsteufels gegen Chapman richtete, der womöglich noch gar keine Ahnung hatte, in welchen Teufelskreis er geraten war. Oder er hatte es bereits erfahren - und war längst tot.
Aber daran wollte Dorian nicht denken. Er mußte weiterhin so vorgehen, als bestünde noch die Hoffnung, Chapman zu retten.
Doch der Dämonenkiller befand sich in einer Sackgasse. All seine Erkenntnisse und sein Wissen über die Hintergründe nützten ihm nun nichts, weil ihnen Torto entkommen war. Es half Dorian auch wenig, zu wissen, daß Torto auf dem Weg zu seinem Sohn war, den er nach seinem Ebenbild geformt hatte. Denn das Versteck des Zyklopenjungen war nach wie vor unbekannt. Nicht einmal die Basken kannten es, obwohl sie seit Jahren von der Existenz des kleinen Einauges wußten.
Wenn es Torto gelang, den hermetischen Kreisel seinem Sohn zu übergeben, dann war Chapmans Schicksal endgültig besiegelt.
Dorian schnippte die Zigarettenkippe in hohem Bogen fort. Es war Zufall, daß sie dem Baskenführer genau vor die Füße fiel, der sich gerade von seinen Leuten abwandte und zu Dorian kam.
Der mittelgroße Mann unbestimmbaren Alters, dessen Gesicht unter einem dichten Vollbart fast verschwand und dessen tief in den Höhlen liegenden Augen ständig zornig zu blitzen schienen, zuckte kaum merklich zusammen. Er funkelte Dorian an, als wollte er ihn mit den Blicken durchbohren, ging auf den Zwischenfall aber mit keinem Wort ein.
Dorian hatte ihn schon früher kennengelernt, aber erst heute morgen, als sie zum Kampf gegen Torto aufgebrochen waren, erfuhr er, daß er das eigentliche Oberhaupt der baskischen Dämonenjäger war. Bisher hatte er sich bescheiden im Hintergrund gehalten.
Er nannte sich selbst Eiztari Beltza, was auf baskisch Schwarzer Jäger hieß. Sein wirklicher Name war jedoch Ramon Banzon.
„Warum werfen Sie die Flinte ins Korn, Dorian?" fragte er streng und deutete auf Dorians Gewehr, das noch immer im Schnee lag.
Während Dorian sich danach bückte, sagte er: „Wir haben eine gute Gelegenheit, Torto zu vernichten, stümperhaft vertan, Beltza. Das kann uns noch teuer zu stehen kommen."
„Ich habe euch Engländer eigentlich immer für besonnene Männer gehalten, die durch nichts aus der Ruhe zu bringen sind", erwiderte der Baskenführer. „Vielleicht sind Sie aber die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt. Wie auch immer, es besteht kein Grund, zu resignieren. Torto wird uns nicht entkommen.“
Die Zuversicht des Basken ließ Dorian neue Hoffnung schöpfen.
„Dann haben Sie mit Ihren Leuten einen Schlachtplan entworfen?" erkundigte sich der Dämonenkiller.
„Eines ist wohl klar", sagte der Baske. „Torto hat seine Höhle nur verlassen, weil er zu seinem Kind will. Wir brauchen seinen Spuren im Schnee nur zu folgen. Sie werden uns zu diesem Teufelsbalg führen. Dann können wir beide mit einem Streich vernichten."
„Hm", machte Dorian.
Eiztari Beltza zog zweifellos die richtigen Schlüsse aus dem Verhalten des Zyklopen. Nur schien er sich die Sache etwas zu einfach vorzustellen.
„Was ist?" erkundigte sich der Baske angriffslustig. „Unser Plan scheint Sie nicht gerade zu begeistern. Haben Sie etwa einen besseren?"
„Nein", mußte Dorian zugeben. „Ihr Vorschlag ist besser als gar keiner. Also machen wir uns auf den Weg."
Dorian setzte sich in Bewegung und ließ den Baskenführer
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